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Zukunftsmodell? So präsentierten sich die Parteichefs der Koalition Anfang März, jetzt bekräftigten die Fraktionen den Kurs.

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Berliner Regierungskoalition: Rot-Rot-Grün sieht sich als alternativlos

Auch wenn sich die Berliner Koalitionspartner misstrauen: 2021 soll es weitergehen, finden die Fraktionsspitzen - auch im Bund.

Gönnen können, auf Augenhöhe regieren, im Miteinander erkennbar bleiben – es waren hehre Ziele, denen sich die Partner von SPD, Linken und Grünen im Jahr 2016 verschrieben haben. Das erste Dreierbündnis der Stadt überhaupt, wie sie heute betonen - klar, dass es da auch mal ruckeln kann.

Weil es aktuell gleich an mehreren Stellen klemmt - genannt seien nur die Baustellen Innen-, Bildungs- und Mietenpolitik, trafen sich die Fraktionsspitzen der drei Parteien am Freitagabend zur Spitzenrunde. Anlass war die Fraktionsklausur der Linken in Rheinsberg. Dort hatte es in der Generaldebatte bereits intensive Kritik am fehlenden Miteinander in der Koalition gegeben.

Streit über die Instrumente

Am Freitagabend dominierte das Gemeinsame. Vieles sei erreicht worden, allein die Vermarktung der eigenen Erfolge müsse besser werden, waren sich die Fraktionsspitzen einig. Doch es gab auch Kritik. Zu häufig fehle „die gemeinsame Linie“, erklärte Linken-Fraktionschefin Carola Bluhm.

Ihr Fraktions- und Amtskollege Udo Wolf kritisierte: „Im Subtext läuft immer die Frage: Wer gewinnt am Ende.“ Er mahnte die Koalitionspartner dazu, Indiskretionen wie das Durchstechen von Informationen aus vertraulichen Runden zu beenden, weil es sonst keinen „vertraulichen Raum innerhalb der Koalition“ mehr gebe. „Die gemeinsame Agenda nach vorne stellen, darin sind wir zu schlecht“, sagte Wolf.

Die beiden Grünen-Spitzenfrauen Antje Kapek und Silke Gebel, mit dem Abschluss der Koalitionsvereinbarung von 2016 erstmals in Regierungsbeteiligung geraten, schlossen sich an. „Opposition gibt es in dieser Stadt eigentlich nicht, selbst das kann Rot-Rot-Grün besser“, erklärte Kapek und traf damit nicht nur die tatsächlichen Oppositionsfraktionen CDU, FDP und AfD.

„Gönnen können fällt in einer Dreiecksbeziehung schwerer“, meinte Kapek weiter und monierte: „Spielchen sind immer schwierig“. Gebel stellte fest „Streit gehört zu wehrhafter Demokratie dazu“ und begrüßte in diesem Zusammenhang die Debatte über Enteignungen großer Immobilienkonzerne wie der Deutsche Wohnen. Dadurch sei ein Debattenraum eröffnet worden, der bis dahin nicht absehbar gewesen sei, sagte Gebel. „Wir müssen diese Stadt aus der Mietenkrise holen und sind im Ziel vereint, streiten aber um die Instrumente.“

Saleh: Streit schadet nicht

Raed Saleh, alleiniger Fraktionschef der SPD, was sich schon am kommenden Dienstag bei der Neuwahl des Fraktionsvorstands ändern könnte, musste sich Kritik gefallen lassen. Daran, dass die SPD das Thema Verbeamtung von Lehrern diskutiert, obwohl die Wiedereinführung im Koalitionsvertrag nicht vorgesehen ist. Oder daran, dass die Reform des Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetzes (ASOG) nicht vorankommt, weil die Sozialdemokraten immer neue Maßnahmen hineinverhandeln will, was Linke und Grüne ablehnen.

„Wir waren beim ASOG schon weiter“, sagte Saleh, wohlwissend, dass einer der schärfsten Kritiker des Verhandlungskurses seiner Partei, Linken-Innenpolitiker Niklas Schrader, aufmerksam zuhörte. Mit Blick auf die innenpolitischen Streithemen sagte Saleh: „Streit schadet nicht, solange er fair und intern ausgetragen wird. Er sorgt für Reibung, die am Ende positiv ist für die Koalition.“ Versöhnlich fügte er hinzu: „Es lohnt sich zu Ringen, weil wir am Ende doch unterschiedliche Parteien sind.“

Daran, dass sie dieses gemeinsame Ringen über die 2021 auslaufende Legislaturperiode hinaus fortsetzen wollen, ließen alle auf dem Podium versammelten keinen Zweifel. „Fünf Jahre sind nicht genug. Wir müssen mehr Zeit gewinnen und mit Blick auf 2021 zusammenbleiben, um darüber hinaus Politik gestalten zu können“, erklärte Silke Gebel.

Mit Blick auf die voraussichtlich im selben Jahr stattfindende Bundestagswahl fügte sie hinzu: „Wir haben steigende Umfragewerte für unsere Koalition und brauchen auch im Bund eine Veränderung. Rot-Rot-Grün in Berlin muss Strahlkraft für den Bund haben.“ Carola Bluhm ergänzte: „Alle sind sich einig über die Alternativlosigkeit der eigenen Koalition.“

CDU: Koalition hat keinen Plan

Ein Satz, den Burkard Dregger, Fraktionschef der CDU im Abgeordnetenhaus, so nicht stehen lassen will. In Reaktion auf die Runde der Fraktionsspitzen erklärte er: „Rot-Rot-Grün hat keinen Plan, verzettelt und klammert sich aneinander.“ Er kritisierte Versäumnisse beim Wohnungsbau, in der Verkehrs- und Bildungspolitik sowie bei der Ausstattung der Sicherheitskräfte. „Die Berliner haben das Vertrauen verloren“, so Dregger.

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