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Franziska Giffey, nachdem sie von den Wahlergebnissen für die SPD erfahren hat.

© REUTERS / Fabrizio Bensch

Das Ringen ums Rote Rathaus hat begonnen: Kann Franziska Giffey mit 105 Stimmen Vorsprung vor den Grünen regieren?

Die CDU will SPD und Grünen Gespräche anbieten und eine „Kultur des Vertrauens“ suchen. Doch die Sozialdemokraten hoffen noch, eine Koalition mit Linken und Grünen anzuführen.

Wer könnte mit wem regieren? Und vor allem: Wer will mit wem? Sicher ist: Keiner kann es allein. Deswegen sind die Parteien, die bis Sonntag noch in einem erbitterten Wahlkampf steckten, jetzt aufeinander angewiesen. Das Ringen ums Rote Rathaus hat begonnen. Die CDU als eindeutiger Wahlsieger möchte dort einziehen, ihr Spitzenkandidat Kai Wegner regieren. Er kündigte am Wahlabend an, Gespräche sowohl mit der SPD als auch mit den Grünen führen zu wollen.

Zwei Zweierbündnisse sind möglich: Schwarz-Grün und eine sogenannte große Koalition von CDU und SPD. „So, wie es zurzeit aussieht, gibt es zwei mögliche Zweierkoalitionen: Schwarz-Rot und Schwarz-Grün“, sagte Wegner dem Tagesspiegel. „Wir werden beiden Parteien völlig ergebnisoffene Gespräche anbieten. Dort wollen wir sehen, ob wir eine Kultur des Vertrauens finden.“

Eine Kultur des Vertrauens zu finden, das dürfte nach so manchen während des Wahlkampfs getroffenen Aussagen nicht einfach werden. Zumindest dürfte eine hohe Bereitschaft erforderlich sein, Kompromisse einzugehen und von Maximalforderungen abzurücken.

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Im Wahlkampf hatte Wegner mehrfach deutlich gemacht, dass er zumindest für ein Bündnis mit den Grünen große Hürden sehe. „Was die Grünen und Frau Jarasch im Wahlkampf fordern, gerade auch in der Verkehrspolitik, ist mit mir nicht zu machen. Punkt“, hatte der CDU-Politiker gesagt. Diese Haltung bekräftigte er am Wahlabend.

Auch einem möglichen Bündnis von CDU und SPD dürften schwierige Gespräche vorausgehen. Viele im eher links geprägten SPD-Landesverband haben insbesondere das Agieren der CDU rund um die Vorfälle in der Berliner Silvesternacht scharf kritisiert. Unter den Mitgliedern heißt es, dass gerade die Vornamensabfrage zu den Tätern von Silvester eine Zusammenarbeit mit der CDU fast unmöglich mache.

SPD nur 105 Stimmen vor den Grünen

Die noch amtierende Regierende Bürgermeisterin und SPD-Landesvorsitzende Franziska Giffey äußerte am Wahlabend Hoffnungen, das Rote Rathaus halten zu können.

Auf dem Wahlabend ihrer Partei im Festsaal Kreuzberg wurde sich von den Anwesenden an dieser Option wie an einem Strohhalm festgehalten: Wenn die SPD nach der Auszählung auf Platz zwei stünde, dann wolle man mit dem rot-grün-roten Bündnis weitermachen, hieß es dort. Das sei auch trotz des deutlichen Sieges der CDU denkbar.

Nach Ende der Auszählung kurz nach Mitternacht stand fest: Die SPD landet denkbar knapp vor den Grünen, mit gerade einmal 105 Stimmen Vorsprung. Damit wäre ein rot-grün-rotes Bündnis weiter rechnerisch möglich. Ob das aber tatsächlich nach dem insbesondere für die SPD schlechten Ergebnis haltbar ist, dürfte fraglich sein.

Giffey selbst hatte am Wahlabend gesagt, dass das Ergebnis deutlich mache, dass die Berlinerinnen und Berliner nicht zufrieden seien. „Sie wünschen sich etwas anderes“, sagte Giffey. Sie warf aber auch folgende Frage auf: „Wer wird einen anderen Weg einschlagen können als ein CDU-geführtes Landesbündnis?“

SPD und Grüne leisteten sich am Wahlabend bis zum Schluss ein Kopf-an-Kopf-Rennen um den zweiten Platz hinter der CDU. Grünen-Spitzenkandidatin Bettina Jarasch hatte am frühen Wahlabend ebenfalls Ansprüche auf das Rote Rathaus erhoben. Am liebsten sei ihr, die bisherige Zusammenarbeit fortzuführen, „unter Führung der Grünen“, sagte sie. Bereits während des Wahlkampfs hatte Jarasch die Weiterführung der bisherigen Koalition unter veränderter Führung mehrfach als ihre Wunschkonstellation genannt.

Neben den zwei möglichen Zweierbündnissen sowie einer neuen Auflage der alten Koalition hätte auch ein weiteres Bündnis die Möglichkeit, zu regieren: eine Kenia-Koalition aus CDU, SPD und Grünen.

Wahlbeteiligung liegt bei knapp 62 Prozent

Wer es auch wird, dem neuen Regierenden oder der neuen Regierenden steht zumindest keine Debatte über eine schwache Legitimation bevor. Anders als befürchtet kam es nicht zu einer historisch niedrigen Wahlbeteiligung. Sie lag bei 63,1 Prozent.

Landeswahlleiter Stephan Bröchler hatte sich im Vorhinein 70 Prozent gewünscht, aber gesagt, auch mit 60 oder 65 Prozent zufrieden zu sein. 2021 war die Beteiligung mit 75,4 Prozent so hoch wie seit 1990 nicht gewesen. Damals fand aber auch zeitgleich die Bundestagswahl statt, die mehr Menschen anzieht. 2016 gingen – ohne zusätzlich stattfindende Bundestagswahl – 66,9 Prozent der Berliner zur Wahl, 2011 waren es 60 Prozent.

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