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Die eher unscheinbare Dickstielige Wasserhyazinthe stammt aus Südamerika und überwuchert heute weltweit Gewässer.

© IMAGO/Pond5 Images/ARTUSH

Invasive Wasserpflanzen: Weltweite wirtschaftliche Schäden in Milliardenhöhe

Zum Teil als Ziergewächse bewusst verbreitet, richten invasive Wasserpflanzen große Schäden an. Forschende listen die zehn kostenintensivsten Gewächse auf.

Sie tragen wohlklingende Namen wie Ludwigia oder Pontederia crassipes. Von Schiffen eingeschleppt oder vom Menschen als Zierpflanzen angepflanzt richten invasive Wasserpflanzen jedoch erheblichen wirtschaftlichen Schaden an: Auf mehr als 32 Milliarden US-Dollar summierten sich zwischen 1975 und 2020 die bekannten Gesamtkosten invasiver Wasserpflanzen für die Weltwirtschaft, berichtet ein Forschungsteam unter Leitung des Berliner Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) und der irischen Queen’s University Belfast.

Anhand von Angaben aus der InvaCost Datenbank berechneten die Forschenden, dass die Kosten für invasive Pflanzen in Süßgewässern mit 65 Prozent wesentlich höher waren als in Brackwasser- oder Meeresökosystemen. Die Pflanzen beeinträchtigen Ökosysteme und verursachen wirtschaftliche Schäden in der Aquakultur, Fischerei oder Energieerzeugung, führen zu Einbußen in Tourismus und Freizeit und erfordern hohe Investitionen zur Bekämpfung und regionalen Ausrottung.

Öffentlicher Sektor und Fischerei am stärksten betroffen

Invasive Wasserpflanzen und semiaquatische Arten, die an Gewässerrändern wachsen, werden beispielsweise durch Schiffe eingeschleppt oder auch absichtlich angepflanzt. Viele von ihnen können sich aufgrund veränderter Umweltbedingungen infolge des Klimawandels in neuen Gebieten etablieren. Sie beeinträchtigen Ökosysteme und fördern homogene Lebensgemeinschaften. Wirtschaftliche Schäden durch oft starkes Wachstum entstehen etwa in der Aquakultur, der Fischerei oder Energieerzeugung, sowie in Tourismus und Freizeit, berichten die Forschenden in der Zeitschrift „Science of the Total Environment“. Gegenmaßnahmen zur regionalen Ausrottung sind sehr kostenaufändig.

„Die Auswirkungen sind vielfältig und oft nicht auf den ersten Blick erkennbar oder vorhersehbar“, sagt Erstautor Rafael Macêdo, Wissenschaftler am IGB und an der brasilianischen Bundesuniversität von São Carlos. Beispielsweise könnten Massenentwicklungen das Risiko von Überschwemmungen erhöhen, indem sie durch ihre große Biomasse die Gewässer verstopfen. Sie können auch zu Wasserknappheit und schweren Dürren beitragen, indem sie die Verdunstung erhöhen, oder den Fortpflanzungserfolg von Schädlingen und Krankheitsüberträgern steigern, indem sie neue Lebensräume schaffen, zum Beispiel für Moskitos.

Die eher unscheinbare Dickstielige Wasserhyazinthe stammt aus Südamerika und überwuchert heute weltweit Gewässer.
Die eher unscheinbare Dickstielige Wasserhyazinthe stammt aus Südamerika und überwuchert heute weltweit Gewässer.

© IMAGO/Pond5 Images/hydrobio

Die Forschenden haben anhand der Datenbank InvaCost die bekannten Kosten nach Sektoren aufgeschlüsselt. Die Datenbank ist die bislang umfassendste Zusammenstellung monetärer Auswirkungen invasiver Arten. Sie beruht auf standardisierten Literaturrecherchen über die Web of Science-Plattform, Google Scholar und die Google-Suchmaschine.

Am stärksten betroffen waren demnach die öffentliche und soziale Wohlfahrt (8,9 Mrd. US-Dollar) und die Fischerei (7,6 Mrd. US-Dollar), gefolgt von Behörden, die in das Management invasiver Wasserpflanzen investieren (2,0 Mrd. US-Dollar). In der Landwirtschaft (24 Mio. US-Dollar) und im Gesundheitssektor (25,5 Tsd. US-Dollar) wurden die geringsten monetären Auswirkungen verzeichnet.

