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Dr. Robot: Das Assistenzsystem MUSA ist teils besser als gute Chirurgen.

© MicroSure

Erste Tests an winzigen Gefäßen von Patienten: Roboter unterstützt Mikro-OPs

Selbst besten Chirurgen zittern die Hände ein wenig – in der "Supermikrochirurgie" an kleinsten Blutgefäßen kann das schon zu viel sein. Jetzt helfen Roboter.

Inwiefern werden in Zukunft Algorithmen über Therapien entscheiden? Und werden Roboter zunehmend Operationen durchführen? Wenn ja, wird all das menschliche Ärzte ersetzen oder nur ergänzen? Diese Fragen stellen sich im Zusammenhang mit der zunehmenden Digitalisierung der Medizin mehr und mehr.

Bislang gelten – zumindest gute – Ärzte diesen Techniken und Anwendungen noch als überlegen. Doch es gibt etwa Bereiche, in die menschliche Operateure ohne massive technische Hilfe kaum mehr vorstoßen können. Dazu gehören Eingriffe an extrem dünnen Gefäßen.

In den Niederlanden wurde jetzt erstmals mit Patienten eine Studie auf diesem inzwischen „Supermikrochirurgie“ genannten Gebiet durchgeführt. Jeweils ein erfahrener Chirurg nahm hier lymphatisch-venöse Anastomosen an Gefäßen von bis zu 0,3 Millimeter Durchmesser vor. Das heißt, er verband per Operation Lymph- und Venengefäße, um den Lymphdurchfluss bei 20 Patientinnen zu verbessern, die infolge von Brustkrebsoperationen Lymphödeme entwickelt hatten.

Mit Roboter teils doppelt so schnell operiert

Zwölf wurden mit den herkömmlich eingesetzten Methoden manuell operiert, acht mithilfe eines Robotersystems. Es unterstützt die Bewegungen des Mikrochirurgen und filtert etwa dessen Zitterbewegungen. Weder den Patienten noch den Ärzten wurde mitgeteilt, welche Methode gerade angewandt wurde. Bei den Ärzten war dies möglich, weil Schnitte und Nähte auch bei den bisher angewandten Methoden über Spezialapparaturen, sogenannte Mikromanipulatoren, vermittelt werden.

Dabei erzielten die Chirurgen mit der „MUSA“ genannten roboterassistierten Methode teilweise vergleichbare Ergebnisse wie mit der herkömmlichen. Die für die Operation einer einzelnen Anastomose benötigte Zeit sank sogar auf etwa die Hälfte, schreiben Tom van Mulken und seine Kollegen von der Uniklinik Maastricht im Fachmagazin „Nature Communications“. In einigen Teilbereichen maßen die Studienärzte allerdings auch noch eine Überlegenheit der herkömmlichen Methode.

„Ein Nachteil dieser Studie ist, dass die Operationen von einem sehr erfahrenen Mikrochirurgen durchgeführt wurden, sodass sich die Ergebnisse derzeit nicht ohne Weiteres auf andere übertragen lassen, die weniger geübt sind“, sagt Raymund Horch, Direktor der Plastisch- und Handchirurgischen Klinik, Universitätsklinikum Erlangen. Tatsächlich wird als einer der möglichen Vorteile sowohl solcher Systeme als auch des Einsatzes von künstlicher Intelligenz (KI) angeführt, dass weniger geschulte Ärzte damit womöglich deutlich bessere Ergebnisse erzielen würden als ohne.

Hans-Günther Machens, Direktor der Klinik und Poliklinik für Plastische Chirurgie und Handchirurgie, Klinikum rechts der Isar in München, glaubt nicht, dass die Technik schon bald in vielen Kliniken eingesetzt werden wird. Vielmehr werde sie vorerst Experten in Spezialzentren vorbehalten bleiben, „die ehrlich und kritisch ihre Erfahrungen in Multicenterstudien publizieren sollten“.

„Zum jetzigen Zeitpunkt keine klinische Relevanz“

Christian Taeger, plastischer Chirurg am Uniklinikum Regensburg, ist sogar noch skeptischer. Die Ergebnisse zeigten, dass die sehr aufwendige Methode keinen Vorteil gegenüber der herkömmlichen Technik habe, wenn diese von Experten angewandt werde. Um solche Vorteile zu erzielen, müssten die Apparaturen mit hohem finanziellen Aufwand durch andere, etwa mikroskopische und KI-Technologien ergänzt werden. „Zum jetzigen Zeitpunkt“, sagte Taeger, „sehe ich daher keine klinische Relevanz für derartige Systeme.“ Gegebenenfalls könnten aber künftige Generationen davon profitieren, was dann auch die hohen Kosten rechtfertigen würde. (mit smc)

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