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Andrea Kühnemann ist die Verdi-Chefin von Berlin-Brandenburg.

© Verdi BB/Bearbeitung: Tagesspiegel

Berlins Verdi-Chefin Andrea Kühnemann: „Reallohnsicherung statt Nebelkerzen“

In unserer Kolumne „In der Lobby“ kritisiert die Verdi-Chefin von Berlin-Brandenburg die Blockadehaltung der Arbeitgeber im aktuellen Handels-Tarifstreit.

Eine Kolumne von Andrea Kühnemann

Die Unternehmen des Einzel- und des Großhandels in Berlin scheinen in zwei Welten zu leben. In der einen Welt klagen sie über Fach- und Arbeitskräftemangel, für dessen Behebung sie die Politik in die Pflicht nehmen. In der anderen Welt blockieren sie seit Monaten eine Lösung in den Tarifverhandlungen, in denen Verdi angesichts der dramatischen Inflation der vergangenen Jahre die Reallöhne sichern will.

Mit dieser Geiz-ist-geil-Haltung gegenüber ihren Beschäftigten haben die Unternehmen einen gewaltigen Anteil an dem Arbeitskräftemangel in der Branche. Die Beschäftigten, von denen viele in erzwungener Teilzeit arbeiten, können sich die Arbeit im Handel schlicht nicht mehr leisten.

Die Betriebsräte berichten davon, dass sie zunehmend Sozial- und Mietrechtsberatung leisten müssen, weil am Ende des Geldes noch zu viel Monat übrig ist.

Andrea Kühnemann, Verdi-Chefin von Berlin-Brandenburg.

Die Betriebsräte berichten davon, dass sie zunehmend Sozial- und Mietrechtsberatung leisten müssen, weil am Ende des Geldes noch zu viel Monat übrig ist. In der Rente droht die Altersarmut. Beschäftigte, die ihr Leben lang gearbeitet haben, werden abhängig vom Sozialamt. Das ist ein unwürdiger Zustand, der auch zulasten der Steuerzahler geht. Sie zahlen für ein nicht nachhaltiges Geschäftsmodell der Handelsunternehmen.

Vor diesem Hintergrund ist die Forderung nach 2,50 Euro mehr pro Stunde im Einzelhandel und 13 Prozent beziehungsweise mindestens 400 Euro mehr pro Monat im Großhandel absolut berechtigt. Die Forderung bewegt sich in einer Größenordnung, die Verdi bereits zum Beispiel bei der Post oder dem öffentlichen Dienst ausgehandelt hat. Diese Lohnerhöhungen braucht es dauerhaft, nicht als einmalige Inflationsausgleichszahlung.

Die Unternehmen müssen in diesem Sinne endlich ein verhandlungsfähiges Angebot vorlegen. Dazu gehört auch, die Laufzeit der Tarifverträge zu verkürzen, damit die Verhandlungen in Berlin-Brandenburg zeitgleich mit den anderen Bundesländern starten. Insbesondere die Unternehmen aus Brandenburg müssen hier ihre Blockadehaltung überwinden.

In dieser Kolumne kommentieren führende Köpfe der Berliner Wirtschaft die aktuelle Lage in Politik und Wirtschaft.

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