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Ein Kind alleine großzuziehen, bedeutet oft Stress und in vielen Fällen Krankheit.

© Arsenii - stock.adobe

Berlin beschließt Gesundheitsziele für Alleinerziehende: Häufiger arm, gestresst und krank

Berlin ist die Stadt der Alleinerziehenden – und der Armut. Beides erhöht die Wahrscheinlichkeit, krank zu werden. Ein Maßnahmenpaket soll helfen.

Fast ein Drittel aller Familien in Berlin haben nur ein Elternteil. Weil Alleinerziehende die Sorgearbeit alleine stemmen und oft in Armut leben, haben sie eine signifikant schlechtere Gesundheit als Menschen, die Kinder gemeinsam großziehen oder finanziell abgesichert sind. Die Berliner Landesgesundheitskonferenz hat deshalb Ziele und Maßnahmen speziell für sie beschlossen.

Unter anderem sollen medizinische Fachkräfte im Umgang mit Alleinerziehenden geschult und digitale Bewegungsangebote geschaffen werden, „da alleinerziehende Menschen oft keine Zeit für lange Wege zu derartigen Angeboten haben“. Sportkurse bräuchten eine parallele Kinderbetreuung oder alternativ ein paralleles Bewegungsangebot für Kinder.

Anett Dubsky von der Landeskoordinierungsstelle Alleinerziehende Berlin, die an den Maßnahmen mitgearbeitet hat, weist auf den Dauerstress von Alleinerziehenden hin: Diese müssten immer fürs Kind da sein, zudem seien sie durch die gestiegenen Energie- und Lebensmittelkosten belastet. Viele könnten Angebote, die es schon gibt, allein aus zeitlichen Gründen nicht in Anspruch nehmen.

30
Prozent aller Familien in Berlin haben nur ein Elternteil.

„Das hat gesundheitliche Folgen, der Stress kann zu Depressionen und zu seelischen, körperlichen, mitunter organischen Problemen führen“, berichtet Dubsky.

Am wichtigsten sei aus ihrer Sicht daher das Ziel, eine flexible Kinderbetreuung anzubieten. „Dann können Alleinerziehende Stress abbauen, Sport machen oder zum Arzt gehen. Ich selbst hatte beim Zahnarzt einmal mein Kind auf dem Arm, während ich im Mund behandelt wurde.“ Dubsky fordert vom Senat mehr Geld für die Bezirke, damit Kitas länger geöffnet haben können. Lichtenberg zum Beispiel benötige bis zu 250.000 Euro, der Bezirk Mitte rund 100.000 Euro.

Berlin ist die Stadt der Alleinerziehenden

Astrid Lück, Referentin für Familie, Frauen und Mädchen beim Paritätischen Wohlfahrtsverband Berlin, begrüßt die Idee, dass die Bezirke eine flexible Kinderbetreuung einrichten sollen. Aufgrund der angespannten Lage auf dem Berliner Mietmarkt wünscht sie sich außerdem mehr Hilfe bei der Wohnungssuche. „Hier brauchen wir eine gezielte Förderung und Bereitstellung von günstigem Wohnraum speziell für Alleinerziehende und deren Kinder.“

Auch die Senatsgesundheitsverwaltung lobt das Maßnahmenpaket. „In keiner Region in Deutschland leben so viele alleinerziehende Menschen wie in Berlin“, sagt Senatorin Ina Czyborra (SPD). „Strukturelle Veränderungen und soziale Unterstützungssysteme sind notwendig, um die Belastungen für Alleinerziehende zu verringern.”

Derweil gibt es wenig Aussicht auf mehr Geld. Aufgrund von Sparmaßnahmen befürchten viele soziale Gesundheitsprojekte Kürzungen im kommenden Haushaltsjahr.

Die Berliner Landesgesundheitskonferenz gibt es seit 2004. Darin vertreten sind aktuell 34 Organisationen und Verbände, unter anderem aus der freien Wohlfahrtspflege, aber auch Gewerkschaften, Krankenkassen und Wirtschaftsinstitutionen. Den Vorsitz hat die Senatsgesundheitsverwaltung.

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