zum Hauptinhalt
Traktorensternfahrt

© ddp

Update

„Dieselt den Bundestag richtig ein!“: Bauern-Protest in Berlin gegen Ampel-Kürzungen

Höhere Belastungen für die Landwirtschaft? Bauern wollen dagegen am Montag mit einer Trecker-Sternfahrt zum Brandenburger Tor protestieren. Finanzminister Lindner zeigt sich nun offen für Alternativen.

Die ersten Traktoren des Bauern-Protests sind auf der Straße des 17. Juni in Berlin angekommen. Die Straße ist in beide Richtungen gesperrt, wie die Verkehrsinformationszentrale (VIZ) auf Nachfrage bestätigt. Insgesamt soll es in der Zeit von 7.00 bis 15.00 Uhr auf der Straße des 17. Juni zu Verkehrseinschränkungen kommen.

Bauern aus Brandenburg und anderen Bundesländern wollen mit einer Großdemonstration unter dem Motto „Zu viel ist zu viel“ mit Traktoren aus allen vier Himmelsrichtungen gleichzeitig in die Innenstadt fahren. Die Abschlusskundgebung soll gegen Mittag am Brandenburger Tor stattfinden. Als Redner wird auch Bundesagrarminister Cem Özdemir (Grüne) erwartet.

Bei der Polizei waren etwa 3000 Menschen zu der Demo angemeldet. Der Deutsche Bauernverband erwartete, dass davon mehrere Hundert mit Traktoren in die Hauptstadt kommen, manche seien schon die ganze Nacht am Brandenburger Tor, hieß es. 

Der Protest, zu dem der Deutsche Bauernverband (DBV) und mehrere Landesverbände aufrufen, richtet sich gegen die von der Bundesregierung geplante Streichung der Agrardiesel-Subvention und der Kfz-Steuerbefreiung für die Landwirtschaft. „Wenn diese Pläne nicht zurückgenommen werden, wird es heftigen Widerstand geben“, sagte DBV-Präsident Joachim Rukwied der Nachrichtenagentur AFP.

Bauern kündigen erbitterten Widerstand an

Heiko Terno, der Vizepräsident des Landesbauernverbandes Brandenburg (LBV), sieht schwere Zeiten auf die Landwirtschaft in der Region zukommen. „Die vorweihnachtliche Ruhe ist uns genommen worden“, sagt er dem Tagesspiegel.

Heiko Terno, Vizepräsident des Brandenburger Landesbauernverbandes (LBV), rief auf Facebook zum Protest auf.
Heiko Terno, Vizepräsident des Brandenburger Landesbauernverbandes (LBV), rief auf Facebook zum Protest auf.

© dpa/Soeren Stache

Viele Betriebe hätten bereits mit erheblichen Einkommensverlusten zu kämpfen aufgrund der allgemein schwierigen Wirtschaftslage. Eine Streichung der Subventionen werde die Bauernschaft jedoch nicht ohne Widerstand hinnehmen: „Irgendwann ist mal Schluss.“

Terno meint, dass etwa 1000 Traktoren teilnehmen könnten. Ein Aufruf, den er im sozialen Netzwerk Facebook teilte, wurde mehr als 12.000 Mal geteilt, mehr als 100 Menschen haben kommentiert, fast alle zustimmend – zum Teil sehr wütend. „Nehmt Güllefässer mit und dieselt den Bundestag richtig ein!“, schreibt zum Beispiel ein Kommentator.

Die Bauern wollen sich Terno zufolge am Montagmorgen gegen 7 Uhr treffen. Aus nördlicher Richtung fahren sie von Nassenheide in die Innenstadt, im Osten kommt ein zweiter Zug aus Richtung Storkow hinzu, im Süden ist Groß Machnow Treffpunkt und im Westen geht es in Nauen los. Alle Fahrten sind bei den Behörden angemeldet. Die Berliner Verkehrsinformationszentrale (VIZ) warnt vor „Verkehrseinschränkungen“ auf der Straße des 17. Juni.

„Im Sinne einer Gesamtlösung“: Habeck verteidigt Streichung

Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) verteidigte die anvisierte Streichung von Steuervergünstigungen beim Agrardiesel. Zugleich nahm er Agrarminister Cem Özdemir (Grüne) gegen Kritik in Schutz. „Der Bundeskanzler, der Finanzminister und ich haben die Entscheidung zur Agrardiesel-Beihilfe im Sinne einer Gesamtlösung treffen müssen“, sagte Habeck der Deutschen Presse-Agentur. „Das war nicht leicht und auch ich weiß um die Härten. Der Landwirtschaftsminister hat davor gewarnt, die Agrardiesel-Beihilfe zu streichen. Cem Özdemir kennt die Lage der Bauern und die Belastung und hat das sehr deutlich gemacht.“

Kein Grund zu überschäumender Freude: Vizekanzler Robert Habeck (Grüne), Kanzler Olaf Scholz (SPD) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) bei der Vorstellung der Haushaltseinigung.
Kein Grund zu überschäumender Freude: Vizekanzler Robert Habeck (Grüne), Kanzler Olaf Scholz (SPD) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) bei der Vorstellung der Haushaltseinigung.

© REUTERS/LIESA JOHANNSSEN

Er habe diese Argumente auch mit den Regierungspartnern diskutiert, sagte Habeck. „Aber wir müssen in Folge des Urteils des Bundesverfassungsgerichts mit weniger Geld auskommen und Ausgaben beschränken. Und wir drei haben diese Entscheidung im Rahmen des Gesamtpakets getroffen.“

Finanzminister Lindner offen für Alternativen

Allerdings scheint das letzte Wort in der Angelegenheit noch nicht gesprochen. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) zeigte sich am Samstag offen dafür, die geplante Streichung der Agrardiesel-Subvention wieder zurückzunehmen und durch andere Kürzungen zu ersetzen.

„Um es klar zu sagen: Ich bin kein Freund der Belastung der landwirtschaftlichen Betriebe“, sagte Lindner dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Über das Thema werde deshalb in Regierung und Koalition gesprochen werden müssen. „Ich bin für Alternativen offen“, betonte der FDP-Vorsitzende.

Landwirtschaftsminister Özdemir schloss sich der Kritik an und warnte am Freitag, dass es in Deutschland wegen der vorgesehenen Kürzungen bei den Agrarsubventionen ein Hofsterben ungeahnten Ausmaßes geben könnte. „Ich teile die Sorge“, sagte Özdemir in der ARD.

Lindner sagte nun dazu: „Land- und Forstwirtschaft liegen mir am Herzen.“ Dort gebe es in der Regel Familienbetriebe, die ein hohes unternehmerisches Risiko eingingen. „Wenn man vermeiden kann, sie stärker zu belasten, dann unterstütze ich das gern“, betonte der Finanzminister. (mit dpa, AFP)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
false
showPaywallPiano:
false