zum Hauptinhalt
Badewiese im Park Babelsberg. Chillen, Planschen und Hinausschwimmen in die Havel, vor der Potsdamer Stadtkulisse.

© Thilo Rückeis

Stadtsafari - Sommerliche Entdeckertouren in Berlin (2): Kleine Grenzerfahrung: Von Babelsberg nach Kleinmachnow

Wo die Mauer Ost und West trennte, lässt sich heute radeln, sonnenbaden, schwimmen. Wannsee-Kette, Stahnsdorf, Albrechts Teerofen – eine Tour mit Aussicht und idyllischen Rastplätzen.

Was für ein Spaß: Anlauf nehmen und an den Badestellen des Schlossparks Babelsberg in die Havel rennen. Quer über die Uferwiesen und den Sandstrand ins aufspritzende Wasser. Und dann ein Stück hinausschwimmen, die Potsdamer Stadtkulisse am Ufer gegenüber im Blick. „Was für ein Gewinn“, sagt Marianne Stenzel (63). Seit mehr als 30 Jahren lebt sie in Babelsberg, und sie kann sich gut an den Frust erinnern, als das von Peter Josef Lenné geschaffene Gartenkunstwerk noch zum streng bewachten Grenzgebiet der DDR gehörte. „Damals durften wir zwar auf den Wiesen picknicken, aber nicht ins Wasser.“ Die Havel war tabu – „selbst bei größter Hitze“.

Der Schlosspark Babelsberg heute – ein Erholungsort wie aus dem Bilderbuch. Ein Schmuckstück von Preußens Arkadien, dieser malerischen Landschaft von Potsdam und Wannsee. In Babelsberg startet diese Radtour, die Strecke führt teils durch wieder gewonnene kleine Paradiese im Südwesten Berlins, denen die einstige „Zonengrenze“ brutal ihre Reize nahm. Wachtürme und Stacheldraht zerschnitten die Einheit.

Man fühlte sich ständig beobachtet

Der Park Babelsberg stand zwar auch zu DDR-Zeiten Besuchern offen. Und das „Kleine Schloss“ im Stil der englischen Tudor-Gotik am Ufer war schon damals ein Restaurant. Aber man fühlte sich „ständig beobachtet“, sagt Marianne Stenzel. Aufpasser liefen mit Ferngläsern herum, drängten Spaziergänger vom Wasser ab. Schließlich verlief die Grenze am Nordufer des Parks entlang, ehe sie zur Glienicker Brücke abschwenkte.

Besonders scharf bewacht war die Parkbrücke nach Klein-Glienicke hinüber. Denn das einstige Villen- und Sommerfrischedorf der Reichen und Schönen, in dem Prinz Carl von Preußen seit Mitte des 18. Jahrhunderts architektonische Blickfänge wie die Schweizer Häuser bauen ließ, war ein grenzpolitisches Kuriosum: Klein-Glienicke ragte als Ost-Enklave wie der Blinddarm der DDR ins Westgebiet von Wannsee hinein, drumherum die Mauer.

Grenze verlief in der Mitte des Griebnitzsees

Der einzige Zugang führte über die Brücke. Wer dort wohnte, brauchte einen Passierschein. Die Posten waren unerbittlich. Marianne Stenzel hat das als junge Ärztin in den siebziger Jahren erlebt. Sie wurde mit dem Rettungswagen zu einem Notfall nach Klein-Glienicke gerufen, hatte aber keinen Passierschein. „Ich durfte nicht über die Brücke“, erinnert sie sich. Die Bewacher ließen den dringend hilfsbedürftigen Patienten lieber auf einer Trage zu ihr bringen.

Wechseln wir die Seiten, von Klein-Glienicke am Nordufer des Griebnitzsees entlang auf einstiges West-Berliner Terrain. Unter alten Laubbäumen finden sich schöne Aussichtsplätze. Im Wasser ziehen die Dampfer der Sieben-Seen-Fahrt rund um Wannsee vorbei. Vor der Wende mussten die Schiffe kurz hinter der Mündung des Teltowkanals abdrehen, denn die Grenze verlief längs in der Mitte des Griebnitzsees.

Grenztruppen am Südufer stationiert

Ihren Machtanspruch demonstrierte die DDR am Südufer des Sees: Dort hatten die Grenztruppen unterhalb der herrschaftlichen Villen einen asphaltierten Weg angelegt, auf dem sie patrouillierten. Nach der Wende ließ Potsdam ihn für Ausflügler ausbauen. Doch Uferanlieger blockierten einige Bereiche, der Streit ist noch ungelöst, man kann also am Südufer nicht durchradeln.

Die nächsten Stationen – die Friedensbrücke am Ausfluss des Stölpchensees, die Söhnel Werft und der Teltowkanal etwa bis „Albrechts Teerofen“ – lagen noch auf West-Terrain. Wer in Babelsberg wohnte, kam nur bis zum S-Bahnhof Griebnitzsee , dahinter war Grenzgebiet.

Kuschelig in die DDR eingebettet

Dort schob sich neben Steinstücken auch der Weiler Albrechts Teerofen wie ein eingeschnürter West-Berliner Zipfel als Enklave aufs DDR-Gebiet. Nur über die Kohlhasenbrücker Straße und das Kremnitzufer war der Ort erreichbar. Bis heute ist Albrechts Teerofen ein stiller, abgeschiedener Winkel der Stadt mit Einfamilienhäusern, Campingplatz, Kleingärten und einer Anlage für Bogenschützen.

