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Auf der Spree ist das Belüftungsschiff nur selten unterwegs.

© Doris Spiekermann-Klaas TSP

Update

Massensterben in Berliner Gewässern: Rettendes Belüftungsschiff kommt für viele Fische zu spät – wegen Verwaltungspanne

Wegen einer fehlenden Genehmigung kann das Belüftungsschiff des Senats in diesem Sommer erst später starten. Ohne zusätzlichen Sauerstoff sterben massenhaft Fische.

Das rettende Schiff kommt, aber für viele Fische kommt es zu spät: Am Freitagabend soll zum ersten Mal in diesem Jahr die „Rudolf Kloos“ ihre Bahnen durch den Landwehrkanal und den Neuköllner Schifffahrtskanal ziehen. Das tut sie seit ihrer Inbetriebnahme Mitte der 1990er-Jahre in jedem Sommer, um die praktisch stehenden Kanäle mit Sauerstoff anzureichern. Aber in diesem Jahr kann das Belüftungsschiff erst später starten, weil es wegen Formfehlern der Berliner Verwaltung zunächst keine Zulassung bekommen hatte.

Nach Auskunft von Derk Ehlert, Naturexperte der Umweltverwaltung, hängt die verweigerte Zulassung durch die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes damit zusammen, dass der flüssige Sauerstoff an Bord des Schiffs gemäß einer EU-Richtlinie als Gefahrgut gilt und die Zulassung dafür formal nicht korrekt beantragt worden sei.

Nun fahre das Schiff in dieser Saison mit einer Sondergenehmigung. Montags bis freitags sei es zwischen 22 und 6 Uhr auf den Kanälen unterwegs, in deren Wasser sich nach den Regengüssen der vergangenen Tage massenhaft Nährstoffe zersetzen.

Die Mischung aus Hausabwässern und Biomasse wie Blütenpollen ist über die innerstädtische Mischkanalisation in die Gewässer gerauscht und zehrt dort den bei Wärme ohnehin knappen Sauerstoff auf, sodass viele Fische ersticken. Nach Angaben der Berliner Wasserbetriebe liefen bei den ersten Gewittern am vergangenen Wochenende rund 80.000 Kubikmeter aus der Kanalisation über. Die Menge sei gegenüber anderen Unwettern relativ klein, aber das Wasser war nach der wochenlangen Trockenheit besonders dreckig. Bei den Gewittern in der Nacht zu Freitag seien bis zum Morgen weitere 200.000, vermutlich weniger stark belastete Kubikmeter Wasser übergelaufen.

Nach Auskunft von Ehlert wurden bis Donnerstagfrüh rund fünf Kubikmeter tote Fische eingesammelt – stadtweit, also auch in Teltow-, Westhafen- und Berlin-Spandauer Schifffahrtskanal.

Es wird mit allen zur Verfügung stehenden Booten gesucht und abgefischt.

Derk Ehlert, Naturexperte der Berliner Umweltverwaltung

„Es wird mit allen zur Verfügung stehenden Booten gesucht und abgefischt“, sagt Ehlert. Das Fischsterben sei schlimm, aber weit weniger dramatisch als in früheren Jahren. Im Dürrejahr 2018 seien acht Kubikmeter verendete Fische geborgen worden, in den 1990ern vor Inbetriebnahme der „Rudolf Kloos“ und den Umbauten in der Kanalisation teils mehr als 20 Kubikmeter.

Der Betrieb des Schiffs kostet das Land mehr als eine halbe Million Euro pro Jahr. Dass es nachts fährt, hat neben dem Vorteil der freien Strecke auch den praktischen Grund, dass die Sauerstoffsättigung des Wassers dann noch weiter sinkt: Ohne Tageslicht können die Mikroorganismen im Wasser keinen Sauerstoff durch Photosynthese produzieren.

Inwieweit das Ausmaß des Fischsterbens durch einen früheren Einsatz des Schiffs verringert worden wäre, lässt sich kaum beziffern. Nach Auskunft von Ehlert wäre es ohnehin nur wenige Tage vorher gestartet. Denn solange es nicht regnet, läuft auch der Dreck der Stadt nicht in die Gewässer.

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