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Vor dem Abgeordnetenhaus demonstrieren mehrere Initiativen gegen die Kürzungen.

© Robert Kiesel

Update

CDU und SPD korrigieren eigenen Entwurf: Viele Kürzungen im Gesundheitsbereich in Berlin abgewendet

Auf Antrag der Koalitionsfraktionen wurden geplante Einsparungen zurückgenommen. Die Zukunft der Schwangerschaftskonfliktberatung bleibt offen.

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Nach zum Teil heftiger Kritik an geplanten Kürzungen im Bereich der Gesundheitspolitik sind diese in großen Teilen zurückgenommen worden. Im von Protesten begleiteten Gesundheitsausschuss wurden am Montag auf Antrag von CDU und SPD unter anderem die Kürzungen bei der medizinischen Versorgung von Obdachlosen, der Straßenambulanz am Zoologischen Garten oder dem Einsamkeitsprojekt Silbernetz zurückgenommen. Für die Jahre 2024 und 2025 wurden zusammen knapp vier Millionen Euro zugunsten kleinerer Projekte umgeschichtet.

Kassiert wurden unter anderem die im Senatsentwurf für den Doppelhaushalt 2024/25 vorgesehenen Kürzungen beim ohnehin überlasteten Drugchecking-Projekt. Als weitestgehend gesichert gilt darüber hinaus die Finanzierung der zum Integrierten Gesundheits- und Pflegeprogramm zählenden Beratungsstellen und HIV-Schwerpunktpraxen, die medizinische Testangebote für HIV und Hilfe bei Aids und anderen sexuell übertragbaren Krankheiten anbieten.

Zu Beginn der Sitzung hatten Abgeordnete von Grünen und Linke erneut scharfe Kritik am Haushaltsentwurf der schwarz-roten Koalition geübt. Catherina Pieroth, gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, sprach von „Kürzungen nach dem Rasenmäherprinzip“ und „existenziellen Bedrohungen für Projekte“.

Linke-Amtskollege Tobias Schulze warnte vor hohen Risiken für die Versorgungslandschaft und Angebote im Land. Vor dem Hintergrund der inflationsbedingt steigenden Kosten sagte Schulze: „Wir müssen über Inflationsausgleiche sprechen, weil selbst bei Erhalt des Status Quo das Angebot reduziert werden muss.“

Gesundheitssenatorin Ina Czyborra (SPD) verfolgte die Ausschusssitzung zum größten Teil schweigend.

© imago/Emmanuele Contini/IMAGO/Emmanuele Contini

Kritische Töne kamen selbst aus der Koalition. Sowohl CDU-Gesundheitssprecher Zander als auch SPD-Amtskollegin Bettina König verteidigten die zahlreichen Änderungsanträge der Koalition, um Einsparungen zu verhindern. Von „harten Auseinandersetzungen im Senat“ sprach König und betonte, dass unter anderem die Arbeit der Beratungsstellen auskömmlich finanziert sein müsse. „Hier darf nicht gekürzt und nicht gespart werden“, sagte König. Gesundheitssenatorin Ina Czyborra (SPD) schwieg dazu.

Wir werden auch in Zukunft mit den zur Verfügung gestellten Geldern Personen abweisen müssen.

Raphael Schubert, Geschäftsführer der Fixpunkt gGmbH

Raphael Schubert, Geschäftsführer der Fixpunkt gGmbH, einem der drei Träger, die das Drugchecking in Berlin durchführen, begrüßte die Abwendung der zunächst vorgesehenen Kürzungen. „Wir verpassen aber die Möglichkeit, ein Projekt, das deutschlandweit für positives Aufsehen gesorgt hat, auszubauen und zu festigen“, sagte Schubert dem Tagesspiegel.

Er ergänzte: „Leider werden wir auch in Zukunft mit den zur Verfügung gestellten Geldern Personen abweisen müssen, da die Beratungs- und Testungsressourcen nicht ausreichen.“

Streit um Schwangerschaftskonfliktberatung geht weiter

Nicht gelöst ist der Konflikt um die von Kürzungen bedrohte Schwangerschaftskonfliktberatung – einer per Gesetz vorgeschriebenen Pflichtaufgabe. Dieser steht auch weiterhin eine Million Euro pro Jahr weniger zur Verfügung als bislang. Ändert sich daran nichts, dürfte die zuletzt durch den Paritätischen Wohlfahrtsverband offengelegte Unterversorgung der Beratungsstellen künftig noch größer werden.

Bezogen darauf kündigte SPD-Gesundheitsexpertin König eine Lösung im Hauptausschuss an. Ihren Angaben zufolge sollen die Beratungsstellen künftig über einen eigenen Haushaltstitel abgesichert werden sollen. Dass die Beratungsstellen ihrem gesetzlich verankerten Auftrag wegen fehlender Mittel schon jetzt nicht nachkommen können, „finden wir als Koalition nicht akzeptabel“, sagte König.  

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