Der Verein „1. Berliner Bogenschützen“ übt dort bereits seit 40 Jahren direkt am Kanal. Michael Voge (53) begann auf dem Clubgelände mit 14 Jahren zu trainieren, heute ist er Vorsitzender. Als Jugendlicher fuhr er mit dem Bus Nummer 18 von Steglitz bis zur Brücke am Teltowkanal. Von dort ging’s zu Fuß weiter. Und beim Training schauten ihnen die DDR-Grenzer von ihren Wachtürmen aus zu.

Die Mauer umschloss den Übungsplatz in Sichtweite im Norden, Osten und Süden. Heute beschreibt Voge das humorvoll so: „Man hatte uns kuschelig in die DDR eingebettet.“

Hier geht's zur Tourbeschreibung

Start

Unsere etwa 28-30 Kilometer lange Tour beginnt am S-Bahnhof Babelsberg (1).

Im Park

Wir verlassen den Bahnhof zur Rudolf-Breitscheid-Straße hin und folgen ihr nach links bis zur kreuzenden Straße Alt Nowawes. Dort rechts einbiegen und auf der Straße bleiben bis zum Eingang des Schlossparks am einstigen Gärtnerhaus. Nun dem Parkweg folgen, der im weiten Bogen zumSchwimmbad an der Havel führt.

Von dort geht es weiter zum Café- Restaurant „Kleines Schloss“ (3), geöffnet Dienstag bis Sonntag, 11 bis 18 Uhr. Dort sitzt man wunderbar ganz nah am Wasser – falls man ankommt. Denn entlang der Strecke verlocken Badewiesen zum Rasten und zum Schwimmen im Fluss. Am Ufer entlang geht es bis zur Parkbrücke (4) und von dort nach links über den Kanal zur Waldmüllerstraße in Klein-Glienicke (5). Wer lieber hier am Wasser rasten möchte, kann das im Garten des „Bürgershof“ tun (werktags ab 12, Sa., So. ab 11 Uhr).

Gleich in der Nähe, in der Waldmüllerstr. 3, ist ein schönes Schweizer Haus zu bewundern. Nun der Waldmüllerstraße zurück bis zur Wannseestraße folgen, links erst dorthin einbiegen und dann rechts in die Griebnitzseestraße.

See-Promenade
Am Straßenende beginnt die Griebnitzsee-Promenade, ein Uferweg mit schönen Ausblicken auf herrschaftliche Villen am Ufer gegenüber. Die Promenade führt zur Hubertusbrücke (6) über den Griebnitzkanal, rechts liegt dort das Wirtshaus Sankt Hubertusbaude am Wasser (täglich 11.30 bis 21 Uhr).

Die Brücke überqueren und nach wenigen Metern rechts den Waldweg nehmen, der am Ufer entlang zum Teltowkanal führt. Hier nun nach links abbiegen zum idyllischen Gasthof Söhnel Werft (7), wo man sich direkt am Kanal stärken kann (täglich 10 bis 22 Uhr).

Albrechts Teerofen

Von der Söhnel Werft geht es vor zur Neuen Kreisstraße, auf ihr überquert man den Kanal und biegt nach der Brücke links ab in die Bäkestraße. Weiter über die Machnower Straße zum „Kremnitzufer“, das am Kanal entlang zu Albrechts Teerofen (8) führt. Dort bringt uns eine Gasse nach rechts ins Dorf.

Nach der Besichtigung geht es auf dem Uferweg ein kurzes Stück weiter bis zu den Schildern „Berliner Bogenschützen e.V“ und „Kanalauenweg“. Dem Auenweg nach links folgen, die alte Brücke der einstigen Transitautobahn unterqueren ( 1969 von der DDR verlegt) und weiter zur Picknick-Wiese (9). Von dort sieht man gegenüber den „Campingplatz Dreilinden“ am gleichnamigen früheren DDR-Kontrollpunkt.

Dorfkirche und Hakeburg

Es geht weiter: Die frühere „ Friedhofsbahn“ brachte bis 1952 Särge von Wannsee zum Südwestkirchhof Stahnsdorf. Ihre rostige Brücke wird unterquert, danach geht es unter der A115 durch zur Schleuse Kleinmachnow am Stahnsdorfer Damm. Die Tour überquert ihn und folgt gegenüber der Allee am Forsthaus – mit Blick auf den Machnower See. Am Ende steht die spätgotische Dorfkirche Kleinmachnow (10). Dahinter erreicht man den Zehlendorfer Damm, folgt ihm nach links über die Friedensbrücke bis zum Portal der Hakeburg (11).

Ein Weg führt zur 1906 von der Familie von Hake erbauten Burg. Sie steht leer. Zur Nazizeit wurden dort Waffen entwickelt, die DDR nutzte die Burg als Parteischule. Ein Hotel ging nach der Wende pleite. Nun weiter auf dem Zehlendorfer Damm, dann rechts in den Wilhelm-Külz-Weg und nach links durch den Kiefern- und Erlenweg zum Seniorenheim „Augustinum“.

Über dessen Parkplatz bis zum Schild „Lieferhof“ – und dort links auf den Radweg bis zum rot-weißen Gitter. Dahinter gleich links auf den Weg am Buschgraben, zur Machnower Straße und zum S-Bahnhof Zehlendorf (12).

Abkürzen
Von der Söhnel Werft aus erreicht man rasch den S-Bahnhof Griebnitzsee.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false