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Die neue Eisenbahnbrücke über den deutsch-polnischen Grenzfluss Oder zwischen Küstrin-Kietz auf deutscher Seite und dem polnischen Kostrzyn gilt als grenzübergreifendes Symbol für das Zusammenwachsen Europas.

© dpa/Patrick Pleul

Weiter Notverkehr mit Bussen in Küstrin: Eisenbahnbrücke über die Oder wird noch später fertig

Seit drei Jahren wird gebaut, nun verschiebt sich die Eröffnung der Carbonbrücke an der deutsch-polnischen Grenze erneut. Pendler und Ausflügler müssen weiter mehr Fahrzeit einplanen.

Im September war der Optimismus groß. Bahnchef Alexander Kaczmarek und Brandenburgs Bauminister Guido Beermann (CDU) trafen sich in Küstrin, um den Einschub der Eisenbahnbrücke über die Oder zu feiern. Ganz sicher werde die Brücke nun im Dezember 2023 fertig, hieß es. Ein Jahr Verzögerung hatte es zu diesem Zeitpunkt bereits gegeben. Doch auch dieser Termin wird gerissen.

Ein Bahnsprecher bestätigte am Dienstag auf Anfrage, dass die Brücke nicht wie geplant zum Fahrplanwechsel im Dezember eröffnet werden kann. Einen neuen Termin nannte die Bahn nicht, nur das Jahr 2024. „Den neuen Termin der Inbetriebnahme wird die Deutsche Bahn bis Ende dieses Jahres bekannt geben“, so der Sprecher. Gesperrt ist die Strecke seit Dezember 2020.

Es bleibt also bis auf Weiteres beim zeitraubenden Notverkehr mit Bussen vom deutschen Küstrin ins polnische Kostrzyn. Betroffen ist die RB26 von Berlin über die Ostbahn nach Kostrzyn. Genutzt wird die Strecke von Ausflüglern und sehr vielen Polen, die in Berlin arbeiten oder einkaufen. Sie alle müssen seit Beginn des Brückenabrisses in kleine Ersatzbusse umsteigen. Zu Beginn der Sperrung gab es viele Klagen, dass Fahrgäste keinen Platz in den Bussen fanden. So wurde extra ein Park&Ride-Parkplatz in Küstrin angelegt, wo viele Polen ihr Auto abstellen.

Nur ein Gleis, keine Oberleitung: Die Ostbahn, 30 Jahre nach dem Mauerfall
Nur ein Gleis, keine Oberleitung: Die Ostbahn, 30 Jahre nach dem Mauerfall

© Jörn Hasselmann

Wie berichtet, war die alte Stahlbrücke von 1920 einsturzgefährdet und musste abgerissen werden. Die Vorflutbrücken stammten – kaum zu glauben – sogar aus dem Jahr 1867, aus Sicherheitsgründen fuhren die Züge seit vielen Jahren nur mit Tempo 30.

Der Neubau ist teilweise aus Carbon. „Damit setzen wir Standards“, hatte der gerade zurückgetretene Bauminister Guido Beermann im September bei der Feier gesagt. Es sei europaweit die erste Carbonbrücke.

Als Grund für die erneute Verzögerung nannte der Bahnsprecher „knappe Personalressourcen bei den Baufirmen infolge der angespannten Fachkräfteverfügbarkeit“. Bei den beiden zuvor bekannt gewordenen Terminverschiebungen hatte die Bahn neben dem Personalmangel weitere Gründe genannt: niedrigen Wasserstand, Munitionsfunde und technische Schwierigkeiten. Der Korrosionsschutz hielt nicht auf dem Stahl, musste abgekratzt und neue Farbe aufgetragen werden. Bahnchef Alexander Kaczmarek hatte es im September so formuliert: „Der Start war schwierig, wie immer bei der Ostbahn.“

Die Brücke bekommt zwei Gleise, eine spätere Elektrifizierung ist mitgedacht, möglich ist Tempo 120. Bislang ist die Ostbahn auf deutscher Seite überwiegend eingleisig, die Dieseltriebwagen fahren nur im Stundentakt.

Die Ostbahn gilt bei Experten als die am meisten vernachlässigte Strecke ab Berlin. Seit der politischen Wende 1989 ist fast nichts passiert. Die beiden Länder Berlin und Brandenburg und auch die Bahn fordern seit Jahren den Ausbau, doch der Bund sperrte sich wegen der Kosten.

Am Montag hatte der Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB) immerhin bekannt gegeben, dass die Strecke in den „potenziellen“ Bedarf des Bundesverkehrswegeplans aufgenommen worden sei. Laut einer vom VBB beauftragten Studie kostet der Ausbau bis zu 1,3 Milliarden Euro.

Die Studie schlägt einen Ausbau in zwei Stufen vor: Bis 2036 solle die Strecke elektrifiziert werden und weitere zweigleisige Abschnitte sollten gebaut werden. Ab 2036 sollten die übrigen Abschnitte ausgebaut werden. Doch die Finanzierung ist noch nicht gesichert. Die Länder, die Deutsche Bahn AG und der VBB verhandeln weiter. Es ist also nicht sicher, dass die Strecke 50 Jahre nach dem Mauerfall wieder zweigleisig ist.

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