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Anti-Pogida-Protest in Potsdam.

© Andreas Klaer

Update

Krawalle in Potsdam bei Pegida-Ableger: Nach gestopptem Pogida-Aufmarsch: Nächste Demo wohl am 20. Januar

Etwa 600 Potsdamer protestierten am Montagabend gegen einen ersten "Abendspaziergang" nach Pegida-Vorbild. Es kam zu Ausschreitungen. In zehn Tagen könnte wieder demonstriert wreden.

Nach dem gestoppten Aufmarsch will es die fremdenfeindliche Pogida in Potsdam noch einmal versuchen: Auf Facebook wird für Mittwoch, den 20. Januar, zu einem erneuten Abendspaziergang aufgerufen.

Begleitet von teils gewalttätigen Auseinandersetzungen hat Potsdam den ersten Versuch eines Abendspaziergangs nach dem Vorbild der fremdenfeindlichen Pegida-Bewegung in Dresden erlebt. Es waren rund 120 Teilnehmer gekommen, die vom Bassinplatz über die Brandenburger Straße ziehen wollten. Dazu reisten nach Schätzungen auch rund 100 Anhänger des Berliner Pegida-Ablegers Bärgida in Potsdam an, sie kamen mit zwei Bussen über das Holländische Viertel zum Bassinplatz. Ihr Motto des Abends: „Potsdam gegen die Islamisierung des Abendlandes“, abgekürzt Pogida.

Ab 19 Uhr hatten sich derweil auf der Ost-Seite des Platzes, bei der dortigen Skater-Anlage, mehr als 500 Menschen zur „Block(t)-Bassi-Party“ zu Hip-Hop-Musik zusammengefunden. Demonstranten riefen Slogans gegen wie „Pogida, Rassistenpack - wir haben euch zum Kotzen satt“.

Dann wurde die Stimmung von Minute zu Minute ungemütlicher. Zunächst bewarfen linke Aktivisten die Pogida-Anhänger mit Böllern, Flaschen und Schneebällen, diese mussten in Deckung gehen. Ebenso wurden Polizisten attackiert. Gegen 20.30 Uhr griffen Dutzende Demonstranten an der Ecke Charlotten- und Friedrich-Ebert-Straße einen weiteren Bus mit Pogida-Anhängern an und blockierten ihn, zum Teil auch mit umgeworfenen Mülltonnen. Die Polizei versuchte, den Bus zu schützen. Auch Schlagstöcke und Pfefferspray kamen dabei zum Einsatz. Der Bus musste schließlich abdrehen.

Derweil mussten die Pogida-Anhänger auf dem Bassinplatz stundenlang ausharren. Demonstrieren konnten sie nicht mehr. Erst kurz nach 22 Uhr bahnte die Polizei den Asylgegnern einen Weg durch die Gegendemonstranten. Von dort wurden die Pogida-Teilnehmer zur Abreise zum Potsdamer Hauptbahnhof geleitet. Auf dem Weg dorthin kam es immer wieder zu Auseinandersetzungen - Gegendemonstranten zerrten Bauzäune, Fahrradständer und Betonklötze auf die Straße. Auch flogen wieder Gegenstände auf die Pogida-Sympathisanten. Die Beamten antworteten erneut mit Pfefferspray und Schlagstöcken. Vereinzelt gab es Festnahmen und Verletzte durch Pfefferspray. Nach Polizeiangaben wurden sieben Beamte verletzt - fünf aus Berlin und zwei Potsdamer.

Es wird zu Sachbeschädigung, Körperverletzung und Landfriedensbruch ermittelt

Wie die Polizei in der Nacht zu Dienstag mitteilte, werde nun zu Sachbeschädigungen, Körperverletzungen und Landfriedensbruch ermittelt. Aufgrund der Proteste kam es in der Innenstadt zu erheblichen Störungen des öffentlichen Personennahverkehrs, zeitweise musste der Verkehr ganz eingestellt werden.

Die Polizei zeigte schon im Vorfeld Präsenz. Bereits gegen 18 Uhr wurden rund um die Brandenburger Straße sogenannte Hamburger Gitter aufgestellt, die allgemein zur Trennung von Personengruppen beispielsweise bei Demonstrationen verwendet werden. Man fürchtete Gewalt: So hatte der Potsdamer Arbeitskreis Antifa bereits am Sonntag mitgeteilt, in Potsdam müsse man „einer rechten Organisierung schon von Anfang an entschlossen“ entgegentreten. Das Ziel sei es, den Aufmarsch „zu einem Fiasko werden zu lassen“. Dabei erinnerte die Antifa an eine NPD-Demonstration vor Weihnachten, die „mit Blessuren für die Neonazis“ endete – den Bus der rechtsextremen Partei hatten wie berichtet Gegendemonstranten beworfen, sodass Scheiben des Fahrzeugs beschädigt wurden.

Um die gestrige Aktion hatte es im Vorfeld einiges Hin und Her gegeben. Zunächst war vor allem der Veranstalter unklar. Erst bei einer von der NPD gesteuerten Anti-Asyl-Aktion in Oranienburg (Oberhavel) hatte der Potsdamer Privatmann Christian M. öffentlich Details für den Aufzug genannt. In einem später veröffentlichen Aufruf hieß es, man wolle gemeinsam „gegen die sexuellen Übergriffe in Köln, Stuttgart, Hamburg und Berlin“ demonstrieren. Ebenso hatten sich die Starttermine und -orte der Gegenaktionen mehrfach verschoben.

Potsdam gilt als schwieriges Pflaster für Rechte

Eine derartige Aktion hat es in Potsdam bisher nicht gegeben, wie auch vom brandenburgischen Verfassungsschutz auf PNN-Anfrage bestätigt wurde. Zwar habe sich schon 2014 eine „Pegida Potsdam“-Gruppe im sozialen Netzwerk „Facebook“ gegründet, bald danach aber wieder aufgelöst. Nach Ansicht der Sicherheitsbehörde werde der Aufzug von dem inoffiziellen Pegida-Ableger „Brandenburger für Mitbestimmung und Meinungsfreiheit“ (BraMM) unterstützt – bei dem man von einer rechtsextremistischen Beeinflussung ausgehen könne, wie es vom Verfassungsschutz hieß.

Potsdam gilt seit Jahren als schwieriges Pflaster für rechte Aufmärsche. Im September 2012 hatten sich zum Beispiel rund 2500 Menschen einer Demo von einigen Dutzend NPD-Anhängern entgegengestellt und diese verhindert. Maßgeblicher Organisator der friedlichen Gegenaktionen in diesem Fall und auch bei dem aktuellen Pogida-Aufmarsch ist das Bündnis „Potsdam bekennt Farbe“, in dem Fraktionen der Stadtverordnetenversammlung, das Rathaus und zivilgesellschaftliche Organisationen wie der Stadtsportbund vertreten sind. Für 20 Uhr hatte das Bündnis zu einer eigenen Protestkundgebung am Lustgarten aufgerufen. Man wolle deutlich machen, „dass in Potsdam kein Platz ist für Rassisten“ ist, hieß es in der Ankündigung. Dort blieb es, anders als am Bassinplatz, ruhig. Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) lobte, dass Potsdam kein Pflaster für Rechte und es am Bassinplatz erneut gelungen sei, einen rechten Aufmarsch zu verhindern.

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