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Stadtentwicklungssenator Christian Gaebler (SPD, l.), die Vorsitzende der Expertenkommission, Herta Däubler-Gmelin, und Kai Wegner (CDU), Regierender Bürgermeister von Berlin, bei der Vorstellung des Abschlussberichts der Expertenkommission „Vergesellschaftung großer Wohnungsunternehmen“.

© dpa/Wolfgang Kumm

Update

„Ich bin immer noch skeptisch“: Kai Wegner reagiert zurückhaltend auf Expertenbericht zur Vergesellschaftung in Berlin

Die Kommission hält eine Vergesellschaftung großer Wohnungskonzerne für rechtlich möglich. Der Regierende verweist bei der Umsetzung auf ein geplantes Gesetz.

| Update:

Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) hat zurückhaltend auf die Veröffentlichung des Abschlussberichts der Kommission zum Volksentscheid „Vergesellschaftung großer Wohnungsunternehmen“ reagiert. „Es ist kein Geheimnis, dass ich, was das Thema Vergesellschaftung angeht, stets skeptisch war. Ich bin es immer noch“, sagte Wegner bei der Übergabe des Berichts am Mittwoch im Roten Rathaus.

Der Senat werde sich den Bericht nun ganz genau anschauen und dann daraus Schlussfolgerungen ziehen. Weiter sagte Wegner: „Was nicht passieren darf, ist, dass wir den Neubaumotor abwürgen. Das heißt, wir brauchen auch Rechtssicherheit für Bauunternehmen und die Wohnungswirtschaft, damit wir es endlich schaffen, den Wohnungsmangel in unserer Stadt zu beseitigen.“

Was nicht passieren darf, ist, dass wir den Neubaumotor abwürgen. 

Kai Wegner (CDU), Regierender Bürgermeister

Wie berichtet, hält die Mehrheit der 13 Kommissionsmitglieder eine Vergesellschaftung großer Wohnungsunternehmen für rechtlich zulässig und verhältnismäßig. Dass sich der Vergesellschaftungsartikel 15 des Grundgesetzes auf „die anvisierten Immobilien“ beziehen lässt, ist Konsens in der Kommission; ebenso dass Berlin die Gesetzgebungskompetenz hat. Eine Vergesellschaftung wäre ein Novum in der Geschichte der Bundesrepublik. Bisher wurde der Artikel 15 im Grundgesetz noch nie angewandt.

Keine politische Bewertung des Themas

Nun sei die Politik am Zug, sagte die Kommissionsvorsitzende Herta Däubler-Gmelin (SPD) bei der Übergabe des Berichts. „Wir haben uns auf die schwierigen und verfassungsrechtlichen Fragen beschränkt und hoffen, dass wir dazu eine Reihe von Empfehlungen geben konnten. Es war nicht unsere Aufgabe, eine politische Bewertung vorzunehmen.“ Es sei auch nicht die Aufgabe gewesen, mögliche Folgerungen zu ziehen oder zu prognostizieren. „Dieses alles ist Sache der Beteiligten und selbstverständlich des Berliner Senats“, sagte die frühere Bundesjustizministerin.

SPD-Bausenator Christian Gaebler sagte, dass man nun „etwas mehr Klarheit“ habe. Gleichzeitig müsse man aber auch die unterschiedlichen Bewertungen, die in dem 150-seitigen Bericht zum Ausdruck kommen, würdigen. Diese betreffen insbesondere die Themen Verhältnismäßigkeit und Entschädigung, bei denen jeweils drei Kommissionsmitglieder ein Sondervotum abgaben.

Die Expertenkommission wurde vor mehr als einem Jahr vom damaligen rot-grün-roten Senat eingesetzt. Zuvor hatten bei einem Volksentscheid am 26. September 2021 59,1 Prozent der Wählerinnen und Wähler für die Enteignung von Immobilienunternehmen mit mehr als 3000 Wohnungen in Berlin gestimmt. Angestoßen hatte den Volksentscheid die Initiative „Deutsche Wohnen & Co. enteignen“.

Initiative „DW enteignen“ fordert schnelles Vergesellschaftungsgesetz

Die schwarz-rote Koalition hat bereits angekündigt, zunächst kein Gesetz für die Vergesellschaftung von Wohnungsunternehmen vorantreiben zu wollen. „Wir gehen jetzt in die Prüfung für ein Vergesellschaftungsrahmengesetz“, sagte Wegner am Mittwoch. Dieses soll Kriterien für die Vergesellschaftung in verschiedenen Bereichen der Daseinsvorsorge definieren. Genannt werden im Koalitionsvertrag Wasser, Energie und Wohnen. Das Gesetz soll erst zwei Jahre nach der Verabschiedung in Kraft treten, um dem Bundesverfassungsgericht die Möglichkeit für eine rechtliche Prüfung zu geben.

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Die Initiative „Deutsche Wohnen & Co. enteignen“ kritisiert dieses Vorhaben. „Die Kommission hat die Vergesellschaftung als rechtssicher bestätigt und den rechtlichen Rahmen dafür im Abschlussbericht niedergeschrieben“, sagte Constanze Kehler, Sprecherin der Gruppe. Der Senat müsse „jetzt ein Vergesellschaftungsgesetz schreiben, in dem ganz konkret drin steht, wann und wie die Immobilienkonzerne enteignet werden“.

Die Chefin des Verbands Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen, Maren Kern, hält die Vergesellschaftung großer Immobilienkonzerne trotz des Berichts „weder mit dem Grundgesetz noch der Berliner Landesverfassung vereinbar“. Für Berlin bedeuten der Bericht und das geplante Vergesellschaftungsrahmengesetz aus ihrer Sicht einen gravierenden „Zeitverlust für eine auf Neubau ausgerichtete, das Wachstum der Stadt abbildende Wohnungspolitik sowie sinkende Investitionen in den dringend notwendigen Neubau und Klimaschutz“.

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