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Jan-Martin Wiarda

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„Wiarda will’s wissen“: Die Ursache des Lehrermangels liegt in den Unis

Fast die Hälfte der Lehramtsstudenten geht in der Ausbildung an den Universitäten verloren, zeigt eine Studie. Gelänge es Politik und Unis nur, den Schwund zu halbieren, wäre die Debatte um den Lehrermangel erledigt.

Eine Kolumne von Jan-Martin Wiarda

Die Ahnungslosigkeit vieler Universitäten ist atemberaubend. Inmitten des größten Lehrermangels seit Jahrzehnten können sie nicht sagen, wie viele ihrer Lehramt-Studienanfänger bis zum Abschluss kommen – geschweige denn, warum sie zu welchem Zeitpunkt entscheiden, doch nicht Lehrer zu werden.

Der Stifterverband spricht von einer „großen Forschungs- und Datenlücke“, die es zu füllen gelte, „denn nur auf Basis belastbarer Befunde können bildungspolitische Maßnahmen ergriffen werden, die letztendlich einen Bildungsnotstand verhindern.“

Vielleicht wollen viele Verantwortliche in Hochschulen und Politik es auch gar nicht so genau wissen, denn die wenigen bekannten Zahlen sind erschreckend. In so seltener wie beispielhafter Transparenz haben Bildungsforscher der Universität Rostock im Auftrag der Landesregierung ermittelt, dass je nach Schulform, Schulfach und Uni zwischen 20 und 83 Prozent der Lehramtsstudierenden in Mecklenburg-Vorpommern zwischendrin verloren gingen – besonders groß sei die Schwundquote ausgerechnet in den MINT-Fächern.

Der Stifterverband zeigt nun mit seinem erstmals recherchierten „Lehrkräftetrichter“, dass die Rostocker Zahlen im Trend liegen dürften. Von jährlich 52.500 Studienanfängern bundesweit erreichen 29.400 das Referendariat – das dann immerhin die meisten durchhalten. Am Ende des Trichters kommen maximal 28.300 fertige Lehrer raus – der Rest, rund 46 Prozent, geht andere Wege.

Natürlich sind das nur ungefähre, ja behelfsmäßige Berechnungen, aber sie zeigen: Wer das Problem Lehrermangel lösen möchte, muss vor allem das Problem Lehramtsstudium lösen. Durch eine bessere Betreuung der Studierenden, eine andere Studienorganisation und womöglich – was angesichts der Personalnot erstmal absurd klingen mag – durch passende Eignungsfeststellungsverfahren.

Man stelle sich vor, mit solchen Mitteln ließe sich die Schwundquote halbieren. 12.000 zusätzliche Lehrer pro Jahr wären die Folge. Und der Lehrermangel rechnerisch erledigt.

Was praktisch natürlich nicht so ist, denn der Mangel ist ja jetzt da – und die Schulen müssen jetzt umgehen mit dem, was sich in der Lehrerbildung über Jahrzehnte an Versäumnissen aufgebaut hat. Also: Ja, es braucht mehr Studienplätze für Lehrer. Vor allem aber braucht es bessere Studienplätze für Lehrer.

Auch die Kultusminister wissen das. Es ist ihnen oft genug gesagt worden, etwa von ihrer Ständigen Wissenschaftlichen Kommission (SWK). Und ebenso, dass zu der anderen Studienorganisation neue Zugänge erst im Master, Ein-Fach-Lehramtsabschlüsse und eine andere Verschränkung von Theorie und Schulpraxis gehören sollten. Was nebenbei dazu führen würde, dass die Ausbildung von Quereinsteigern regulärer – und von der Qualität her gedachter – Teil der Lehrerbildung würde.

Tatsächlich beschwören die Minister nach Jahren des Zögerns inzwischen ihre Reformbereitschaft – spätestens nach dem umfangreichen Gutachten, das die SWK Ende des Jahres vorlegen will. Doch der Lehrkräftetrichter des Stifterverbandes macht deutlich wie nie: Die wichtigste Reform wären verlässliche und transparente Daten. In allen Bundesländern.

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