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Update

Winter in Berlin: So kalt war’s seit 25 Jahren nicht

In Westend streikten die Heizungen, die S-Bahn bekam Probleme und in Zehlendorf ist ein 86-jährige Frau möglicherweise erfroren. Meteorologen prophezeien derweil einen weiteren Kälteeinbruch.

Auf die kälteste Nacht seit 25 Jahren folgte für tausende Berliner ein ungemütlicher Start in die Woche: Weil im Kraftwerk Reuter ein Heizkessel ausgefallen war, wurden in Westend und am Kaiserdamm rund 10 000 Wohnungen sowie öffentliche Einrichtungen nicht mehr warm. Die S-Bahn bekam zu ihrem üblichen Personal- zusätzlich ein Kälteproblem. Nach der eiskalten Nacht wurde eine 86-jährige Pflegeheimbewohnerin am Morgen tot im Vorgarten eines Zehlendorfer Heimes gefunden. Die Meteorologen prophezeien für diese Woche nach ein paar milderen Tagen erst Schnee und dann den nächsten Kälteeinbruch.

Ursache für die nur noch lauwarmen Fernwärmeleitungen in Westend war nach Auskunft von Vattenfall ein Problem mit der Luftzufuhr für einen Kessel im Kraftwerk Reuter. Ab elf Uhr konnte der betroffene Heizkessel nach Auskunft von Vattenfall-Sprecher Hannes Stefan Hönemann wieder auf seine Betriebstemperatur von etwa 1000 Grad hochgefahren werden, so dass erst am Abend wieder die volle Leistung ankommen konnte. Bereits nach der dritten Stunde konnten die rund 900 Schüler des Berggruen-Gymnasiums in Westend nach Hause gehen, die Schulleitung hatte sie wegen der Kälte wieder weggeschickt. Kühl war es auch im DRK-Klinikum Westend. Dort wurden die Mitarbeiter angewiesen, bei Bedarf Ölradiatoren in die Patientenzimmer zu bringen.

Reichsstraße 90. Schade wenn es drinnen auch kalt ist. Die Heizungen im Westend streikten am Montag.
Reichsstraße 90. Schade wenn es drinnen auch kalt ist. Die Heizungen im Westend streikten am Montag.

© Paul Schumann

Im Fall der Zehlendorfer Heimbewohnerin untersucht die Polizei noch die Todesursache; aber draußen in der Eiseskälte hätte sie etwa nach einem Zusammenbruch keine Überlebenschance gehabt. Die alte Frau war gegen 2 Uhr nachts im Heim vermisst gemeldet worden. Am Morgen wurde sie dann von einer Angestellten entdeckt – unweit einer nicht verschlossenen Tür ins Freie.

Während die BVG nach eigener Auskunft gut mit dem Frost zurechtkam, spürten die Fahrgäste der S-Bahn einmal mehr die Probleme. Weil sich eine Weiche am Westkreuz nicht mehr stellen ließ, konnten auf dem Ring am Morgen die Züge nicht alle fünf, sondern nur alle zehn Minuten fahren. Die Linie S 46, die zwischen Königs Wusterhausen und Westend verkehrt, wurde verkürzt oder umgeleitet. Nicht auf die Temperaturen sei dagegen eine Signalstörung zurückzuführen, die den Verkehr durch den Nord-Süd-Tunnel von 5 Uhr bis 11.30 Uhr durcheinandergebracht hatte, sagte ein Sprecher.

Ob eine hohe Ausfallrate bei den Fahrzeugen der Baureihe 485, die einst für die Reichsbahn der DDR gebaut worden war, wetterbedingt war, sei unklar, sagte der Sprecher. Die Bahnen haben technische Macken. Eingesetzt werden sie vorwiegend auf der Strecke nach Erkner. Statt mit acht Wagen seien einige Züge mit nur vier Wagen gefahren. Einschränkungen gab es erneut wegen des Fahrermangels und eines hohen Krankenstandes.

Mit Temperaturen um minus 20 Grad in Berlin war die Nacht zu Montag die kälteste seit 1987. Über den Gosener Wiesen an der südöstlichen Stadtgrenze war es sogar minus 24 Grad kalt, berichtete Jörg Riemann vom Wetterdienst Meteogroup. Bis Donnerstag soll es milder werden mit Tageshöchsttemperaturen um minus drei Grad und auch nachts nur einstelligen Frostgraden. Für die Nacht zu Donnerstag rechnet Riemann mit Schnee. Zwei bis drei Zentimeter sollen im Laufe des Tages zusammenkommen, bevor das Tief weiterzieht – und Platz macht für den nächsten Schub Gefrierschrankluft: In der Nacht zum Samstag seien wieder minus 20 Grad möglich, sagt Riemann.

Der Meteorologe hat zweierlei Trost parat: Zum einen seien diese Temperaturen noch weit von den bisherigen Allzeitrekorden aus dem Jahr 1929 entfernt. Damals seien am 11. Februar in Dahlem und Tempelhof minus 26 Grad und in Frankfurt (Oder) sogar minus 31 Grad gemessen worden. Der zweite Trost ist tagsüber schon jetzt spürbar: Die Sonne steigt täglich höher und gewinnt an Kraft. Selbst wenn in der zweiten Februarhälfte ein weiterer Kaltlufteinbruch folgt, dürfte er nicht mehr so heftig ausfallen.

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