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Spitzt gern zu und polarisiert: Heinz Buschkowsky, ehemaliger Bezirksbürgermeister von Neukölln.

© imago/Jakob Hoff/Jakob Hoff

Heinz Buschkowsky ist 75: Deutschlands bekanntester Bezirksbürgermeister polarisiert auch im Ruhestand

Ob zu den Silvesterkrawallen, der Wiederholung der Abgeordnetenhauswahl oder Gewalt in Freibädern: Buschkowsky wird gern gefragt und sagt auch gern seine Meinung.

Von Alexander Wenzel, AFP

Mit seiner Äußerung, dass Multikulti gescheitert sei, ist Heinz Buschkowsky einst bundesweit bekannt geworden. Am Montag wurde der ehemalige Bezirksbürgermeister von Neukölln 75 Jahre alt – und noch immer provoziert und polarisiert er. Ob zu den Silvesterkrawallen, der Wiederholung der Abgeordnetenhauswahl oder Gewalt in Freibädern: Buschkowsky wird gern gefragt und sagt auch gern seine Meinung.

Geboren wird er 1948 in Neukölln, dem Bezirk, dem er sein komplettes späteres Arbeitsleben widmet. Im Ortsteil Rudow wächst er in nach eigener Aussage recht ärmlichen Verhältnissen auf, zu viert wohnt die Familie in einer Einzimmerwohnung. Buschkowsky macht eine Ausbildung zum Verwaltungsfachwirt, arbeitet ab 1973 in mehreren Senatsbehörden und tritt im selben Jahr in die SPD ein. Sein Vorbild ist der frühere Bundeskanzler Helmut Schmidt. Seinetwegen sei er überhaupt erst in die Partei eingetreten, sagt Buschkowsky später.

14 Jahre Bezirksbürgermeister

Zu den Genossen der „Klugscheißerpartei“, wie er die Berliner Sozialdemokraten auch nennt, ist das Verhältnis jedoch nicht immer harmonisch. Als „Linkspappnasen“, „Linksspinner“ und „Kranke“ bezeichnet er diese schon mal, einige davon würden ihn gern aus der Partei werfen – doch SPD-Mitglied ist Buschkowsky noch immer, seit nun 50 Jahren.

Karriere macht er in Neukölln: Hier wird er zuerst Verordneter, dann Stadtrat, 1991 schließlich zum ersten Mal Bezirksbürgermeister. Schon im Jahr darauf muss er das Chefamt nach einem CDU-Wahlsieg wieder abgeben. 2001 kann er das Rathaus zurückerobern - 14 Jahre lang – bis 2015 – bleibt er Bezirksbürgermeister.

Er spricht soziale Probleme wie Arbeitslosigkeit, Jugendkriminalität oder die Entstehung von Parallelwelten in seinem Stadtteil, in dem viele Migranten leben, deutlich aus. Seine Aussage „Multikulti ist gescheitert“ macht ihn dabei 2004 über die Stadtgrenzen hinaus bekannt und katapultiert ihn in die deutschen Talkshows.

Seine Thesen zur - seiner Meinung nach - gescheiterten Integration fasst er 2014 in seinem Buch „Neukölln ist überall“ zusammen, womit er es in die Bestsellerlisten schafft. Kritiker werfen ihm vor, Bevölkerungsgruppen zu stigmatisieren, was der Lokalpolitiker von sich weist. Er sieht sein Handeln stattdessen als Engagement für eine bessere Integration, zu der für ihn aber auch staatliche Sanktionen gehören. „Man muss Integration einfordern“, sagt er einmal.

Neben seinen verbalen Zuspitzungen treibt er mit seiner zupackenden Art verschiedene Projekte voran, die ihm parteiübergreifend Anerkennung bringen – etwa die Stadteilmütter: Frauen mit Migrationshintergrund besuchen andere Familie zu Hause, beraten diese in Bildungs- und Sprachfragen. Buschkowsky schafft es zudem, aus der wegen Gewalt verrufenen Rütli-Schule einen Vorzeigecampus zu machen.

2015 tritt Deutschlands bekanntester Bezirksbürgermeister unerwartet aus gesundheitlichen Gründen zurück. Seine Nachfolgerin wird die bisherige Bildungsstadträtin und spätere Berliner Regierungschefin Franziska Giffey. Auch nach seinem Rückzug aus der Politik ist der SPD-Politiker, der kein Blatt vor den Mund nimmt, aber ein beliebter Talkshow- und Interviewgast.

In der „Bild“-Zeitung bekommt er eine eigene Kolumne, bei RTL macht er in einer Sendung über Hartz-IV-Empfänger mit. Hart geht er mit der Berliner Politik nach den Silvesterkrawallen ins Gericht, welche er bei Phoenix als „Höhepunkt der Fehlentwicklungen in der Stadt“ bezeichnet.

Einen von Giffey als Regierende Bürgermeisterin initiierten Gipfel zur Jugendkriminalität kritisiert er als „Laberzirkus“, die Täter als „perspektiv- und gehirnlos“. Im Wahlkampf vor der im Februar 2023 anstehenden Wiederholungswahl zum Abgeordnetenhaus unterstützt Buschkowsky die CDU, damit distanziert sich Giffeys einstiger Förderer und Ziehvater noch weiter von ihr.

Als Ruhestand empfindet der Sozialdemokrat seine jetzige Situation nicht. „Man kann sich nicht so lösen, wenn man vorher so in der Tretmühle war“, sagt er kurz vor seinem Geburtstag in einem Interview mit dem Rundfunk Berlin-Brandenburg. Von Neukölln kann er sich nach 75 Jahren aber anscheinend schon lösen – im dortigen Ortsteil Buckow wohnte er bislang mit seiner Ehefrau, nun ziehen die beiden in einen anderen Bezirk, wie er im Interview verrät.

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