zum Hauptinhalt
Die Adler Group hatte Mieterhöhungen von 15 Prozent angekündigt und damit gegen die Selbstverpflichtungen aus dem Berliner Wohnungsbündnis verstoßen. 

© IMAGO/Zoonar

Update

Nach Mieterhöhungen: Adler Group tritt aus Berliner Wohnungsbündnis aus

Das Wohnungsunternehmen stand deutlich in der Kritik, weil es sich nicht an die Vereinbarungen aus dem Wohnungsbündnis gehalten hatte. Der Senat will weiter am Bündnis festhalten.

| Update:

Das Immobilienunternehmen Adler Group tritt aus dem Berliner „Bündnis für Wohnungsneubau und bezahlbares Wohnen“ aus. Das teilte die Sprecherin des Unternehmens dem Tagesspiegel am Dienstag auf Anfrage mit. Vergangene Woche war bekannt geworden, dass die Adler Group Mieterhöhungen für Berliner Wohnungen von 15 Prozent angekündigt hatte und damit gegen die Selbstverpflichtungen aus dem Wohnungsbündnis verstößt. Die großen Wohnungsunternehmen hatten sich in dem Bündnis verpflichtet, die Mieten nicht um mehr als elf Prozent innerhalb von drei Jahren zu erhöhen. Die Adler Group vermietet rund 18.000 Wohnungen in Berlin.

Als „verantwortungsvolles Immobilienunternehmen“ sei es das Ziel der Adler Group, „alle Interessen unserer Stakeholder, einschließlich unserer Mieter sowie unserer Aktionäre und Gläubiger, in Einklang zu bringen“, schreibt die Unternehmenssprecherin. „Daher müssen wir die Mieten entsprechend unseren Verträgen erhöhen, um den Anforderungen an uns gerecht zu werden.“

Nach einer Gesamtbetrachtung dieser Interessen sei eine „marktgerechte Anpassung der Mieten erforderlich“ gewesen. Selbstverständlich werde das Unternehmen aber auf Fälle Rücksicht nehmen, in denen „einzelne Mieter durch die angekündigten Mieterhöhungen“ überfordert sein könnten, erklärte die Sprecherin. In diesen Fällen werde man individuelle Lösungen finden.

Bedauern in der Koalition

In einer ersten Reaktion teilte der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) dem Tagesspiegel mit, er nehme die Entscheidung mit Bedauern zur Kenntnis. „Mir ist aber vor allem eines wichtig: Das Bündnis wird nur dann Erfolg haben, wenn sich alle Partner an die Selbstverpflichtungen und gemeinsam getroffene Vereinbarungen halten. Denn das ist unser gemeinsames Ziel: mehr Wohnungsneubau und sichere, bezahlbare Mieten für alle Berlinerinnen und Berliner.“

Auch Bausenator Christian Gaebler (SPD) bedauert, „dass die Adler Group als großes Wohnungsunternehmen die Selbstverpflichtungen aus dem Bündnis nicht eingehalten hat.“

Die Zusammenarbeit zwischen den unterschiedlichen Partnerinnen und Partnern hat sich bewährt und wird fortgeführt.

Christian Gaebler (SPD), Bausenator 

Das Bündnis diene dem Wohnungsneubau und dem besseren Schutz der Mieterinnen und Mieter, sagte Gaebler weiter: „Wer nicht bereit ist, sich an die getroffenen Vereinbarungen zu halten, kann nicht Teil des Bündnisses sein.“ Der Austritt der Adler Group schmälere aber nicht die bisherigen Erfolge des Bündnisses: „Die Zusammenarbeit zwischen den unterschiedlichen Partnerinnen und Partnern hat sich bewährt und wird fortgeführt.“ Mit weiteren Austritten aus dem Bündnis rechne man nicht, teilte die Pressestelle der Senatsverwaltung mit.

