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Der Trailerpark von dem Neubaugebiet.

© Robert Klages

Update

Trailerpark-Räumung in Lichtenberg geht voran: Polizei kann nicht helfen – wegen vieler Nahost-Demos

Die Räumung des Trailerparks in Berlin-Lichtenberg kommt voran. Der Bezirksbürgermeister Schaefer macht der Polizei aber schwere Vorwürfe. Die hat angeblich keine Zeit.

| Update:

Lichtenbergs Bezirksbürgermeister Martin Schaefer (CDU) wirft der Polizei vor, die beantragte Amtshilfe für die weiterhin geplante Räumung des illegalen Trailerparks in Karlshorst zu verweigern. Er habe Innensenatorin Iris Spranger (SPD) angeschrieben und um eine Erklärung gebeten, sagte Schaefer dem Tagesspiegel.

Im Raum steht nach Tagesspiegel-Informationen der Verdacht der politischen Einflussnahme auf die Polizei. Dabei soll dem Vernehmen nach auch der freigestellte Baustadtrat Kevin Hönicke (SPD) eine Rolle spielen. Immerhin hat sich sogar Sozialsenatorin Cansel Kiziltepe (SPD) eingeschaltet und Schaefer vor einer Räumung gewarnt.

„Die Gründe, warum uns die Polizei nicht unterstützt, kenne ich nicht. Ich bedauere das sehr“, sagte Schaefer dem RBB. „Es ist zum Wohl der Menschen, wenn wir dort aktiv werden. Ich kann aber auch meine Kolleginnen und Kollegen nicht ohne Polizeischutz diese Aktion vornehmen lassen.“ Deshalb will er jetzt von Spranger wissen, warum die Polizei den Einsatz ablehnt. „Ich habe natürlich jetzt auch meine Fragen an den Senat. Die werde ich auch stellen, warum wir diese polizeiliche Unterstützung nicht bekommen.“

Der Bezirk hatte für Dienstag Amtshilfe durch die Polizei beantragt. Bereits am Montag wurden ab 13 Uhr rund 30 Bewohner per Bus abgeholt und in eine Obdachlosenunterkunft in der Paul-Gesche-Straße gebracht. Für Paare gebe es dort Zwei-, für Singles Einbettzimmer, hieß es. Am Abend waren fast alle Bewohner in Unterkünfte gebracht worden, auch die Tierbesitzer. Geblieben waren noch etwa fünf Menschen auf dem Trailerpark. Sie wollten am Dienstag gehen, wie es hieß.

Bezirksbürgermeister Schaefer zeigte sich zufrieden. Es seien auch zehn Plätze in einer Unterkunft in Pankow für Menschen mit Haustieren gefunden worden. Er gehe davon aus, dass bis Dienstag alle Bewohner den Trailerpark verlassen haben, sagte er am Montag. Einige von ihnen fänden auch Unterschlupf bei Freunden und Bekannten.

Schrittweise Räumung eröffnet mehr Möglichkeiten

Am Dienstag dann soll der Trailerpark geräumt werden, sofern sich der Betreiber oder bisherige Bewohner weigern. Dafür hatte das Bezirksamt die Polizei um Unterstützung gebeten, um die Nutzungsuntersagung gegen den Betreiber durchzusetzen.

Einen offiziellen Bescheid hat die Polizei dem Bezirk noch nicht zugestellt. Darin müsste die Polizei erklären, ob sie dem Ersuchen nachkommt oder ablehnt. Bei einer Ablehnung müsste die Polizei begründen, warum sie keine Amtshilfe leistet, etwa wegen rechtlicher Bedenken. Hinzu kommt: Auch der Bezirk Treptow-Köpenick lässt einen illegalen Trailerpark desselben Betreibers räumen und hat bislang keine offizielle Absage der Polizei bekommen.

Polizei hat keine Zeit – wegen der vielen Nahost-Demos

Die Polizei hat nach eigener Darstellung keine Kapazitäten für Lichtenberg – wegen der Einsatzbelastung infolge des Terroranschlags der Hamas auf Israel. Ende vergangener Woche sei Vertretern von Lichtenberg und Treptow-Köpenick bei einem Kooperationstreffen mitgeteilt worden, dass deren Ersuchen „nicht entsprochen werden kann“. Grund seien die „derzeit umfangreich laufenden polizeilichen Maßnahmen und Veranstaltungs- und Versammlungslagen, insbesondere im Zusammenhang mit dem Nahostkonflikt“. Die Polizei habe eine offizielle Rückmeldung für diese Woche angekündigt.

Den Vorwurf einer politischen Einflussnahme wies die Polizei zurück. Sie stehe zwar mit der Senatsinnenverwaltung im engen Austausch, sagte eine Sprecherin. Vorgaben für das Amtshilfeersuchen des Bezirks seien der Polizei aber „nicht gemacht worden“.

Desolate Zustände auf dem Gelände

Das Bezirksamt hatte angeordnet, dass die Bewohner das Areal bis Mitternacht verlassen müssen. Schaefer geht davon aus, dass zuletzt bis zu 70 Menschen in Containern und Wohnwagen in dem Trailerpark lebten – ohne Strom, Heizung und Wasser. Auch die Müllabfuhr wurde eingestellt, die Abwassergrube nicht mehr geleert. Der Betreiber hatte illegal Strom angezapft, deshalb wurde der Anschluss gekappt. Die hygienischen Verhältnisse auf dem Areal sind desolat und menschenunwürdig, auch der Brandschutz ist nicht gewährleistet.

Sozialsenatorin Kiziltepe appellierte in ihrem Schreiben an Schaefer, den Leerzug des Trailerparks nur schrittweise vorzunehmen. Viele Bewohner seien in Sorge, nach der Räumung des Grundstücks ohne Bleibe dazustehen. Mit einer schrittweisen Räumung könnten den Menschen passgenaue Angebote gemacht werden.

Es müsse vermieden werden, dass Bewohnerinnen und Bewohner in der Kältehilfe landeten, die bereits sehr stark ausgelastet sei. Tatsächlich können Bewohner mit Tieren nicht in der Obdachlosenunterkunft unterkommen.

Auch der freigestellte Baustadtrat Hönicke hatte sich zuletzt immer in den sozialen Medien zu der Räumung geäußert und auf seine Genossen im Senat verwiesen. Hönicke war bislang als Bezirksstadtrat für den Trailerpark zuständig und plante eine Räumung bis 2024. Das Vorgehen des Bezirksbürgermeisters stellt er nun infrage. Auch eine Mehrheit der Bezirksverordnetenversammlung sprach sich gegen die Räumung aus, das Bezirksamt ist daran aber nicht gebunden.

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