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In einem Mehrfamilienhaus in Staaken hat Covivio die Miete deutlich erhöht (Symbolbild).

© Kai-Uwe Heinrich TSP

Deutliche Mieterhöhungen bei Covivio: Berliner Wohnungsbündnis bröckelt weiter

Covivio erhöht in einem Spandauer Haus die Mieten um 15 Prozent – unter Umgehung des Mietspiegels. Damit verstößt das Unternehmen gegen eine Selbstverpflichtung des Dachverbands

Das Wohnungsunternehmen Covivio erhöht in einem Mietshaus in Staaken die Mieten um 15 Prozent, ohne dabei den Mietspiegel zu berücksichtigen. Im Fall einer knapp 60 Quadratmeter großen Wohnung fordert Covivio eine Mieterhöhung von rund 60 Euro ab dem 1. Oktober. Nach dem neuen Mietspiegel, der im Juni vorgestellt worden war, hätte die Miete nur um etwa 13 Euro angehoben werden dürfen.

Die „Berliner Zeitung“ hatte zuerst über diese Erhöhung berichtet. Nach Tagesspiegel-Informationen sind auch alle anderen Wohnungen des Mehrfamilienhauses im Brunsbütteler Damm betroffen. Laut Covivio befinden sich 38 Wohnungen in dem Gebäude, die Hälfte sei von den Mieterhöhungen betroffen. Insgesamt besitzt Covivio in Berlin knapp 17.000 Wohnungen. Bei wie vielen Wohnungen davon Vergleichswohnungen für Mieterhöhungen herangezogen werden, beantwortete das Unternehmen nicht.

Als Begründung für die starke Erhöhung verweist Covivio auf fünf Vergleichswohnungen, die allerdings nicht ebenfalls in Spandau, sondern in Mitte und Kreuzberg liegen. Rechtlich ist das möglich, denn der neue Mietspiegel ist wegen Verzögerungen in der Erstellung, die durch einen Rechtsstreit zustande kamen, nur ein „einfacher“ Mietspiegel und kein mit umfassender Datenerhebung ermittelter, „qualifizierter“ Mietspiegel, wie er für das Jahr 2024 wieder erarbeitet werden soll.

11
Prozent in drei Jahren wollten die Mitglieder des Wohnungsbündnisses ihre Miete maximal erhöhen

Als einfacher Mietspiegel ist er aber nur eine von mehreren Möglichkeiten, Mieterhöhungen zu begründen. Das Heranziehen von Vergleichswohnungen, wie nun von Covivio angewandt, ist eine andere. Bisher wurden seit Inkrafttreten des einfachen Mietspiegels aber noch keine Erhöhungen bekannt, die mit Vergleichswohnungen begründet wurden.

Das Fehlen eines qualifizierten Mietspiegels ermutige Vermieter geradezu, Mieterhöhungen nicht gemäß Mietspiegel, sondern anhand von Vergleichswohnungen auszusprechen, meint Marcel Eupen vom Alternativen Mieter- und Verbraucherschutzbund (AMV): „Es kann wohl davon ausgegangen werden, dass andere private Vermieter dem Beispiel der Covivio folgen werden.“

Kappungsgrenze: 15 oder 11 Prozent?

Neben der Umgehung des Mietspiegels wirft der Fall aber noch eine andere Frage auf: Mit der Erhöhung reizt Covivio den Spielraum der sogenannten Kappungsgrenze maximal aus. Demnach dürfen Mieten innerhalb von drei Jahren nur um maximal 15 Prozent erhöht werden.

Die Vermieter innerhalb des Wohnungsbündnisses zwischen Senat und Immobilienwirtschaft hatten sich allerdings selbst verpflichtet, Mieten maximal um elf Prozent im gleichen Zeitraum zu erhöhen. Weil die Adler Group die Mieten stärker erhöhen wollte, trat sie vor wenigen Wochen aus dem Bündnis aus.

Als einziges großes Immobilienunternehmen ist nun die Vonovia in dem Bündnis übrig. Die Immobilienwirtschaft wird darüber hinaus weiterhin vertreten von Verbänden wie der Fachgemeinschaft Bau, dem Zentralen Immobilienausschuss ZIA und dem Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU), in dem auch Covivio Mitglied ist.

Müsste damit die Selbstverpflichtung zur Einhaltung der Kappungsgrenze von elf Prozent nicht auch für Covivio als Mitgliedsunternehmen des BBU gelten? Stadtentwicklungsverwaltung und BBU beantworteten bis Redaktionsschluss trotz mehrmaliger Nachfrage nicht. Eine Covivio-Sprecherin schrieb dem Tagesspiegel auf Anfrage, Covivio sei zwar Mitglied des BBU, aber nicht Teil des Wohnungsbündnisses: „Wegen der Wohnungen in besseren Lagen und höherem qualitativen Standard passte unser Portfolio nicht zu den Anforderungen des Bündnisses.“

Covivio habe in den letzten Jahren in ihrem gesamten Berliner Wohnungsbestand die Mieten auf Basis von Mietspiegel oder Vergleichswohnungen im Schnitt um rund ein Prozent pro Jahr erhöht.Damit liegen wir deutlich unter der Preissteigerungsrate, trotz wesentlich höherer Preissteigerungen im Bereich Baukosten, energetischer Modernisierung und Belastungen aufgrund steigender Nebenkosten und Zinsen“, so die Unternehmenssprecherin.

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