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 Blick auf ein Schild mit der Aufschrift «2er-Zimmer» in einer Unterkunft für Geflüchtete (MUF) in Berlin.

© dpa/Hannes P Albert

„Das wird ein Marathon“: Berlin will in diesem Jahr 30 neue Flüchtlingsunterkünfte errichten

Der neue Präsident des Flüchtlingsamts setzt auf kleinere Unterbringungen statt Großunterkünfte. Vor allem zwei Gebäudeformen sind im Fokus.

Das Land Berlin will im aktuellen Jahr 30 neue Standorte zur Unterbringung Geflüchteter errichten. Das teilte Mark Seibert, neuer Präsident des Landesamts für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF), am Donnerstag auf einer Pressekonferenz zum Jahresauftakt mit. „Unser Ziel ist es, im Laufe des Jahres den Weg zu gehen, aus der Notunterbringung rauszukommen“, sagte Seibert.

Man wolle die Unterbringung in den Notunterkünften auf den ehemaligen Flughafengeländen in Tegel und Tempelhof sowie in Hotels reduzieren und die geflüchteten Menschen stattdessen in „qualitätsgesicherten Unterkünften“ unterbringen.

„Das wird ein Marathon“, sagte der LAF-Präsident. Die ganze Stadt werde dafür einen langen Atem brauchen. Seibert machte deutlich, dass die Erreichung des Ziels auch von einem ungewissen Faktor abhängt: der Anzahl der Geflüchteten, die dieses Jahr kommen werden. „Die kommenden Zugangszahlen sind schlussendlich entscheidend darüber, wie schnell wir die Notunterkünfte werden leerziehen können.“

26.793
Asylsuchende sind im vergangenen Jahr nach Berlin gekommen; 16.762 sind geblieben.

Im vergangenen Jahr kamen insgesamt 26.793 Asylsuchende nach Berlin, von denen 63 Prozent, 16.762 Personen, auch in Berlin blieben. Die anderen wurden auf weitere Bundesländer verteilt. Insgesamt lag der Asylzuzug damit 14 Prozent über dem Vorjahr.

Die häufigsten Herkunftsländer waren Türkei, Syrien, Afghanistan, Moldau und Georgien. Aus der Ukraine wurden 15.144 Geflüchtete in Berlin registriert – deutlich weniger als noch 2022, als über 68.000 Ukrainer in Berlin ankamen. 846 weitere Geflüchtete kamen 2023 über sogenannte Sonderaufnahmeprogramme in die Stadt.

Erst seit zwei Wochen im Amt: Mark Seibert, hier in der Mitte, ist neuer Präsident des Landesamtes für Flüchtlingsangelegenheiten.
Erst seit zwei Wochen im Amt: Mark Seibert, hier in der Mitte, ist neuer Präsident des Landesamtes für Flüchtlingsangelegenheiten.

© dpa/Hannes P Albert

Derzeit leben insgesamt knapp 40.000 geflüchtete Menschen in LAF-Unterkünften. In der Großunterkunft in Tegel sind davon etwa 4500 Menschen untergebracht, auf dem Gelände des ehemaligen Flughafens Tempelhof sind es 1330. Hinzu kommen knapp 2300 Personen in Hotel- oder Hostelzimmern. Über 8000 Menschen leben damit in prekären Unterkünften, die in der Fachsprache als nicht „qualitätsgesichert“ bezeichnet werden, in denen also etwa die Vorgaben zu Quadratmeterzahlen nicht eingehalten werden können.

20 Wohncontainer-Anlagen und zehn modulare Unterkünfte für 2024 geplant

Damit es gelingen kann, die Belegung der Notunterkünfte zu verringern, braucht das Land neue reguläre Plätze. Insgesamt sollen dieses Jahr 20 weitere Wohncontainer-Anlagen entstehen sowie zehn neue modulare Unterkünfte für Flüchtlinge (MUF). Diese Unterkünfte werden aus vorfabrizierten Beton-Modulen errichtet und können so im Idealfall deutlich schneller gebaut werden als herkömmliche Gebäude.

In einer solchen Unterkunft hatte Seibert am Donnerstag zum Gespräch geladen. Graue Fassade mit roten Balkonen, davor ein neuer Holzspielplatz: Das neue MUF in der Quedlinburger Straße in Charlottenburg wird ab April Platz für 570 Geflüchtete bieten. Auf dem Gelände wird es einen städtischen Kindergarten geben, den auch Kinder aus der Nachbarschaft besuchen können. Hinzu kommt ein Nachbarschaftscafé. Seibert setzt darauf, dass von der neuen Wohnanlage der ganze Kiez profitiert.

Es wird nicht Ende des Jahres den einen Zeitpunkt geben, wo wir sagen können: Wir haben es geschafft. Aber wir werden eine deutliche Verbesserung der Situation für die Menschen erreichen.

Mark Seibert, Präsident des Landesamts für Flüchtlingsangelegenheiten

Auch wenn MUF eigentlich in bis zu zwei Jahren im Turbo-Gang gebaut werden sollen, hat es hier länger gedauert. 2017 gab es die ersten Pläne, dann mussten auf dem ehemaligen Industriegelände kontaminierte Altlasten aus dem Boden geholt werden. Das Beispiel zeigt, warum es im Einzelfall oft länger dauert, als in der Theorie angenommen. Drei bereits für das Vorjahr angekündigte MUF können erst dieses Jahr bezogen werden, insgesamt entstehen fünf Neubauten mit rund 2300 Plätzen. „Das hört sich nach einer kleinen Zahl an, ist aber in Wirklichkeit eine Sensation“, sagte Seibert.

Hinter jeder Fläche stecke ein Nutzungskonflikt. Das präge auch die Verhandlungen mit den Bezirken. Seibert sieht aber hier eine positive Veränderung: Inzwischen sei in der ganzen Stadt angekommen, dass man die Herausforderung nur gemeinsam bewältigen könne.

Mit Blick auf das Ziel in diesem Jahr warnte er aber auch vor überhöhten Erwartungen: „Es wird nicht Ende des Jahres den einen Zeitpunkt geben, am 15. Dezember oder so, wo wir sagen können: Wir haben es geschafft. Tegel ist leer, Tempelhof ist leer.“ Das werde nicht klappen. „Aber wir werden eine deutliche Verbesserung der Situation für die Menschen erreichen.“

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