Top Ten der kostenintensivsten Arten

  1. Die Dickstielige Wasserhyazinthe Pontederia crassipes wird weltweit als Teichpflanze eingesetzt und kann Binnengewässer in wenigen Wochen überwuchern. Der entstehende Lichtmangel kann andere Wasserpflanzen und Fische sterben lassen.
  2. Die Grundnessel Hydrilla verticillata kann sich ebenfalls massiv ausbreiten und in den oberen 50 Zentimetern des Wassers das Sonnenlicht für andere Lebewesen blockieren. Sie kann auch potenziell giftige Cyanobakterien beherbergen.
  3. Sich ausbreitende Bestände des Blutweiderichs Lythrum salicaria können die Fließgeschwindigkeit von Flüssen und Kanälen beeinträchtigen.
  4. Das Salzschilfgras Sporobolus cynosuroides verdrängt andere Arten mit nachteiligen Folgen für Bodenlebewesen und Mikrofauna und vor allem Salzwiesen, wo es das Wachstum anderer Pflanzen behindert und das Ökosystem verändert, da durch den dichten Wuchs der Abfluss des Wassers behindert wird.
  5. Das Alligatorkraut Alternanthera philoxeroides verdrängt heimische Arten und bedroht die Biodiversität.
  6. Die Grünalgenart Caulerpa taxifolia überwuchert im Meer heimische Seegraswiesen und vernichtet dadurch die Lebensgrundlage für viele Lebewesen. Außerdem ist sie giftig.
  7. Das Englische Schlickgras Sporobolus alterniflorus beeinträchtigt Ökosysteme in ähnlicher Weise wie das Salzschilfgras (siehe 4.)
  8. Der Große Wassernabel Hydrocotyle ranunculoides verdrängt einheimische Wasserpflanzen und bildet dichte Bestände am Gewässerrand in stehenden bis langsam fließenden Gewässern, unter denen es zu Sauerstoffmangel kommen kann. Nachteilige Auswirkungen auf Fischerei, Schifffahrt, Tourismus und Wasserwirtschaft sind dokumentiert.
  9. Die Kanadische Wasserpest Elodea canadensis breitet sich massiv aus und kann so die einheimische Vegetation bedrohen und die Bewirtschaftung und Nutzung der Gewässer beeinträchtigen. 
  10. Der Große Algenfarn Azolla filiculoides kann durch die entstehenden Massenbestände die Freizeitnutzung von Gewässern einschränken. Zudem wird durch Veränderungen in der Chemie die Nutzung der Gewässer als Trinkwasserspeicher gefährdet.

Kosten werden weiter steigen

Modellrechnungen der Forschenden zeigen, dass die jährlichen Kosten invasiver Wasserpflanzen auf das Tausend- bis Zehntausendfache der Werte von 1975 angestiegen sind. „Es ist jedoch wichtig, darauf hinzuweisen, dass unsere Modelle in einigen Fällen in den letzten Jahren einen Plateau-Trend zeigen“, sagt Camille Musseau, IGB-Forscherin und Co-Autorin. Das sei aber wahrscheinlich darauf zurückzuführen, dass seit 2017 nicht genügend Daten zur Verfügung. „Die Kosten könnten daher in Zukunft noch höher ausfallen, wenn man die Zeitverzögerung bei der Kostenberichterstattung und die globalen Handels- und Transportnetzwerke berücksichtigt, die alle zu einem hohen Ausbreitungsdruck für neue Arten führen“, sagt Musseau.

Bei mindestens 26 Arten, die Probleme verursachen, sei das Ausmaß der Kosten noch unbekannt. Für die Entwicklung von Gegenmaßnahmen sei ein Problem, dass bei vielen Kostenangaben die verursachenden Arten nicht genau benannt sind, sagt Macêdo, „vor allem in Ländern, in denen die Ressourcen dafür begrenzt sind“.

Die Managementoptionen können grob in physikalische, chemische, biologische und integrierte Methoden unterteilt werden. Bei der physikalischen Entfernung entstehen oft kleine Ausläufer, die sich weiter ausbreiten und regenerieren. Trockenlegungen haben Auswirkungen auf andere heimische Arten und viele Wasserpflanzen überleben sie auch über lange Zeiträume.

„Eine Bewertung der Kosteneffizienz vom Maßnahmen ist nur möglich, wenn man die Kosten kennt, welche durch die invasive Pflanze entstehen. Dies gilt insbesondere dann, wenn sie den umstrittenen Einsatz von Pestiziden in Gewässern umfassen, die Auswirkungen auf die einheimische aquatische Flora und Fauna haben können oder die menschliche Gesundheit beeinträchtigen“, sagt Camille Musseau.

Eine integrierte Bekämpfung, bei der verschiedene Methoden kombiniert werden, könne wirksamer sein als eine einzelne Methode, da sie invasive Arten aus mehreren Blickwinkeln angeht und die Bewirtschaftungskosten senkt.

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