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Zum christlichen Träger Christburg-Campus gehören vier Schulen. 

© Christburg Campus / Nancy Jesse

Kürzungen bei Berlins Freien Schulen: „Wir werden gezwungen sein, die Elternbeiträge gegen unseren Willen zu erhöhen“

Höhere Kosten, sinkende Zuschüsse und keine Abhilfe in Sicht: Der Geschäftsführer des Schulträgers Christburg Campus beschreibt die Folgen der Berliner Privatschulfinanzierung.

Herr Noack, seit Jahren hört man nicht viel von Ihren vier Schulen. Jetzt aber schlagen Sie Alarm. Was ist passiert?
Wir haben soeben unsere Zuschussbescheide für 2023 bekommen. Zum ersten Mal seit unserem über 30-jährigen Bestehen sinken die Zuschüsse gegenüber dem Vorjahr. In einem Jahr mit stark steigenden Energiekosten und einer hohen Inflation ist das ein Problem.

Warum sinken die Zuschüsse denn?
Die Berechnungen sind kompliziert. Kurz gefasst kann man sagen: Dadurch, dass es an öffentlichen Schulen immer mehr offene Lehrerstellen gibt und gleichzeitig die Klassen immer voller werden, sinkt die Schüler-Lehrer-Relation, die ein wesentlicher Faktor der Finanzierung freier Schulen ist.

Wie viel Geld fehlt Ihnen im Christburg Campus für 2023?
Die Zuschüsse sinken gegenüber 2022 um über ein Prozent, für unserer Schule in Hellersdorf sogar über 1,5 Prozent.

Das klingt nicht gerade viel.
Bei uns sind das immerhin rund 90.000 Euro, mit denen wir fest gerechnet hatten. Das ist aber noch nicht alles, denn außerdem fehlen gegenüber 2022 noch rund 250.000 Euro aufgrund der absehbaren Kostensteigerungen bei den Energiekosten und bei den Verbraucherpreisen.

Was bedeutet das für Ihre Schulen?
Jede Maßnahme, die nicht absolut notwendig ist, wird auf den Prüfstand gestellt. Wir werden mit aller Kraft versuchen, dass davon möglichst wenig bei unseren Schülerinnen und Schülern und bei unseren Lehrkräften zu spüren sein wird und daher stattdessen zunächst andere Einsparpotenziale heben. Sollten die Zuschüsse auch weiterhin rückläufig sein, dürfte das jedoch nicht lange reichen.

Leider wird die Sozialstruktur der Schülerschaft an einer freien Schule bisher überhaupt nicht bei der Finanzierung berücksichtigt.

Dirk Noack, Geschäftsführer

Welche Möglichkeiten haben Sie sonst?
Nicht viele, denn die öffentlichen Zuschüsse decken ohnehin nur etwa 70 Prozent unserer Kosten. Den Rest müssen wir durch Elternbeiträge oder eigene Anstrengungen erbringen. Diese rund 70 Prozent kommen dadurch zustande, dass das Land Berlin den Schulen in freier Trägerschaft 93 Prozent der vergleichbaren Personalkosten einer öffentlichen Schule überweist. Es trägt aber keinerlei Sachkosten. Von der Instandhaltung bis zur Energie müssen wir also alles selbst tragen. Wenn die Zuschüsse weiter sinken, werden wir gezwungen sein, unsere Schulgelder – gegen unseren Willen – zu erhöhen.

Zwei Ihrer Schulen haben überdurchschnittlich viele einkommensschwache Familien. Was bedeutet eine Schulgelderhöhung für sie?
Gerade für diese Familien wäre eine Schulgelderhöhung in einer Zeit stark steigender Lebenshaltungskosten sehr schwierig. Leider wird die Sozialstruktur der Schülerschaft an einer freien Schule bisher überhaupt nicht bei der Finanzierung berücksichtigt. Der Zuschuss ist immer gleich, unabhängig davon, ob es viele Empfänger von Transferleistungen oder viele Millionäre unter den Eltern gibt. Das ist sozial ungerecht. Daher fordert die Arbeitsgemeinschaft der freien Schulen einen Schulgeldersatz für einkommensschwache Schüler. Das steht auch so im Koalitionsvertrag, muss aber erstmal umgesetzt werden!

Die stark steigenden Kosten wird das aber kaum ausgleichen können.
Stimmt. Die aktuelle Situation zeigt, dass die Finanzierung dringend auf neue Beine gestellt werden muss. Es kann nicht sein, dass Sachkosten bei der Finanzierung komplett ausgeklammert werden. Wir haben deshalb schon vor einiger Zeit eine Vollkostenfinanzierung – analog zur Kitafinanzierung – vorgeschlagen. Dafür müssen aber Gesetze geändert werden, und das braucht Zeit, die wir nicht haben.

Was folgt daraus?
Daraus folgt, dass uns mit einer Sofortmaßnahme geholfen werden muss. Eine Möglichkeit wäre, dass wir wieder 97 Prozent der vergleichbaren Personalkosten bekommen – wie bis 2003. Damals wurde der Prozentsatz auf 93 Prozent abgesenkt. Das passierte im Rahmen der damaligen drastischen Kürzungen wegen Berlins Sparpolitik. Diese harten Einschnitte wurden allgemein zurückgenommen – aber nicht für die freien Schulen. Darunter leiden wir bis heute.

Im Herbst stehen Tarifverhandlungen an. Es wird mit hohen Abschlüssen gerechnet. Damit sollten die Zuschüsse auch bei Ihnen steigen, da sie an die Personalkosten des öffentlichen Dienstes gekoppelt sind.
Leider nicht sofort: Damit sich Steigerungen im Tarifvertrag der Länder bei uns im Folgejahr auswirken, muss ein neuer Tarifvertrag bis zum 30. November rechtskräftig sein. Das werden die Tarifparteien wohl nicht schaffen. Somit müssten wir ein weiteres Jahr warten, bis sich die Steigerungen bei unseren Zuschüssen auswirken. Wir fordern deshalb, dass Tarifsteigerungen unmittelbar und nicht mehr abhängig von diesem willkürlichen Stichtag bei den Schulzuschüssen berücksichtigt werden. Dann könnte es im nächsten Jahr für die freien Schulen wieder entspannter werden. Andernfalls wird es noch schwieriger.

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