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Tietze und Breitenbach

© Imago; Sandro Halank; imago/Jörg Krauthöfer; Montage: Seuffert/ Tagesspiegel

Update

Senatsgelder für Flüchtlingsverein: Berliner Ex-Staatssekretär wegen Untreueverdachts angeklagt

Der frühere Staatssekretär Daniel Tietze wird angeklagt. In der Amtszeit von Sozialsenatorin Elke Breitenbach waren 40.000 Euro an einen Flüchtlingsverein gezahlt worden – trotz interner Bedenken.

| Update:

Die Berliner Staatsanwaltschaft hat den früheren Integrationsstaatssekretär Daniel Tietze (Linke) wegen des Vorwurfs der Untreue angeklagt. Zugleich wurde ein paralleles Verfahren gegen seine ehemalige Vorgesetzte, die einstige Sozialsenatorin Elke Breitenbach, eingestellt. Das bestätigte die Justiz am Dienstag.

Zu der Anklageerhebung am Landgericht habe sich die Staatsanwaltschaft, teilte ein Sprecher mit, explizit nicht wegen der „Straferwartung“, sondern „der besonderen Bedeutung“ entschieden. Tietze war von 2016 bis 2021 unter Senatorin Breitenbach als Staatssekretär tätig, beide Politiker waren zuvor in diversen Funktionen für die Linke aktiv. Der Angeklagte soll durch eine Weisung um den Jahreswechsel 2019/20 die ihm obliegende „Vermögensbetreuungspflicht“ gegenüber dem Land verletzt haben.

40.000 
Euro Fördergelder sollen zu Unrecht ausgeschüttet worden sein.

Bei den Vorwürfen geht es um Zahlungen der Sozialverwaltung an das „Berlin hilft“-Flüchtlingsprojekt, das im Stadtteilzentrum Steglitz tätig war: Fördergeld in Höhe von 40.000 Euro soll zu Unrecht und trotz Protestes der eigenen Fachleute der Verwaltung ausgeschüttet worden sein. Ein Vorwurf lautet, der Verein habe das Geld nicht wie vorgesehen für die Vernetzung von Flüchtlingen verwendet.

Abteilungsleiterin äußert Bedenken

Der damalige Präsident des zuständigen Landesamtes für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF), Alexander Straßmeir, kritisierte die Anweisung schriftlich und weigerte sich zunächst, die Mittel an das Projekt überweisen zu lassen. Staatssekretär Tietze hat daraufhin Straßmeir, so die Anklage, nach Rücksprache mit Senatorin Breitenbach explizit zur Ausschüttung angewiesen. Und so führte das LAF die Zahlung aus. Das Amt ist eine der Senatsverwaltung nachgeordnete Behörde.

Intern schrieb damals auch eine für Innenrevision zuständige Abteilungsleiterin, es gebe Hinweise darauf, dass die finanzielle Zuwendung „nicht rechtmäßig“ sei und „die nachträgliche Bewilligung“ von Mitteln im Jahr 2020 für eine für 2019 beantragte Tätigkeit wohl unzulässig.

Senatorin gibt Anweisung am Telefon

Breitenbach soll mit dem nun angeklagten Ex-Staatssekretär während ihres Urlaubs telefoniert haben und ihm dabei „mündlich den Auftrag erteilt haben, die Auszahlung der 40.000 Euro anzuweisen“, wie die Staatsanwaltschaft mitteilt. „Ihr konnte aber nicht nachgewiesen werden, dass sie in diesem Telefonat über die verfahrensrelevanten Umstände“, also die Gründe für die Intervention Straßmeirs, „in Kenntnis gesetzt worden war“.

Christdemokrat Straßmeir war vor dem Chefposten im LAF Berliner Justizstaatssekretär. Ein zunächst auch gegen ihn geführtes Verfahren ist ebenfalls eingestellt worden.

Wie der Tagesspiegel seinerzeit berichtete, schrieb Straßmeir Ende 2019 an Tietze, er halte die erteilte Weisung „für rechtswidrig“. Der Staatssekretär schrieb einige Tage danach an den LAF-Chef: „Die Senatorin“, also Linken-Politikerin Breitenbach, nehme Straßmeirs Remonstration „zur Kenntnis“, es bleibe aber bei der Anweisung, das Geld auszuzahlen: „Bitte informieren Sie mich über die Erledigung der Anweisung. Eine Kopie des Schreibens geht an das Büro der Senatorin.“

Verdacht des Subventionsbetrugs

Im August 2021 wurde dann bekannt, dass die Staatsanwaltschaft nicht nur in der Senatssozialverwaltung ermittelte, sondern auch die Geschäftsräume des Stadtteilzentrums Steglitz durchsuchen ließ. Dabei ging es um möglichen Subventionsbetrug. Gegen die Verantwortlichen des Zentrums und von „Berlin hilft“ wird nach wie vor ermittelt.

Das Stadtteilzentrum und „Berlin hilft“ wiesen die Vorwürfe damals zurück. Breitenbach hatte nach der Abgeordnetenhauswahl 2021 als Senatorin aufgehört. Seitdem ist sie einfache Abgeordnete im Landesparlament.

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