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Auf Platz eins der Landesliste. Renate Künast führt die Berliner Grünen in den Wahlkampf.

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Berliner Wahlkampf: Zwei Generationen Grün

Die Berliner Grünen haben ihre Kandidaten der Landesliste für die Bundestagswahl benannt. Wir stellen die interessantesten Neulinge vor – und zwei alte Bekannte.

Zum vierten Mal in Folge wird Renate Künast die Berliner Grünen in den Bundestagswahlkampf führen. So haben es die Landesmitgliederversammlung und die Delegiertenkonferenz am Wochenende beschlossen. Es ist ein Signal der Kontinuität. Die Landesliste setzt aber auch andere Zeichen: Özcan Mutlu wechselt von der Landes- in die Bundespolitik. Der scheidende Bundestagsabgeordnete Wolfgang Wieland und die auf Platz fünf kandidierende Paula Riester stehen für einen Generationenwechsel in der Partei. Vier Porträts.

Renate Künast ist wieder zurück – in Berlin. Selbstverständlich war das nicht, die Parteibasis nahm ihr den verpatzten Wahlkampf bei der Abgeordnetenhauswahl 2011 und die dann verpasste Regierungsbeteiligung übel. Zumal Künast auch Selbstkritik vermissen ließ. Aber so leicht gibt sie nicht auf und kämpft um ihre politische Zukunft in der Stadt. Das bedeutet, verloren gegangenes Vertrauen zurückzuerobern. Und zwar direkt bei der Basis. Sie tingelt durch die Kreisverbände, das kommt an.

Dass sie bei der Kür der bundesweiten Spitzenkandidatin hinter Katrin Göring-Eckardt zurückstehen muss, hakt sie schnell ab: Künast kennt die komplizierten Proporzregeln innerhalb der Partei. Im Landesverband macht ihr dann keiner mehr den Anspruch auf den ersten Listenplatz streitig, sie tritt ohne Gegenkandidatin an. Dass sie beim Votum der Mitgliedervollversammlung lediglich 73,9 Prozent erreicht, wird sie als kleinen Schönheitsfehler hingenommen haben. Den machen allerdings die Delegierten wett, die Künast letztlich mit 91 Prozent bestätigen.

Özcan Mutlu wechselt von der Landes- in die Bundespolitik.
Özcan Mutlu wechselt von der Landes- in die Bundespolitik.

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Özcan Mutlu ist auf Landesebene einer der bekanntesten Fachpolitiker. Nicht nur in seiner Partei. In der Bildungspolitik ist er im Abgeordnetenhaus inzwischen der profilierteste Experte. Vor allem die Chancengleichheit von Kindern mit Migrationshintergrund liegt ihm am Herzen. „Bei mir ist Aufstieg durch Bildung gelungen. Das muss für jeden gelten können“, sagte er am Samstag. Schon lange ist klar, dass ihm das nicht ausreicht und Mutlu bundespolitische Ambitionen hat. Einen ersten Anlauf startete der 45-Jährige bereits vor vier Jahren, als er auf Listenplatz vier nur knapp den Einzug in den Bundestag verpasste. Aber innerparteilich ist Mutlu nicht unumstritten. Das zeigte sich bei der Kandidatur für das Direktmandat in Mitte, wo er kämpfen musste. Auch am Samstag konnte er sich für die Landesliste erst im dritten Wahlgang durchsetzen und erzielte ein relativ schwaches Ergebnis. Aber mit dem zweiten Listenplatz gilt der Einzug in den Bundestag als sicher.

Wolfgang Wieland tritt nicht wieder an.
Wolfgang Wieland tritt nicht wieder an.

© Mike Wolff

Wolfgang Wieland geht freiwillig, nicht gezwungenermaßen. Der Realpolitiker Wieland, der sich nie in Flügelkämpfen verlor, ist für die Berliner Grünen eine graue Eminenz, seit Jahrzehnten eine feste Größe. Er gehört zu den Mitbegründern der Partei in Berlin, hat jahrelang die Landespolitik geprägt, bevor er 2005 in den Bundestag wechselte. Wieland ist ein brillanter Rhetoriker. Unvergessen sind Rededuelle aus den neunziger Jahren zwischen ihm und dem seinerzeitigen CDU- Fraktionschef Klaus Landowsky. Seinen Lieblingsjob fand der Jurist, als er nach dem Sturz von Eberhard Diepgen 2001 für ein halbes Jahr Justizsenator war. „Wir hätten dich da gerne länger gesehen“, sagte Sibyll Klotz, die in den 90er Jahren seine Ko-Fraktionsvorsitzende war, bei einer Würdigung am Sonnabend. Klaus Wowereit (SPD) bevorzugte nach den Wahlen jedoch eine rot-rote Koalition. Aber auch im Bundestag findet Wieland schnell seine Position, zuletzt als Obmann im NSU-Untersuchungsausschuss. Wieland, der im März 65 Jahre alt wird, klebt nicht an Posten oder Mandaten, schon frühzeitig hat er seinen Rückzug aus der Bundespolitik angekündigt.

Paula Riester gilt als Nachwuchstalent bei den Grünen.
Paula Riester gilt als Nachwuchstalent bei den Grünen.

© Promo

Auf Platz fünf ist jetzt ein in der Öffentlichkeit bisher nicht bekanntes Gesicht zu sehen. Aber bei den Grünen sind sich viele sicher, dass man sich den Namen Paula Riester aus dem starken Kreisverband Friedrichshain-Kreuzberg merken sollte. Die 28-Jährige, zurzeit Fraktionsvorsitzende in der Bezirksverordnetenversammlung, gilt als Nachwuchstalent. Bei der Kandidatur kann sich die Juristin, die Flüchtlingspolitik und Menschenrechte zu ihren Themen macht, im ersten Wahlgang durchsetzen.

Die Nominierung ist zwar noch nicht das sichere Ticket in den Bundestag, nur bei einem sehr guten Ergebnis von über 22 Prozent wäre der Einzug ins Parlament möglich. Aber es ist auf jeden Fall ein Ticket für die Zukunft.

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