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Zum jüdischen Chanukkafest wird jeden Abend eine Kerze des achtarmigen Leuchters angezündet.

© imago images/Shotshop/valentyn semenov via www.imago-images.de

Berliner Spendenaktion für israelische Grundschule: „Wir glauben, ohne Schule gibt es keine Zukunft“

Im Rahmen von Chanukka wurde in der Kreuzberger Synagoge am Fraenkelufer Geld für eine israelische Grundschule gesammelt. Auch nach dem Lichterfest werden die Mittel dort dringend gebraucht.

Nach dem Terrorangriff der radikal-islamistischen Hamas am 7. Oktober hat sich in der Merhav-Grundschule in Israel einiges geändert. In der kleinen Siedlung Sde Tsvi, die sich etwa 30 Kilometer östlich von Gaza befindet, beschützen Panzer den Eingang des Schulgeländes.

Immer noch werden Raketen aus Gaza abgefeuert und der Luftschutzbunker in der Schule sei nicht groß genug für alle Schüler:innen. Deswegen würde etwa die Hälfte der Kinder über Videocalls unterrichtet – aus Sicherheitsgründen. Das berichtet Nickolai Todorov. Er ist Mitglied in der Kreuzberger Synagoge am Fraenkelufer, wohnt seit 19 Jahren in Berlin und ist im ständigen Kontakt mit seiner Cousine, deren Kinder die Merhav-Grundschule besuchen.

Die Situation vor Ort sei angespannt: „Einige Eltern haben ihren Job verloren und können das Schulgeld nicht mehr zahlen“, sagt Todorov. Auch Angehörige der Lehrer:innen und Eltern seien direkt von den Angriffen betroffen, es habe mindestens einen Todesfall gegeben.

Die Schule hat deswegen über die Online-Plattform IsraelGives die Spendenaktion „Help Save our School“ gestartet. Über Todorov und seine Familie hat auch Nina Peretz von der Synagoge in Kreuzberg davon erfahren und kurzerhand vorgeschlagen, an Chanukka Geld für die Schule zu sammeln. An Erew Chanukka, dem ersten Tag des Lichterfestes, konnten Besucher:innen gegen Spenden jüdische Kunst und Bücher erwerben, berichtet die Vorsitzende der Freunde der Synagoge Fraenkelufer e.V.

Gedämpfte Stimmung beim Gottesdienst

Der Tag der Spendenaktion war auch der Tag, an dem das erste Licht der Chanukkia, so heißt der achtarmige Leuchter, angezündet wurde. In der Synagoge hatten sich laut Peretz mehrere hundert Menschen zum Gottesdienst versammelt. Sie erzählt, dass die Stimmung gedämpft war: „Man kann gerade nicht unbeschwert feiern. Alle sind in Gedanken bei den Menschen, denen es nicht gut geht.“ Am Zaun der Synagoge hängen steckbriefartige Vermisstenanzeigen, die den von der Hamas Verschleppten ein Gesicht geben.

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„Trotzdem ist es wichtig, dass man die Rituale begeht“, sagt Peretz. Mit dem Lichterfest, das dieses Jahr vom 7. bis 15. Dezember stattfindet, wird an wichtige jüdische Ereignisse erinnert wie an die Wiedereinweihung des Jerusalemer Tempels. Die letzte, achte Kerze der Chanukkia wird am 14. Dezember angezündet, denn im Judentum beginnt ein neuer Tag schon am jeweiligen Vorabend.

Neben den Kerzen gehört öliges Essen zu dem Ritual

Ein weiteres Ritual ist das Essen: Sufganiyot – ein in Öl gebratenes Gebäck aus Hefeteig, das an Berliner Pfannkuchen erinnert. Die Kerzen an Chanukka und die öligen Speisen haben eine Bedeutung, so Peretz: „Nach der Wiedereroberung des Tempels war für das wieder entzündete Licht nur Öl für zwei Tage da. Doch dann hat das Öl für den Leuchter acht Tage gereicht.“

An Chanukka geht es um Hoffnung, Wunder und um Licht in der Dunkelheit.

Nina Peretz,  Vorsitzende der Freunde der Synagoge Fraenkelufer e.V. 

Die Menschen und Familien, die zahlreich in die Synagoge gekommen waren, suchten gerade Halt in der jüdischen Community, sagt Peretz. „Wir feiern mit den Kindern und versuchen, es für sie möglichst fröhlich zu gestalten.“ Das sei nicht einfach, aber an Chanukka gehe es um Hoffnung, Wunder und um Licht in der Dunkelheit.

Ein Hoffnungsschimmer

Nickolai Todorov, Mitglied in der Kreuzberger Synagoge am Fraenkelufer, hat sich für die Spendenaktion der israelischen Merhav-Grundschule im Negev eingesetzt. Die Kinder seiner Cousine sind dort Schüler.
Nickolai Todorov, Mitglied in der Kreuzberger Synagoge am Fraenkelufer, hat sich für die Spendenaktion der israelischen Merhav-Grundschule im Negev eingesetzt. Die Kinder seiner Cousine sind dort Schüler.

© privat

Für Todorov war die Spendenaktion ein Hoffnungsschimmer. „Ich war sehr gerührt, dass die Synagoge das gemacht hat und die Menschen so hinter uns stehen“, sagt er. Das Spendenziel liegt bei 200.000 Dollar, mehr als 15.000 sind schon zusammengekommen. Mit dem Geld sollen Lehrer:innen unterstützt werden, die von den Terrorangriffen direkt betroffen sind, temporär sollen auch neue Lehrkräfte gefunden werden.

15.000
Dollar an Spenden sind bereits zusammengekommen

Außerdem sollen alle Kinder, deren Eltern das Schulgeld nicht mehr zahlen können, die Chance bekommen, zu ihrem sicheren Ort – der Schule – zurückzukehren, ihre Freund:innen zu treffen und sich normal zu fühlen. „Für die jüdische Kultur ist Ausbildung echt wichtig. Wir glauben, ohne Schule gibt es keine Zukunft“, sagt Todorov. Für mehr Licht in der Dunkelheit kann immer noch gespendet werden, auch über Chanukka hinaus.

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