Der Austritt spiegele auch die angespannte wirtschaftliche Situation am Markt wider, sagte der stadtentwicklungspolitische Sprecher der CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus, Christian Gräff, dem Tagesspiegel. „Wir müssen die Vereinbarungen aus dem Wohnungsbündnis nochmal dahingehend anschauen, dass wir zu für die Berlinerinnen und Berliner notwendigen und erreichbaren Zielen kommen und auf der anderen Seite die wirtschaftlichen Bedingungen der Unternehmen berücksichtigen.“

Unverbindliche Zielvorgaben

Das Bündnis für Wohnungsbau und bezahlbares Wohnen war Anfang 2022 noch unter Rot-Grün-Rot gegründet worden, um zusammen mit möglichst vielen beteiligten Akteuren den Neubau und Mieterschutz in Berlin zu stärken. Vertreten sind neben Senats- und Bezirksamtsmitgliedern verschiedene Verbände der Bau- und Immobilienwirtschaft sowie Genossenschaften und einzelne Wohnungsunternehmen.

Der Senat muss endlich einsehen, dass echter Mieterschutz nur mit echten Gesetzen möglich ist.

Katrin Schmidberger, Bündnis 90/Die Grünen

Im Juni 2022 hatten die Bündnispartner eine Vereinbarung mit einer Reihe unverbindlicher wohnungs- und mietenpolitischer Ziele geschlossen. In einem Monitoringbericht, der im Juli 2023 vorgestellt wurde, musste die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung allerdings eingestehen, dass insbesondere die privaten Wohnungsunternehmen den freiwilligen Zielvorgaben nicht vollständig nachgekommen waren: „Die wohnungs- und mietenpolitischen Ziele des Bündnisses werden zurzeit noch überwiegend von den landeseigenen Wohnungsunternehmen getragen“, heißt es in dem Bericht.

Auch von einem weiteren im Bündnis beteiligten Wohnungsunternehmen, der Vonovia, war vor wenigen Wochen ein nachlässiger Umgang mit den Selbstverpflichtungen bekannt geworden. Seitdem ist die Kritik an dem Bündnis immer lauter geworden und fällt inzwischen geradezu verheerend aus.

Heftige Kritik an Adler und dem Senat

Marcel Eupen vom Alternativen Mieter- und Verbraucherschutzbund (AMV) sagte dem Tagesspiegel, Adler treffe eine falsche Entscheidung: „Die Adler Group stellt die Interessen ihrer Aktionäre und Gläubiger über die Interessen ihrer Mieterinnen und Mieter und gibt damit zu erkennen, dass die Unterzeichnung des Bündnisses für Wohnungsneubau und bezahlbares Wohnen ein reines Showprogramm war und lediglich aus Gründen einer erhofften Imageverbesserung erfolgte.“ Mit dem Austritt habe Adler für immer sämtliches Vertrauen in Berlin verspielt und müsse sich in Zukunft den Vorwurf gefallen lassen, kein verlässlicher Partner zu sein.

Ulrike Hamann, eine von drei Geschäftsführerinnen des Berliner Mietervereins, findet hingegen, die Entscheidung auszutreten sei „nur folgerichtig von Adler“. Das Unternehmen habe sich schließlich nicht an die Abmachungen gehalten. „Traurig ist es für das Bündnis, das sich ja auf Kooperation statt Konfrontation geeinigt hatte. Offensichtlich hat sich Adler jetzt doch für die Konfrontation entschieden.“ Das sei allerdings auch schon an den Mieterhöhungen selbst sichtbar geworden.

Niklas Schenker, Mietenexperte der Linkspartei, findet, der Senat sei mit der Idee, Konzerne über freiwillige Verpflichtungen zu einem sozialen Kurs zu bewegen, vollends gescheitert. Daraus müssten nun Konsequenzen gezogen werden. Das „Straucheln von Adler“ sieht er außerdem als „Vorbote einer sich ausweitenden Krise der finanzialisierten Immobilienwirtschaft und der platzenden Immobilienblase.“ An Vergesellschaftung führe nun kein Weg mehr vorbei.

Kritik kommt auch von der wohnungspolitischen Sprecherin der Grünen, Katrin Schmidberger. Adler beweise mit den Mieterhöhungen und dem Austritt aus dem Bündnis, dass renditegetriebene Wohnungsunternehmen keinen nachhaltigen Beitrag zur sozialen Wohnraumversorgung leisten wollten: „Der Senat muss endlich einsehen, dass echter Mieterschutz nur mit echten Gesetzen möglich ist und dass sein PR-Bündnis endgültig gescheitert ist.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false