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Eine Reinigungskraft schiebt einen Putzwagen durch einen leeren Gebäudeflur.

© imago/Sven Simon

Gesundheit und Bildung vereinen: Verdi startet „Aktion Lohnrettung“

Verdi möchte mit einer Kampagne auf die Situation von Menschen mit niedrigem Einkommen aufmerksam machen. Ausgegliederte Bildungs- und Gesundheitsbeschäftigte seien von den Preissteigerungen besonders betroffen.

Der Verdi-Landesbezirk Berlin-Brandenburg will mit einer neuen Kampagne Beschäftigte aus den Gesundheitsberufen sowie der Bildung zusammenbringen. „Die kommenden Monate werden heiß“, kündigte ein eigens eingerichteter Kanal auf Twitter und Mastodon Anfang der Woche an. Max Manzey, Gewerkschaftssekretär bei Verdi, sagt, die „Aktion Lohnrettung“ wolle die Berufsgruppen deshalb verbinden, weil beide öffentliche Dienste und niedrig entlohnt seien.

Die „krassen Preissteigerungen“ beträfen viele der in diesen Branchen arbeitenden Menschen. „Die Reinigungskräfte in den Kliniken erhalten zum Beispiel den Landesmindestlohn. Strompreisnachzahlungen, hohe Gaspreise, das geht ans Existenzielle bei vielen Kolleginnen und Kollegen. Die Maßnahmenpakete, die auf Bundesebene beschlossen wurden, reichen nicht aus.“

Die Maßnahmenpakete, die auf Bundesebene beschlossen wurden, reichen nicht aus.

Max Manzey, Gewerkschaftssekretär bei Verdi

Tarifverträge hinken dem TVöD hinterher

Die „Aktion Lohnrettung“ fordert unter anderem eine Deckelung für Strom und Gas, darüber solle der Marktpreis gelten. Außerdem gehören eine Vermögensabgabe und tabellenwirksame Entgelterhöhungen zum Forderungskatalog.

Konkreter wird die Kampagne, wenn sie Maßnahmen für Beschäftigte in ausgegliederten Bereichen der Daseinsfürsorge fordert: Diese sollten weitere Unterstützung erhalten, etwa durch eine Inflationsprämie. Der neue Landesmindestlohn müsse als Tabellenentgelt ohne Zuschläge auf 13 Euro steigen, zudem sollten Vivantes und die Charité ihre Tochterunternehmen wieder in den Mutterkonzern eingliedern.

Der Tarifvertrag von Tochtergesellschaften des Klinikbetreibers Vivantes läuft bis 2025, bis dahin erhöhen sich die Entgelte schrittweise auf bis zu 96 Prozent des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst (TVöD). Beschäftigte bei der CFM, einer Tochter der Charité, die nichtpflegerische Dienstleistungen anbietet, steht 2023 nur eine Erhöhung um zwei Prozent an.

Verdi sieht den Senat in der Handlungspflicht

Die Verhandlungen für den TVöD beginnen am 24. Januar, darunter fallen auch Pflege- und Reinigungskräfte, die im öffentlichen Dienst in Berlin arbeiten. Doch weil die Beschäftigten der ausgegliederten Unternehmen bei Vivantes von Erhöhungen erst ein Jahr später profitieren und bei der CFM in 2023 nur geringe Lohnerhöhungen anstehen, müsse der Senat jetzt handeln, sagt Manzey: „Die Berliner Landesregierung muss eine Lösung finden für diese Beschäftigten. Einen Inflationsausgleich können sie nicht selbst verhandeln, deshalb muss die Politik irgendeine Art von Unterstützung finden und Geld in die Hand nehmen.“

Manzey schlägt vor, die verzögerten Lohnsteigerung bei den Vivantes-Töchtern auszusetzen und diese stattdessen unmittelbar steigen zu lassen. Eine Inflationsprämie in Höhe von 3000 Euro auszuschütten, wäre eine weitere Idee, um diejenigen zu unterstützen, die die Inflation besonders trifft: „Eine Reinigungskraft bei CFM hat dieses Jahr einen Reallohnverlust von etwa 8 Prozent“, sagt er.

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Prozent mehr Lohn erhalten CFM-Beschäftigte in 2023.

Die Charité möchte sich auf Anfrage nicht zu den Forderungen von Verdi äußern. Ein Sprecher von Vivantes weist darauf hin, dass die Tochterunternehmen des Konzern bereits zu 100 Prozent zu Vivantes gehörten und die Entgelte dieser Beschäftigten an den TVöD gekoppelt seien. Zu Verhandlungen über einen möglichen Inflationsausgleich sei der Klinikbetreiber „grundsätzlich gesprächsbereit“.

Schlaglicht auf ausgegliederte Bereiche

Wie der heiße Frühjahr aussehen werde, den die Kampagne online angekündigt hat, könne Manzey nicht sagen. Falls die Verhandlungen für den TVöD stocken, halte er Warnstreiks für wahrscheinlich. Die „Aktion Lohnrettung“, die das Thema Niedriglohn in Gesundheits- und Bildungsberufen zusammenführt, nutze Verdi vor allem dazu, um ein Schlaglicht auf diese Beschäftigungsfelder zu werfen. Gemeinsame Aktionen von Bildungs- und Gesundheitsbeschäftigten seien vorerst nicht geplant.

Die Gewerkschaft sucht zuallererst den Dialog mit der Politik. Am 27. Januar soll eine Diskussion mit den Spitzenkandidat:innen der Parteien stattfinden. Wie die einzelnen Vertreter:innen zu den Forderungen stehen, zeigt sich spätestens dann. Verdi kündigte an, dass vor Ort auch Beschäftigte von Vivantes, der Charité, des Jüdischen Krankenhauses Berlin, der Stadtreinigung sowie der Wasserbetriebe sein werden.

Die amtierende Regierende Bürgermeisterin von Berlin, Franziska Giffey, sieht sich dann vielleicht in der Bringschuld: Ihr Parteifreund, der SPD-Fraktionschef Raed Saleh, hatte dem Tagesspiegel erst im November gesagt, er sei dafür, die Löhne anzuheben und Vivantes-Tochterfirmen zurückzukaufen: „Mein Ziel ist, bis 2026 Stück für Stück die Tochtergesellschaften wieder in den Mutterkonzern zu überführen.“

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