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Wegen der Auseinandersetzungen um das neue Universitäre Herzzentrum Berlin musste Marcus Polle gehen.

© Kai-Uwe Heinrich

Streit um 100 Millionen Euro: Herzzentrum trennt sich von Direktor Polle

Grund ist ein Konflikt mit Finanzsenator Kollatz und die Finanzierung der Bauabschnitte des neuen Universitären Herzzentrums Berlin.

Der Stiftungsrat des Deutschen Herzzentrums (DHZB) hat sich überraschend von seinem Kaufmännischen Direktor Marcus Polle getrennt. Das erfuhr der Tagesspiegel-Newsletter Checkpoint am Mittwoch. Anlass der Entscheidung sind heftige interne Auseinandersetzungen über die Finanzierung der Bauabschnitte des neuen Universitären Herzzentrums Berlin, einer für 2020 geplanten Fusion der kardiologischen Einrichtungen von DHZB und der landeseigenen Charité.

Charité-Direktorin Astrid Lurati soll einen Konflikt um 100 Millionen Euro mit Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD) gescheut haben, Polle nicht. Stiftungsratschef Hans Maier soll den Eindruck gewonnen haben, dass mit Polle das Projekt scheitern könnte – weil Kollatz ohnehin skeptisch ist, was die Rolle des DHZB und die Rechtsform der gemeinnützigen Stiftung betrifft.

Für den Regierenden Bürgermeister und Wissenschaftssenator Michael Müller ist das neue Zentrum ein Prestigeprojekt. „Die Entwicklung des Universitären Herzzentrums geht natürlich weiter“, sagte er dem Tagesspiegel. In der Investitionsplanung habe der Senat 286 Millionen Euro vorgesehen, 100 Millionen kämen durch eine Kreditaufnahme des DHZB hinzu – die Kollatzsche Streitsumme.

Insgesamt stehen dem Herzzentrum somit knapp 400 Millionen Euro zur Verfügung. „Es ist die größte Investition am Medizinstandort Berlin seit dem Bau des Klinikums Benjamin Franklin und des Bettenhochhauses in Mitte. Wir wollen damit in der Herzmedizin an die europäische Spitze. Denn Herzerkrankungen sind nach wie vor die häufigste Todesursache.“ Die Fusion soll einen qualitativen Sprung für Patientenversorgung und Forschung bringen. 500 Betten wird das neue Herzzentrum auf dem Gelände des Virchowklinikums zählen.

Die Entscheidung wird weitgehend begrüßt

Die kurze Aufregung um die Entlassung wird unter den Medizinern, so scheint es, nicht lange anhalten, die Entscheidung von Charité wie DHZB weitestgehend begrüßt. Charité-Direktorin Astrid Lorati hatte intern bereits gesagt, sie könne Polle „wegräumen“. Im DHZB-Management selbst hatte es in den vergangenen Monaten ebenfalls diverse Konflikte gegeben, mitunter Streit über die von der Fusion betroffenen Jobs und die Besetzung künftiger Posten im gemeinsamen Herzzentrum.

Polle habe sich mit Kollegen angelegt und die geplante Neuordnung des Herzzentrum nur zögerlich unterstützt, heißt es, führende Kräfte aus dem DHZB beschwerten sich über ihn – auch beim Senat. Ein Coach wurde eingeschaltet, um zu vermitteln. In Senatskreisen sieht man vor allem in diesen Konflikten die Gründe für Polles vorzeitige Entlassung.

Trotz allem problematisch ist, das wissen sie auch in der zuständigen Senatswissenschaftsverwaltung, dass man Polle im DHZB erst zwei Tage vor seiner Entlassung informiert hat. Der Vertrag läuft eigentlich bis Ende 2020. Jetzt ist Freitag der letzte Arbeitstag. Polles Nachfolger wollen DHZB und Charité gemeinsam suchen. Eine Entscheidung, die auch in Sachen künftiger Personalpolitik wegweisend sein wird.

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