zum Hauptinhalt
Andreas Contag, Vorstandsvorsitzender der Contag AG aus Spandau. Sein Unternehmen hatte 2018 den „Firmengärten“-Wettbewerb gewonnen.

© Contag AG

Berliner Unternehmen setzen auf Grün statt Beton: Wie Klima, Image und Mitarbeiter vom Firmengarten profitieren

Eigene Gärten zahlen sich für Unternehmen inzwischen aus. Die Spandauer Contag AG wurde für ihre Begrünung sogar ausgezeichnet. Ein Besuch vor Ort.

Ein Gewerbegebiet in Spandau, betonierte Höfe. Doch direkt hinter dem Zaun am letzten Grundstück der Straße beginnt plötzlich Rasen, dahinter dichte Farne. Auf dem Parkplatz ragen fluffige Ziergrasbüsche zwischen die Autos, der Weg zum Gebäude führt an einer mit Löwenzahn gesprenkelten Wiese vorbei. Am Ende der Wiese umgeben dichte Weinpflanzen einen langen Gartentisch. Kleine Hügel schwingen sich über das Gelände, zwei Mitarbeiter in roten Unternehmens-Poloshirts haben sich gerade unter einen Baum gesetzt und zünden sich eine Zigarette an.

Ein ganz normaler Dienstag im Garten der Contag AG, ein mittelständisches Unternehmen aus Spandau. Drinnen bohren Maschinen an Prototypen für Leiterplatten. Draußen ein kleines Paradies, 2018 ausgezeichnet zu „Berlins schönstem Firmengelände“, der Preis in Form einer Baumscheibe steht im Foyer. Denn Firmengärten sind inzwischen ein Asset – ob im Hof, auf dem Dach oder an der Fassade.

Wohlfühlatmosphäre für Mitarbeiter

Das Thema hat in den vergangenen Jahren zunehmend Aufmerksamkeit bekommen. In Zeiten von immer heißeren Sommern sind die Vorteile einleuchtend: Die Pflanzen binden CO₂ und bieten Lebensraum für Insekten. Parks und Gärten kühlen erwiesenermaßen, was gerade in dicht bebauten Innenstädten, die an heißen Tagen schnell zu Hitzeinseln werden, wichtiger wird. Bringt man Pflanzen an der Fassade oder am Haus an, dämmt die Luftschicht zwischen Haus und Pflanze. Das spart Kosten und Energie für Heizung oder Klimaanlage. Und für die Gärten entsiegelt man Flächen. Regenwasser läuft nicht ab, sondern wird in der Erde gespeichert.

Für Unternehmen zählt vor allem die Wirkung nach innen und nach außen. So auch für den Gründer und Geschäftsführer von Contag, Andreas Contag: „Wir wollen, dass die Mitarbeiter sich wohlfühlen.“ Das tun sie offenbar. „Meine Mitarbeiter erzählen mir, dass sie sich auf die Arbeit freuen, wenn sie montags kommen und das Gelände sehen.“

Auch üppige Kletterpflanzen schmücken eine Wand des Firmengebäudes.

© Cristina Plett

Bäume in der Umgebung sollen sich positiv auf die Psyche auswirken. Bei Contag dient der Garten auch dem Betriebssport: Es gibt eine Tischtennisplatte und ein Volleyballfeld hinter der Fertigungshalle. Kunden lade er gern ein, der Tisch bei der Weinpergola ist dann der Meetingplatz. „Auch für Personalgespräche ist es gut, den Arbeitsraum zu verlassen, draußen zu sein“, sagt Contag. Der Garten soll die Unternehmenskultur widerspiegeln: offen, organisch, mit runden Formen, der Mensch stehe im Mittelpunkt.

Angelegt hat er den Garten, als die Firma das Gelände 2007 bezog. Ein Teil des Geländes sollte laut Bebauungsplan Natur bleiben. Das Bezirksamt bot Contag an, es ihm abzukaufen, dann hätte er keine Unterhaltskosten. Er behielt es. Das Wasser zum Gießen kommt aus zwei eigenen Brunnen.

