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Chefkoch Patrick Burrichter mit seiner Kelle in dem Ratatouille.

© Tagesspiegel/Simon Schwarz

Einmal pro Woche Fleisch und zweimal Fisch: Neun Berliner Kliniken führen klimaschonendes Essen ein

Die Johannesstift Diakonie und das Krankenhaus Waldfriede haben eine umweltgesunde Menülinie entwickelt. Nach eigenen Angaben sparen sie damit bis zu 500.000 Kilogramm CO₂ pro Jahr ein.

Mit einer armlangen Kelle aus Metall wühlt sich Patrick Burrichter durch das Ratatouille. Der Chefkoch holt aus, taucht ein und rührt etliche in Würfel geschnittene Auberginen, Tomaten und Paprika um. 400 Portionen von dem Gericht fasst der Kessel, der vor ihm steht. Als Nächstes wird er das Essen in den Hochleistungskühler schieben. Dort warten die Gerichte so lange, bis ein Lastwagen sie abholt und sie zu Krankenhäusern in der Umgebung fährt. Vor dem Servieren werden sie noch einmal erhitzt.

Das Ratatouille von Burrichter ist ein sogenanntes „Planetary Health“-Gericht. Acht Kliniken der Johannesstift Diakonie und das Krankenhaus Waldfriede bieten dieses umweltschonende, fleischarme Ernährungskonzept seit Ende 2023 in und um die Hauptstadt an. Manche der Häuser, wie das Martin Luther Krankenhaus in Charlottenburg oder das Krankenhaus Waldfriede in Zehlendorf, haben ihr Mittagessen komplett auf Planetary Health umgestellt, andere Kliniken lassen den Patient:innen die Wahl.

So werden die Speisen angerichtet.
So werden die Speisen angerichtet.

© Simon Schwarz

„Wir sind der Schöpfung verpflichtet“, sagte der Vorstandssprecher der evangelischen Johannesstift Diakonie, Andreas Mörsberger, am Dienstag in einem Raum über der Großküche in Spandau, wo die Speisen von einer Servicegesellschaft zubereitet werden. Nach eigenen Berechnungen spart die Küche durch die Halbierung des Fleischanteils jährlich 500.000 Kilogramm CO₂ ein.

Alleine die Ankündigung, den Fleischkonsum zu halbieren, hat zu Verwerfungen in den Seniorenheimen geführt.

Andreas Mörsberger, Sprecher des Vorstands der Johannesstift Diakonie

Diese Halbierung betrifft alle hier produzierten Essen. Noch klimafreundlicher ist die Menülinie, die ausschließlich auf Planetary Health basiert. Doch weil die Großküche auch Altenheime beliefert, verarbeiten die Köch:innen weiter viel Wurst, Käse und deftiges Fleisch: „Alleine die Ankündigung, den Fleischkonsum zu halbieren, hat zu Verwerfungen in den Seniorenheimen geführt“, erzählte Mörsberger.

Die Generation U-80 sei mit dem neuen Essen aber weitgehend zufrieden. Deshalb versorge die Küche vorerst nur Krankenhäuser mit der fleischarmen Kost. Wo sie sich entscheiden könnten, wählten 50 Prozent der Leute Planetary Health.

Verschmähtes Essen in Energie verwandeln

In Berlin sind die teilnehmenden Kliniken die ersten, die ihren Patient:innen Planetary Health-Gerichte anbieten. Einmal in der Woche gibt es Fleisch, zweimal Fisch, alternativ können sie ausschließlich vegetarisches Essen bestellen. Planetary Health wurde 2019 von der EAT-Lancet-Kommission erfunden. In dieser arbeiteten 37 internationale Wissenschaftler:innen daran, eine Ernährungsform zu entwickeln, die die planetaren Grenzen einer perspektivisch zehn Milliarden großen Erdbevölkerung respektiert.

Außerdem soll das Essen gesund sein: Statt tierischer Lebensmittel wie Milch, Eier und Fleisch oder Gerichte mit extra Zucker stehen vor allem Gemüse, Obst und Hülsenfrüchte auf dem Speiseplan.

In diesem Raum der Großküche verpacken Arbeiterinnen die Gerichte am Fließband für die Krankenhäuser.
In diesem Raum der Großküche verpacken Arbeiterinnen die Gerichte am Fließband für die Krankenhäuser.

© Tagesspiegel/Simon Schwarz

Um herauszufinden, wie die Gerichte bei Menschen außerhalb des Krankenhauses ankommen, verkosteten die Träger die neuen Speisen am Dienstag an Pressevertreter:innen: Nachdem die Gäste unter anderem „Indisches Curry vom Butternut-Kürbis“ und „Bolognese von Beluga-Linsen“ probiert hatten, waren sich die Anwesenden einig: Krankenhausessen muss nicht fad schmecken.

Die Chefin der Catering-Abteilung der Johannesstift Diakonie, Janina Briese, sagte, die neuen Gerichte kosteten genauso viel wie die normalen: Pro Tag und Patient:in gäben die Kliniken vier bis fünf Euro nur für die Lebensmittel aus, inklusive Logistik und Personal zahlten sie zwischen zwölf und 17 Euro.

Zusätzlich zu den eingesparten Emissionen durch weniger Fleisch verbraucht die Großküche laut Briese dank einer Photovoltaikanlage auf dem Dach rund 40 Prozent weniger Energie. Emissionen wird auch die Biogasanlage einsparen, mit deren Bau die Johannesstift Diakonie noch in diesem Jahr beginnen will. Diese soll künftig das Essen, das die Patient:innen nicht aufgegessen haben, in Spandau zu grüner Energie umwandeln.

Die neuen Gerichte werden im Krankenhaus Waldfriede, im Evangelischen Waldkrankenhaus Spandau, im Martin Luther Krankenhaus, im Evangelischen Krankenhaus Hubertus, in der Evangelischen Elisabeth Klinik, in der Evangelischen Lungenklinik, im Wichernkrankenhaus, im EGZB und in Lutherstadt Wittenberg im Evangelischen Krankenhaus Paul Gerhardt Stift serviert.

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