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Geht die Rechnung der Senatorin auf?

© dpa/Julian Stratenschulte

Ärger über Kürzungspläne: Berliner Schulleiter und Eltern protestieren gegen Streichung von 300 Lehrerstellen

Alle sechs Schulleitungsverbände sowie der Landeselternausschuss wollen den Verlust von Personal zugunsten von Brennpunktschulen nicht hinnehmen. Hinter der Ankündigung der Bildungsverwaltung sehen sie andere Motive.

Berlins Schulleitungsverbände und Eltern wollen sich nicht mit der Streichung von über 300 Stellen für sogenannte Profilstunden abfinden. Am Sonnabend veröffentlichten sie einen gemeinsamen Protestbrief. Darin stellen sie auch die Argumentation von Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) infrage.

Die Senatorin hatte die Ankündigung der Stellenstreichung in einem Rundschreiben damit eingeleitet, dass dies „im Sinne der Bildungsgerechtigkeit aller Schülerinnen und Schüler und der Solidarität gegenüber den Kolleginnen und Kollegen an Schulen in besonders herausfordernder Lage“ geschehe.

Wir können nicht erkennen, wie das Streichen von Lehrkräftestellen an allen Berliner Schulen eine Verbesserung für Schulen bewirkt, die personell unterausgestattet sind.

Aus dem Protestbrief der Schulleitungen und Eltern

Genau dies können die Verbände aber nicht nachvollziehen. Im Schreiben der Senatorin werde nicht ausgeführt, wie die gestrichenen 310 Vollzeitstellen an die Brennpunktschulen umverteilt werden sollen, kritisieren sie. Zudem gingen ja auch diesen Schulen die Profilstunden verloren, die zusätzlich zur normalen Stundentafel angeboten werden.

„Solidarisches Handeln ist uns wichtig, aber wir sollten wissen, in welcher Form“, heißt es deshalb in dem Protestbrief. Unterschrieben wurde er von den Vorsitzenden der Leitungsverbände der Grund-, Sekundar-, Gemeinschafts- und Berufsschulen sowie von den Gymnasien, der Interessenvertretung der Berliner Schulleitungen (IBS) und Landeselternsprecher Norman Heise.

Die Ankündigung habe die Schulen zu einem Zeitpunkt erreicht, an dem neue Einstellungen bereits vorgenommen worden und die Einsatzplanungen für das nächste Schuljahr meist schon abgeschlossen gewesen seien.

Hier vermuten die Verbände die eigentlichen Motive der Kürzung

Daraus schlussfolgern die Verbände, dass die Streichung nur vordergründig der Umverteilung zugunsten der Brennpunkte diene. Aufgrund ihrer „langjährigen Erfahrung mit der Bildungsverwaltung“ sehen die Vorstände „nur drei mögliche Motive“: Zum einen verringere sich der Lehrkräftemangel, wenn 310 Lehrkräftestellen aus dem Bildungssystem genommen werden.

Darüber hinaus habe die Streichung ein hohes finanzielles Einsparpotenzial – während aktuell alle Senatsverwaltungen aufgefordert sind, Einsparungen vorzunehmen. Außerdem führe die Streichung der Stunden im Profilbedarf an vielen Schulen zu einem rechnerischen Überhang an Lehrkräften. Diese könnten also auf absehbare Zeit keine Einstellungen mehr vornehmen.

Auch diesmal werden die Bewerber:innen den Vorstellungen der Bildungsverwaltung nicht folgen, sondern Angebote aus Brandenburg und von Privatschulen annehmen.

Aus dem Protestbrief der Schulleitungen und Eltern

Vom dritten Punkt, so führen die Schulleitungen aus, erhoffe sich die Verwaltung offenbar „positive Effekte“ für andere Schulen, die nicht genug Lehrkräfte haben – Bewerberinnen und Bewerber sollen so umgelenkt werden. Diesen Effekt werde es nicht geben, warnen die Verbände, da die Bewerber in diesem Fall erfahrungsgemäß lieber Angebote aus Brandenburg oder von Privatschulen annehmen würden. Das war schon befürchtet worden, als Günther-Wünschs SPD-Vorgängerin ebenfalls versucht hatte, Personal umzulenken.

Die Bildungssenatorin steht unter Spardruck

Die Schulleiter fordern, die Arbeit an „Schulen in besonders herausfordernder Lage“ attraktiver zu machen, anstatt zu versuchen, durch eine „künstliche Verknappung der Einstellungsmöglichkeiten“ Menschen dorthin zu lenken. Die Streichung sei daher „zu unterlassen“.

„Ich hoffe, wir können damit eine Diskussion initiieren, dass es keine personellen Kürzungen im Bereich der Berliner Schulen gibt“, formuliert der Vorsitzende des Verbandes der Sekundarschulleitungen, Sven Zimmerschied, in seinem Anschreiben, das auch an die Fraktionen ging.

Der Spielräume von Günther-Wünsch sind allerdings klein, da sie – ebenso wie alle anderen Senatsverwaltungen – zwei Prozent ihres Etats im Rahmen der Verhandlungen zum Doppelhaushalt pauschal einsparen muss: Die Steuereinnahmen schrumpfen. Die Sparzwänge führen dazu, dass auch die Anmietung eines modernen neuen Gebäudes für die Lehrkräftebildung Probleme macht.

Die Gymnasien protestierten doppelt

Dessen ungeachtet wollen die Schulleitungen die Kürzung nicht hinnehmen. Wie groß die Empörung ist, konnte man auch daran sehen, dass über 60 Gymnasialleitungen am Donnerstag einen gemeinsamen Protestbrief an die Senatorin versandten, obwohl ihr Verband, die Vereinigung der Oberstudiendirektoren, bereits am Mittwoch eine entsprechende Mitteilung verschickt hatte.

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