Die Flächen hinter dem Firmengebäude, die für eventuelle Anbauten freigehalten werden, sind Trockenblumenwiesen. 16 Bienenkästen stehen dort, Contag hat seinen eigenen Honig. Beim Anlegen hätten sich die Kosten für den Garten im sechsstelligen Bereich bewegt. Da falle aber auch der Parkplatz drunter. Im Schnitt koste die Erhaltung des Gartens – inklusive Gärtner – 20.000 bis 25.000 Euro im Jahr. „Klar, wenn man den Rotstift ansetzt, könnte man das wegnehmen“, sagt Contag, „Ich hatte allerdings schnell das Gefühl: Das lohnt sich.“

Auch für Personalgespräche ist es gut, den Arbeitsraum zu verlassen, draußen zu sein

Andreas Contag, Gründer und Geschäftsführer Contag AG

Landschaftsarchitekt Oliver Haag hat schon einige Unternehmensgärten geplant und zum Beispiel den Parkplatz der Deutsche Wohnen in Wilmersdorf in einen kleinen Park verwandelt: „Die Unternehmen haben einen hohen Anspruch, dass die Gärten die Firma gut repräsentieren. Dass sie etwas sind, worauf sie stolz sein können.“ Mittlerweile würden dabei ökologische Aspekte immer wichtiger. Da versucht man, das Wasser auf dem Grundstück zu halten oder nimmt Arten, die widerstandsfähiger gegen das sich verändernde Klima sind: „Zierrasen, das macht man nicht mehr“, sagt Haag.

Wer nicht neu baut, kann seit 2019 eine Förderung für einen Dachgarten oder eine Fassadenbegrünung beantragen. Die Zuschüsse variieren je nach Quadratmeter, Substratdicke und ob Dach oder Fassade. Berlin will so der Schwammstadt mit entsiegelten Flächen näherkommen. „Die Klimatisierung spielt für die meisten Antragsteller eine wichtige Rolle – im Winter ist es wärmer und im Sommer kühler“, sagt eine Sprecherin der Investitionsbank Berlin (IBB), bei der man das „Gründach plus“-Programm beantragen kann. Für Neubauten oder ebenerdige Gärten gilt die Förderung aber (noch) nicht. Und wer Mieter ist, muss sich erst als Interessengruppe mit anderen Mietern zusammenschließen und die Erlaubnis der Grundeigentümer einholen, um sie beantragen zu können.

Wenn Sie mehr aus Spandau lesen möchten, empfehlen wir Ihnen den neuen Spandau-Newsletter vom Tagesspiegel. Darin bündeln wir Bezirksnachrichten, Kiez-Debatten, berichten aus dem Rathaus und nennen Tipps und Termine. Kostenlos unter tagesspiegel.de/bezirke. Hier einige der aktuellen Themen, die Sie im Spandau-Newsletter finden.

  • Autogegner lassen Luft ab – sogar an Rollstuhl-Fahrzeugen in Kladow
  • „Wie auf der Autobahn“: Spandaus 50 Lärm-Orte von Hakenfelde bis Gatow
  • Schnell ins Umland: X36 kommt – und X37 fährt öfterins Falkenhagener Feld
  • Tegeler Brücke: „Save the Date“-Karte zur Eröffnung in Siemensstadt
  • Süß! „Spandauer“-Gebäck gibt es jetzt auch auf Mallorca
  • Kladows Bücherei-Chefin über die Vorlieben der Vorstädter und einen fehlenden BVG-Bus am Glienicker See
  • Turmfalken haben ausgevögelt: Am Rathausturm wird wieder gearbeitet
  • Waldbadfest in Falkensee: der große Familientipp
  • Pokalkracher im Stadion Hakenfelde gegen Viktoria 89
  • So sieht das neue Gymnasium in Haselhorst aus
  • S-Bahnhof Gartenfeld: Neues Viertel „Halske Sonnengärten“ mit 1000 Wohnungen
  • Neuer Geh- und Radweg an der Klosterstraße: Bis Frühjahr 2024 Baustelle
  • Gutspark Neukladow am Havelufer: neue Allee in Ausflugsidyll
  • Kilometerlange Baustelle in Kladow geplant – vom Dorfkern bis zum Campingplatz
  • ASK-Sommerfest an der Heerstraße in Staaken
  • Junge Kultur: Musikfest in der Altstadt, Theater in den Arcaden
  • Von St. Nikolai nach Wannsee: Orgel-Tour mit dem Fahrrad
  • Was wird aus dem leerstehenden Supermarkt im Falkenhagener Feld?

…und noch mehr Spandau-Nachrichten im Tagesspiegel-Newsletter: tagesspiegel.de/bezirke

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false