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Berlins Innensenatorin Iris Spranger (SPD).

© dpa/Christoph Soeder

Berlins Innensenatorin Spranger: „Kein Journalist muss mit Ermittlungen rechnen, wenn er polizeikritisch berichtet“

Die Ermittlungen des Staatsschutzes gegen einen Tagesspiegel-Reporter erreichen die Politik. SPD-Innensenatorin Iris Spanger fordert von der Polizei „Sensibilität“.

Frau Senatorin, was haben Sie gedacht, als Sie von den Ermittlungen gegen einen Tagesspiegel-Reporter gehört haben?
Ich war überrascht, dass es ein Verfahren gegen einen bekannten Journalisten des Tagesspiegel gibt. Und ich habe mich gefragt, wie es dazu kam.

Der Reporter hat über einen Polizeibeamten berichtet, der bei der AfD ist und gegen den bereits ein Urteil infolge eines Streits um die Corona-Maskenpflicht erging. Müssen wir damit rechnen, dass gegen uns ermittelt wird, weil wir kritisch über die Polizei berichten?
Nein, kein Journalist muss mit Ermittlungen rechnen, wenn er, sie oder ein Team polizeikritisch berichtet. Ich habe dazu eine klare Haltung: Als Innen- und Verfassungssenatorin verteidige ich selbstverständlich die Pressefreiheit als eines unserer elementaren Grundrechte.

Wir haben im Januar über den Polizisten berichtet, der hat dann Strafanzeige und Strafantrag gestellt. Warum kam die Polizei nach Lektüre unseres Berichtes nicht auf die Idee, dass der Beamte ein Problem haben könnte und Ermittlungen gegen den Tagesspiegel bizarr sind? 
Wenn eine Anzeige erstattet wird, muss dieser nachgegangen werden. Das Legalitätsprinzip verpflichtet die Polizei, bei einem Anfangsverdacht Ermittlungen aufzunehmen. Zu dem einzelnen Verfahren kann ich mich nicht äußern. Da müssen Sie die verantwortliche Staatsanwaltschaft fragen. Unabhängig davon habe ich eine Führungsinformation angefordert, um mir selbst ein Bild zu machen und sowohl Sachverhalt als auch Maßnahmen bewerten zu können. 

Ist inzwischen ein Disziplinarverfahren gegen den in erster Instanz wegen Notrufmissbrauchs verurteilten Beamten eingeleitet worden?
Sie wissen doch, dass ich mich zu Einzelpersonalien nicht äußern kann. Aber klar ist: Ich dulde kein extremistisches Gedankengut in den Berliner Sicherheitsbehörden. Links- oder Rechtsextremisten bringen Kolleginnen und Kollegen der Feuerwehr, der Polizei und des Verfassungsschutzes in Misskredit und untergraben das Vertrauen in den Rechtsstaat. Wer sich nicht zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung bekennt, kann auch nicht für sie eintreten und hat in unseren Sicherheitsbehörden nichts zu suchen. Wir gehen mit aller Entschlossenheit gegen jede Form von Extremismus, Rassismus und Antisemitismus in den Sicherheitsbehörden vor. 

Kritiker sprechen von einem Polizeiproblem – Menschen, die sich gegen Rechts engagieren, würden kriminalisiert, Rechtsextreme würden sanft behandelt. Was entgegnen Sie?
Meine Linie ist klar: Ich kämpfe selbst gegen Rechtsextremismus und unterstütze Menschen, die sich im rechtlichen Rahmen ebenfalls dagegen engagieren. Ich betone daher noch einmal: Ich dulde kein extremistisches Gedankengut in den Sicherheitsbehörden.

Seit April 2021 untersucht eine polizeiinterne Ermittlungsgruppe „Zentral“ des Landeskriminalamtes Verbindungen von Polizisten zu rechtsextremistischen Kreisen und Straftaten und hat bisher mehr als 100 Fälle bearbeitet. Der Berliner Verfassungsschutz und das LKA haben seit März 2020 ein gesondertes Melde- und Auskunftsverfahren zu rechtsextremistischen Verdachtsfällen in Sicherheitsbehörden etabliert. Es gibt außerdem Studien auf Bundes- und Landesebene, die die Haltung, Motivation und Einstellung von Polizeibeamtinnen untersuchen. Die Polizei Berlin ist keine Blackbox, sondern hat sich schon seit Jahren diesen Forschungen gegenüber geöffnet. 

Offenbar sind sogenannte Pressedelikte beim Staatsschutz des LKA angesiedelt. Wir als Presse finden es – mit Verlaub – etwas schwierig, dass das Dezernat für politisch motivierte Kriminalität von links uns als Beschuldigte anschreibt. Ist das der richtige Umgang?
Ich erwarte mir von der Polizei Berlin eine Sensibilität im Umgang mit Journalisten und Medienvertretern. Zu der Frage, was besser gemacht werden kann, habe ich mich bereits mit der Polizei Berlin ausgetauscht. Wir sind uns einig, dass in solchen Fällen ein Anschreiben mit der Dienststellenbezeichnung LKA 52 Linksextremismus unsensibel ist. Das wird behoben.

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