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Schritt für Schritt. In der Innenstadt haben die Fußgänger mit 35 Prozent den größten Anteil an den zurückgelegten Wegen.

© imago

Studie zur Mobilität in Berlin: Innenstadt: Hälfte aller Haushalte hat kein Auto

Der Senat stellte am Dienstag neue Ideen für Fußgänger, Rad- und Autofahrer vor. Grundlage war eine Studie der TU Dresden zur Mobilität in Berlin.

Berlin ist nicht gleich Berlin. Im Zentrum tickt die Stadt ganz anders als in der sogenannten äußeren Stadt. In der Innenstadt haben 52,6 Prozent der Haushalte kein Auto; weiter draußen sind es nur 33,7 Prozent, die ohne auskommen. In der Innenstadt sind auch wesentlich mehr Menschen zu Fuß, mit dem Rad oder mit Bahnen und Bussen unterwegs als in der äußeren Stadt, wo dagegen der Autoverkehr deutlich dominiert. Dies ergab eine Studie der TU Dresden zum Mobilitätsverhalten von 2013, zu der die Senatsverkehrsverwaltung am Dienstag weitere Einzelheiten mitteilte.

Beim Radverkehr ist die Diskrepanz am größten: In der äußeren Stadt legen die Bewohner nur 9,8 Prozent der Wege radelnd zurück, während es im Zentrum mit 18,2 Prozent fast doppelt so viele sind. Trotzdem haben die Haushalte in den Randbezirken statistisch mehr Fahrräder. Pro Haushalt sind es außen 1,5 und im Zentrum nur 1,4. Die Bewohner der äußeren Stadt nutzen das Rad wahrscheinlich weniger, weil ihre Wege in der Regel länger sind. Sie legen durchschnittlich 6,5 Kilometer zurück, während es im Innenbereich nur 4,8 Kilometer sind.

Idee von Fahrradschnellwegen

Um das Radfahren auch über längere Distanzen attraktiver zu machen, hat man die Idee von Fahrradschnellwegen entwickelt – etwa auf der Trasse der ehemaligen Stammbahn aus dem Südwesten entlang der S-Bahn-Linie S 1 bis zum Potsdamer Platz, für die sich die Zehlendorfer CDU ausspricht.

Der Fachausschuss Mobilität der SPD hat eine Trasse entlang der stillgelegten Stettiner Bahn vom Nordbahnhof über Gesundbrunnen bis Pankow vorgeschlagen, die teilweise in den Mauerweg und den Fernradweg nach Usedom integriert werden könnten. Möglich seien auch Radschnellwege auf der Trasse der früheren Industriebahn von Wittenau nach Tegel sowie auf dem alten Güteraußenring von Lichtenrade nach Großziethen und Schönefeld.

Fußgänger legen weiter Wege zurück

Für Fußgänger – in der Innenstadt haben sie mit 35,3 Prozent den größten Anteil an den zurückgelegten Wegen insgesamt – will der Senat unter anderem Übergänge an Straßen barrierefrei ausbauen. Auch Fahrbahn-Verengungen seien möglich, sagte der Sprecher der Stadtentwicklungsverwaltung, Martin Pallgen.

Zum Konzept gehörten auch Begegnungszonen wie auf der Maaßenstraße in Schöneberg. Fußgänger müssen allerdings auch immer noch häufig stehen statt zu gehen. An Ampelanlagen, die den Autoverkehr bevorzugen, beträgt die Wartezeit manchmal – gefühlt – eine Ewigkeit. Breite Straßen mit Mittelstreifen können nur selten „in einem Rutsch“ überquert werden. Allerdings hat man in den vergangenen Jahren an schmaleren Straßen das Überqueren oft durch Zebrastreifen erleichtert.

Für Autofahrer will der Senat vor allem in den Außenbereichen neue Straßen bauen. Dort liegt der Anteil des Autoverkehrs bei 35,4 Prozent, während es in der Innenstadt nur 17,3 Prozent sind. Durch den Weiterbau der A 100 vom Dreieck Neukölln zum Treptower Park und später vielleicht bis zur Storkower Straße würden Stadtstraßen entlastet, sagte Pallgen.

In den äußeren Bereichen soll die Tangentiale Verbindung Ost (TVO) Autofahrern das Fortkommen erleichtern. Sie soll Marzahn und Köpenick verbinden und parallel zum Außenring der Bahn entstehen. Allerdings ist die Trassenführung zwischen den betroffenen Bezirken und dem Senat umstritten.

Zugzwang auch beim Nahverkehr

Während andere Abschnitte schon fertig sind, gibt es für den Bereich zwischen der Märkischen Allee und der Spindlersfelder Straße noch nicht einmal ein Genehmigungsverfahren. Baustart sollte einmal 2016 sein. Jetzt ist die Rede von 2018 oder 2019. Verkehrssenator Andreas Geisel (SPD) will hier Tempo machen, steckt aber in der Zwickmühle. Als Lichtenberger Bürgermeister hatte er sich für eine andere Variante als der damalige Senat eingesetzt, dessen Linie er nun folgen müsste.

Im Zugzwang ist der Senat auch beim Nahverkehr. Der Anteil insgesamt ist seit 2008 von 24 Prozent auf 27 Prozent gestiegen. Im Zentrum beträgt er sogar 29,2 Prozent, in der äußeren Stadt sind es immerhin auch 25,8 Prozent. Dort hat die BVG vor allem beim Einführen ihres Metro-Netzes 2004 das Angebot teilweise reduziert.

Bahnen und Busse fahren häufiger

Seit vergangenem Jahr fahren Bahnen und Busse auf zahlreichen Linien aber wieder häufiger. Den Mehraufwand finanziert der Senat. Beliebig erweitern lässt sich das Angebot allerdings nicht. Der BVG fehlen bekanntlich Fahrer und Fahrzeuge. Bei der Straßenbahn hat der Fahrermangel die BVG dazu gezwungen, Fahrten im Fahrplan zu streichen.

Bei der U-Bahn fehlen vor allem für die Linien U 5 bis U 9 Züge. Jahrelang hat der Senat kein Geld für den Kauf neuer Bahnen bereitgestellt. Jetzt will die BVG sogar auf ihrer Vorzeigelinie U 55 bereits aus dem Verkehr gezogene Züge aus den 50er Jahren reaktivieren. Zudem will sie auf dem sogenannten Großprofilnetz, das für breitere Fahrzeuge ausgelegt ist, elf für das Kleinprofil (U 1 bis U 4) konzipierte Züge einsetzen, die dafür umgebaut werden müssen. Verhandlungen zum Fahrzeugkauf zwischen dem Senat und der BVG laufen derzeit.

Und die S-Bahn kann ihren chronischen Fahrzeugmangel ohnehin nicht vor 2020 beheben. Dann wird schon die nächste Mobilitätsstudie vorliegen, die alle fünf Jahre erstellt wird.

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