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Wegner und Oelrich ließen sich von Projektleiter Frank Zägel die Funktion der neuen Produktionsanlage erläutern.

© picture alliance/dpa/Bernd von Jutrczenka

Bayer investiert 130 Millionen Euro in Berlin: Neue Produktionsanlage für flüssige Arzneimittel

Zur Einweihungsfeier kam der Regierende Kai Wegner (CDU) in die Pharmazentrale. Wegen Klagen und einer gestoppten Studie steht der Konzern derzeit unter Druck.

In seiner Pharmazentrale in Berlin-Wedding produziert eine 130 Millionen Euro teure Produktionsanlage bald weitgehend autonom neue Medikamente für den Bayer-Konzern. Nur rund zehn Mitarbeiter:innen müssen die Gerätschaften bedienen, damit die Anlage vollautomatisiert flüssige Arzneimittel wie Injektions- und Infusionslösungen herstellen kann.

Zur Einweihungsfeier am Donnerstag hat das Pharmaunternehmen Kai Wegner (CDU), den Regierenden Bürgermeister von Berlin, eingeladen. „Diese Investition unterstreicht nicht nur die Standorttreue, sie stärkt unsere Stadt als ausgewiesene Gesundheitsmetropole“, sagte er.

So sieht ein Teil der neuen Produktionsanlage von innen aus.
So sieht ein Teil der neuen Produktionsanlage von innen aus.

© DAVIDS/Michael Ukas/DAVIDS/Michael Ukas

Die auf mehreren Stockwerken verteilte Produktionsanlage stellt parenterale Produkte her. Parenteral bezeichnet die Gabe von Arzneimitteln durch Injektion oder Infusion in den Blutkreislauf. Ein Vorteil der Anlage ist, dass sie sowohl Medikamente zusammenmischen kann, die sich noch im Zulassungsverfahren befinden, als auch bereits marktreife Arzneien produzieren kann. Forschung und Produktion sind im Normalfall getrennt. Die Anlage in der Hauptstadt ist die dritte ihrer Art weltweit. Bayer kündigte an, den Standort in Berlin langfristig zu einem globalen „Center of Excellence für Parenteralia“ entwickeln zu wollen.

Deutschland bleibt ein wichtiger Produktionsstandort.

Stefan Oelrich, Leiter des Pharmageschäfts von Bayer.

Stefan Oelrich, Chef der Pharma-Sparte des Unternehmens, führte Wegner zum Millionenprojekt, an dem Bayer und der italienische Hersteller IMA vier Jahre lang gebaut haben. Hinter Glasscheiben waren in blaue Schutzanzüge gehüllte Mitarbeiter:innen zu sehen, die Glasampullen durch den Raum trugen. Chromfarbige Roboterarme schoben Proben von links nach rechts. Hier wird unter anderem eine neue Variante des Augenmedikaments Eylea produziert. Bayer plant, die Anlage in Zukunft rund um die Uhr laufen zu lassen.

Stefan Oelrich, Leiter der Division Pharmaceuticals.
Stefan Oelrich, Leiter der Division Pharmaceuticals.

© Bayer AG

„Bayer investiert hier in Forschung und Produktion in Deutschland, um das zukünftige Geschäft des Unternehmens zu sichern“, sagte Oelrich. „Deutschland bleibt ein wichtiger Produktionsstandort.“

Der Gesamtkonzern strauchelt

Bayer steuert von Berlin aus sein weltweites Pharmageschäft. Im Wedding arbeiten mehr als 5000 Mitarbeiter:innen, der Konzern zählt zu den größten Arbeitgebern der Stadt. Rund 1500 Menschen sind in der Forschung tätig, noch einmal so viele in der Produktion, der Rest arbeitet in der Verwaltung und im Marketing.

2022 erwirtschaftete die Bayer AG einen Rekordumsatz von 50,7 Milliarden Euro. Doch der Konzern steht derzeit unter Druck. Ein US-Gericht hatte die Agrarsparte, zu der auch die umstrittene Pflanzenschutzmittel-Firma Monsanto gehört, am vergangenen Freitag zu einer Strafzahlung von rund 1,5 Milliarden US-Dollar verurteilt. Kläger:innen werfen dem Konzern vor, dass der Unkrautvernichter Roundup für ihre Krebserkrankung verantwortlich ist.

Auch die Pharma-Sparte musste zuletzt einen Rückschlag hinnehmen. Am Wochenende teilte Bayer mit, eine fortgeschrittene Zulassungsstudie mit einem Medikament vorläufig gestoppt zu haben. Das Mittel Asundexian, das für bei Patient:innen mit Vorhofflimmern und Schlaganfallrisiko eingesetzt werden sollte und als möglicher Umsatztreiber gehandelt wurde, ist laut dem Konzern weniger wirksam als erwartet.

Eine Marktzulassung lohnt sich für ein Pharmaunternehmen nur, wenn ein Arzneistoff einen erheblichen Zusatznutzen gegenüber der Vergleichstherapie erfüllt. Ursprünglich wollte Bayer mit Asundexian einen Spitzenerlös von mehr als fünf Milliarden Euro pro Jahr erwirtschaften, das Medikament galt als Nachfolger des erfolgreichen Blutgerinnungshemmers Xarelto.

Abermals Rufe nach Aufspaltung

Nachdem der Börsenkurs der Bayer-Aktie daraufhin eingebrochen war, drängten Investor:innen erneut auf die Aufspaltung des Konzerns. Sie fordern, dass Bayer sich von der kleinen, aber wachstumsstarken Sparte für rezeptfreie Produkte, der Division Consumer Health, trennen solle.

Pharma-Chef Oelrich wollte sich zu Fragen über eine mögliche Aufspaltung am Donnerstag nicht äußern. Anfang des Jahres sagte er in einem Interview mit dem Tagesspiegel noch: „Solange wir als Gesamtunternehmen die besten Eigner für die einzelnen Sparten sind, ergibt eine Aufspaltung keinen Sinn.“ Er beklagte in dem Gespräch außerdem die schwierigen Standortbedingungen in Deutschland, darunter die überbordende Bürokratie und den fehlenden Zugang zu Forschungsdaten.

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