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Rapper Bushido in einer Szene der Serie «Unzensiert – Bushidos Wahrheit».

© picture alliance/dpa/Amazon Prime Video / picture alliance/dpa/Amazon Prime Video

Berlin Gossip : Zeiten in Dubai ändern dich

Halb „RTL-Exklusiv“ und Beyoncé wurden für die Eröffnung eines Hotels in Dubai eingeflogen. Daran stört sich, im Gegensatz zu vor zwei Jahren noch, kaum mehr jemand.

Vor gut zwei Wochen flog ungefähr jeder Influencer, der nicht niet und nagelfest in einem Nachhaltigkeitsdeal gefangen ist, nach Dubai, um der Eröffnungsparty des „Altantis The Royal“ Hotels beizuwohnen. Schamlos, könnte der popkulturell Gebildete denken. Gab es da nicht mal einen Jan Böhmermann-Clip, der Influencer für ihre Reisen ins Emirat hart ins Gericht nahm? Vergeben und vergessen, immerhin waren auch internationale Promis da: Sängerin Beyoncé sang für 24 Millionen Dollar und Schauspielerin Rebel Wilson zeigte sich verliebt mit Partnerin. Da wird es dem gemeinen deutschen Selbstinszenierer doch zustehen, sich seinen Teil des rosaroten Kuchens zu gönnen.

Im „Berlin Gossip“ ist aber bekanntlich kein Platz für Skandale, die im nächsten Moment zur Normalität verkommen, deshalb erinnern wir nochmal: Im Februar 2021 sorgte ein Beitrag der Sendung „ZDF Magazin Royal“ für Aufsehen, indem Jan Böhmermann in gewohnt humoriger Manier aufschlüsselte, dass Influencer wie Sami Slimani, Sarah Harrison oder Georgina Fleur Deutschland den Rücken kehrten, um sich, befreit von Gewerbe- und Einkommenssteuer, mit hierzulande influenctem Geld in Dubai die Sonne auf den Sixpack scheinen zu lassen. Einziges Manko: Dubai vergibt sogenannte „Influencer-Lizenzen“, mit denen sich der glückliche Empfänger verpflichtet, nur positiv über das Emirat zu berichten.

Die benannten Personen leben immer noch dort und waren zum Großteil auch Teil der exklusiven Hotel-Eröffnungsparty-Gästeliste. Hinzu kamen viele nach wie vor in Deutschland Lebende, darunter auch Fernsehbekanntheiten wie die RTL-Moderatorin Nazan Eckes oder Tausendsassa Mandy Capristo. Und der deutsche Boulevard war begeistert: „Leonie Hanne trägt passend zur Wüste ein sandfarbenes Kleid“, „Sylvie Meis freut sich wie jeder normale Mensch auf Beyoncé“ und „Verona Pooth leistet sich einen Fauxpas: Popo-Blitzer in Dubai“, so oder so ähnlich lauteten die Titel, von Kritik keine Spur.

Wie sieht es mit den Menschenrechten aus?

Dieses Spiel ist unter unserer Würde. Wir wollen wirkliche News oder zumindest richtigen Gossip. Allein, die Antwortbereitschaft zu Fragen rund um Golfstaat-Aufenthalte geht gegen null. Die meisten Anfragen wurden von den reisenden Promis ignoriert, das Management einer sonst recht auskunftsfreudigen Berlinerin sagt: „Mandy Bork steht für Interviews nicht zur Verfügung“. Dabei wollen wir doch nur wissen, wie es sein kann, dass Konzert-Videos (von Beyoncé) im Internet kursieren, obwohl ein striktes Handyerbot galt? Also bitte, sogar Berliner Clubs schaffen es, solche Regeln durchzusetzen.

Und dann doch eine Antwort, Ex-Berlinerin, jetzt Dubaiotin Fiona Erdmann, will Fragen schriftlich beantworten. Dummerweise konnten wir es uns dann doch nicht verkneifen, auch zu fragen, ob da nicht ein Fünkchen schlechtes Gewissen ist? Immerhin war die Eröffnungsfeier auch Werbung für ein Land, das Menschenrechten mit Füßen tritt? Die Antwort – Schweigen. Bereits der sich in Dubai im Exil befindliche Bushido hat gewusst: „Zeiten ändern sich, dich und deine Sicht“. Sicherlich, bei Influencern überrascht fehlende Selbstreflexion kaum, aber ein bisschen Kritik wäre wünschenswert gewesen.

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