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2Teilnehmer der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi sowie der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) demonstrieren während einer Kundgebung auf dem Platz des 18. März.

© dpa/Soeren Stache

Update

Kitas, Schulen, Bürgerämter betroffen: Tausende Berliner Landesbeschäftigte streiken für mehr Lohn – Unterrichtsausfall

Die Gewerkschaften wollen 10,5 Prozent mehr Lohn und eine Stadtstaaten-Zulage. Dafür treten Beschäftigte in den Ausstand. In diesen Bereichen kommt es zu Einschränkungen.

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Kitas dicht, Notbetreuung in Schulen, weniger Termine in Behörden: An einem großen Warnstreik im öffentlichen Dienst in Berlin haben sich am Mittwoch nach Angaben der Gewerkschaften rund 10.000 Menschen beteiligt. Viele von ihnen zogen in einem Demonstrationszug vom Wittenbergplatz zum Brandenburger Tor, um bessere Arbeitsbedingungen und eine bessere Bezahlung zu fordern.

Dabei waren unter anderem Lehrkräfte, Erzieher aus Kitas und Schulen, Angestellte aus Senats- und Bezirksverwaltungen und aus diversen Ämtern, Feuerwehrleute und Angestellte der Berliner Polizei.

Infolge des Warnstreiks fiel an vielen Schulen Unterricht aus, Kitas blieben zu. Manche Behörden, etwa Bürgerämter, arbeiteten nur eingeschränkt. Zu dem Protest hatten die Gewerkschaften Verdi, GEW, GdP und IG Bau aufgerufen, auch in den anderen Stadtstaaten Bremen und Hamburg. 

Angesichts der Beteiligung am Warnstreik sprachen Berliner Gewerkschaftsfunktionäre von einem starken Signal an die Arbeitgeberseite, endlich ein verhandlungsfähiges Angebot zu unterbreiten. „Die Länder haben in zwei Verhandlungsrunden kein Angebot vorgelegt. Das ist eine Respektlosigkeit gegenüber den Beschäftigten“, erklärte die Verdi-Landesleiterin für Berlin-Brandenburg, Andrea Kühnemann. 

Nach Einschätzung der Landesvorsitzenden der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Martina Regulin, vergleichen sich Berliner Beschäftigte zurecht mit ihren Kolleginnen und Kollegen im öffentlichen Dienst bei Bund und Kommunen. „Dort werden gleiche Berufsgruppen besser bezahlt und arbeiten unter besseren Bedingungen“, sagte sie. „Das Land Berlin muss angesichts des Fachkräftemangels und der Inflation dringend attraktiver werden. Andernfalls werden künftig noch mehr Stellen unbesetzt bleiben.“

Harald Schaum, Bundesvize der IG BAU, verwies auf deutliche Reallohnverluste infolge höherer Lebensmittelpreise, stark gestiegener Energiekosten und Mieten. Die Tarifforderungen der Beschäftigten seien daher „nicht mehr als recht und billig“. 

Eine der Demonstrantinnen war Christina Wolf, die in einem Gesundheitsamt arbeitet. „Ich bin heute hier dabei, weil ich bessere Arbeitsbedingungen fordere“, sagte sie der Nachrichtenagentur dpa. „Wir haben zum Teil schlechte Räumlichkeiten und wir bräuchten mehr Personal. Und gehaltstechnisch wäre es auch schön, wenn man etwas besser bezahlt wird.“

Lehrerin Lydia Puschnerus sah das ähnlich. „Ich bin bei dem Streiktag dabei für bessere Bedingungen für meinen Arbeitsplatz, für meine Kolleginnen und Kollegen, aber auch für die Kinder“, sagte sie. „Natürlich fordern wir, dass das Gehalt besser wird, aber das ist nicht das Einzige. Es fängt an bei Personalausstattung. Der Beruf muss attraktiver werden. Das geht nicht nur über das Geld, sondern es braucht auch gute Ausstattung wie funktionsfähiges Wlan, weniger Papieranträge.“

Gewerkschaften fordern Stadtstaaten-Zulage

Hintergrund sind Tarifverhandlungen mit den Bundesländern über höhere Löhne für die Landesbeschäftigten. In bisher zwei Verhandlungsrunden gab es keine Einigung. Die Gewerkschaften fordern eine Erhöhung von 10,5 Prozent, mindestens aber 500 Euro mehr im Monat. Darüber hinaus sollen die Beschäftigten in den Stadtstaaten eine Zulage von 300 Euro erhalten.

Laut Verdi arbeiten in den Berliner Landesverwaltungen, den Bezirken, den Hochschulen und den Kita-Eigenbetrieben insgesamt rund 187.000 Beschäftigte. Darunter seien etwa 63.000 Beamt:innen, für die die Gewerkschaft die Übernahme eines möglichen Tarifabschlusses fordert.

„Es ist das gute Recht der Gewerkschaften, den eigenen Forderungen in Tarifverhandlungen mit Warnstreiks Nachdruck zu verleihen“, hatte Hamburgs Finanzsenator Andreas Dressel, der die Verhandlungen stellvertretend für die Bundesländer und damit auch für Berlin führt, am Dienstag gesagt.

Laut Dressel habe die Tarifgemeinschaft der Länder (TdL) angeboten, sich am Tarifabschluss zwischen den Kommunal- und Bundesbeschäftigten mit den Gewerkschaften zu orientieren. Dieser sah unter anderem eine Einmalzahlung von 1240 Euro sowie eine schrittweise Erhöhung des Lohns von zunächst 220 Euro vor.

Der Senat hat Vorsorge getroffen

Dressel sagte weiter: „Die Länderfinanzen sind extrem angespannt und wir haben viele offene Finanzierungsthemen mit dem Bund, die weitere finanzielle Risiken beinhalten.“ Die aktuellen Forderungen der Gewerkschaften würden die Bundesländer insgesamt 20,7 Milliarden Euro im Jahr kosten. „Das ist für die Länder nicht leistbar – bei aller Wertschätzung, die die Arbeit, die die Beschäftigten der Länder jeden Tag für uns als Gesellschaft tun, verdient.“

Dazu, wie hoch die Kosten für Berlin wären, machte die Senatsfinanzverwaltung am Dienstag auf Nachfrage keine Angaben. Ein Sprecher verwies lediglich darauf, dass im aktuellen Entwurf für den Doppelhaushalt eine „Vorsorge für einen möglichen Tarifabschluss getroffen“ wurde.

Zumindest die Gewerkschaftsforderung nach einer Stadtstaaten-Zulage dürfte dem Senat jedoch nicht ungelegen kommen. Berlin zahlt seinen Landesbeschäftigten bereits jetzt eine Zulage von 150 Euro im Monat. Die Tarifgemeinschaft der Länder droht dem Land deswegen mit einem Ausschluss. Die nächste Verhandlungsrunde zwischen Bundesländern und den Gewerkschaften ist Anfang Dezember geplant. (mit dpa)

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