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Kathrin Goldammer, Leiterin des Berliner Reiner Lemoine Instituts

© RLI/Stefan Klenke

Berliner Forschunginstitut zur Energiewende: Ingenieurinnen fürs Klima

Am Reiner-Lemoine-Institut in Berlin wird an technischen Lösungen für eine klimafreundliche Zukunft getüftelt. Dabei geben außergewöhnlich viele Ingenieurinnen und Informatikerinnen den Ton an. 

Wenn durch Berlin im Jahr 2030 nur noch elektrische BVG-Busse fahren, wie und wo laden die eigentlich? Hängt man sie im Depot ans Stromnetz, an der Endhaltestelle, irgendwo unterwegs? Für solche Fragen rund um Verkehrswende und erneuerbare Energien werden am Reiner-Lemoine-Institut (RLI) konkrete Lösungen gesucht.

2010 wurde das unabhängige, gemeinnützige Forschungsinstitut in Schöneweide, in unmittelbarer Nachbarschaft zur Hochschule für Technik und Wirtschaft, gegründet, von der gleichnamigen Reiner-Lemoine-Stiftung. Der Berliner Ingenieur Lemoine gründete in den 1990ern große Solarunternehmen, erkrankte dann an Krebs und initiierte vor seinem Tod eine Stiftung – mit dem Ziel, die Energiewende weiter forschend zu begleiten. Seitdem ist das Institut kontinuierlich gewachsen und vor einigen Jahren nach Adlershof, in die Nähe des Campus der Humboldt-Universität, umgezogen.

Heute zählt das Institut 100 Mitarbeitende, darunter auffällig viele Frauen. In den Führungspositionen sind sie sogar knapp in der Mehrheit. Dabei forschen am Institut vor allem Wissenschaftlerinnen aus dem Maschinenbau, der Elektrotechnik, der Informatik – also aus MINT-Fächern, in denen Frauen insgesamt noch deutlich unterrepräsentiert sind.

Wie kommt es, dass man in Adlershof offenbar keine Probleme hat, diverse Teams zusammenzustellen und Frauen zu wissenschaftlichen Karrieren zu ermutigen, während man sich anderswo schwertut? Kathrin Goldammer, die aus der Elektrotechnik kommt, in Physik promoviert hat und zusammen mit der Wirtschaftsingenieurin Christine Kühnel das Institut leitet, lacht, als sie die Frage hört: „Wir strengen uns halt mehr an als andere.“

Und sie findet: Andere Institutionen könnten sich etwas abschauen. „Nach meiner Erfahrung interessieren sich alle Menschen für Technik.“ Viele könnten sich vorstellen, Ingenieurwissenschaften zu studieren und beispielsweise am Klimaschutz und der Energiewende mitzuwirken. „Man darf sie nur auf dem Weg dahin nicht komplett vergraulen.“ Ihre Erinnerungen an die eigene Studienzeit vor 25 Jahren an der Technischen Universität Berlin taugen da eher als Negativbeispiel: „Mir wurde damals gesagt, dass ich nicht willkommen bin und in der Elektrotechnik nichts verloren hätte.“ So sei es heute zwar nicht mehr, aber ganz überwunden sind die alten Denkmuster noch nicht.

Aufmerksam gegenüber Rollenklischees

Wenn am Institut neue Studien zu regenerativer Stromerzeugung oder Forschungsprojekte etwa zu grünem Wasserstoff entwickelt werden, geschieht das oft gemeinsam mit Bundesministerien oder Nicht-Regierungsorganisationen. Bei der Aufgabenverteilung wird darauf geachtet, dass sich traditionelle Geschlechterrollen nicht unmerklich einschleichen und bei einem Projekt am Ende die Männer im Team programmieren und die Frauen die Kommunikation übernehmen.

„Wir kümmern uns aktiv darum, dass es hier keinen Sexismus gibt“, das betreffe nicht nur die Sprache, sagt Goldammer. Außerdem vertraut man auf die Kraft der Repräsentanz: „Bei uns sind Frauen in Führungspositionen nicht die Ausnahme, sondern ganz normaler Teil des Managements.“ Das wirke auf Jüngere ermutigend. 

Die jahrelange Anstrengung um mehr Gleichberechtigung zahlt sich mittlerweile aus, das Institut ist beliebt bei Berliner MINT-Absolventinnen, an Bewerbungen mangelt es jedenfalls nicht. „Und da sind so tolle Leute dabei!“, freut sich Goldammer. Trotzdem schaut die Institutsleiterin mit Sorge in die Zukunft.

Die unsichere Haushaltslage im Bund wirkt sich auch auf die Wissenschaft auf – vor allem, wenn Drittmittel wie am RLI die wichtigste Finanzierungssäule bilden. Dort machen sie 90 Prozent des jährlichen Umsatzes aus, der bei rund 4,5 Millionen Euro liegt. Wie viel werden die Ministerien in den nächsten Jahren sparen müssen, wie sehr wird die Energieforschung betroffen sein? Das wisse sie nicht, sagt Goldammer. Diese Unsicherheit aber schade der Forschung massiv: „Gerade Ingenieurinnen und Informatiker sind dann auch mal schnell weg.“ Gute Jobs fänden sie mit ihren Qualifikationen überall.

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