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Berlin, das Andreas-Gymnasium ist eine ziemliche Ruine.

© Kai-Uwe Heinrich

Zerstörungen, Gestank, kein Toilettenpapier: Studie zeigt katastrophale Zustände in Berliner Schultoiletten auf

Eine Untersuchung weist nach, wie schlimm es um die Sanitärräume an Berlins Schulen steht. Einige Schülerinnen und Schüler vermeiden demnach sogar den Toilettenbesuch komplett.

Von Lara Hankeln

Die Mehrheit der Schülerinnen und Schüler fühlt sich in den Sanitärräumen in Berlins Schulen unwohl, einige verkneifen sich sogar jeden Toilettenbesuch. Zu diesem Ergebnis kommt die Studie „Toiletten machen Schule“, die von dem Institut für Hygiene und Öffentliche Gesundheit (IHPH) der Universität Bonn und der German Toilet Organization durchgeführt wurde. Die Gründe seien Gestank und Schmutz, aber auch nicht vorhandenes

„Die Bestandsaufnahme der Sanitärräume stellt erhebliche funktionelle Einschränkungen, unter anderem durch Beschädigungen, fest“, heißt es in der Studie, die sich auf Befragungen und Beobachtungen an weiterführenden Schulen in Berlin stützt. Die Schüler:innen geben ihren Schultoiletten eine durchschnittliche Schulnote von 4,4.

Nicht einmal die Hälfte der befragten Schulleitungen (41,2 Prozent) stimmen der Aussage zu, dass an ihrer Schule „alle Sanitäranlagen aktuell vollständig funktionell“ sind. Von den für die Studie begutachteten Schulklos zeigten 56,3 Prozent sichtbare Zerstörungen, etwa Löcher in Kabinenwänden und Türen oder beschädigte Sitze oder Toilettenschüsseln.

„Es stinkt immer“, sagen 41,9 Prozent der Jugendlichen

37,8 Prozent der Schüler:innen sagen laut der Studie, die am Freitag vorgestellt wurde, es gebe Toilettenpapier nur „selten“ oder „nie“. Dass die Papierversorgung immer ausreichend sei, stellten etwa nur 15,5 Prozent der befragten Neuntklässler fest. Der Aussage „Es stinkt immer“ stimmten 41,9 Prozent der Jugendlichen zu. Immerhin 44,8 Prozent meinten: „Man kann es aushalten“.

Dieser Zustand hat Folgen für die Nutzung der Klos: 46 Prozent der Schüler:innen geben an, das Urinieren in der Schule zu vermeiden, 85 Prozent das Defäkieren. Ein Viertel aller Befragten sagt außerdem, „immer“ oder „oft“ in der Schule weniger zu trinken oder zu essen, um nicht auf Toilette zu müssen. Das kann nicht nur zu sinkender Konzentrationsfähigkeit, sondern auch zu gesundheitlichen Beschwerden wie Bauchschmerzen oder Harnleiterinfektionen führen. Außerdem geben 45,1 Prozent der betroffenen Schülerinnen an, dass sie in der Schule Stress empfinden, wenn sie ihre Periode haben. Grund dafür ist die mangelnde Privatsphäre in Kabinen, die oben und unten offen sind, sowie das Fehlen von Seife.

„Ein grundsätzliches Problem ist die dauerhafte Übernutzung der Schulen“, sagt Torsten Kühne, Staatssekretär für Schulbau und Schuldigitalisierung in Berlin. „Wenn eine Schule für 500 Kinder gebaut wurde und dauerhaft von 600 oder mehr genutzt wird, dann hat das Folgen fürs Gebäude – und natürlich auch für die Klos“, sagt Kühne.

Der Vorsitzende des Landesschüler:innenausschusses Berlin, Aimo Görne, begrüßt die Studie und sagt, dass die Ergebnisse sich mit seinen Erfahrungen decken: „Seit ich in der Oberstufe bin, nutze ich die Pausen, um beim Bäcker gegenüber auf Toilette zu gehen. Der Zustand der Toiletten ist nicht aushaltbar: Die Spülkästen eingetreten, die Türschlösser demoliert.“

Eine Handlungsempfehlung, die die Studienautor:innen ableiten, ist: Die Schüler:innen sollen miteinbezogen werden in die Gestaltung der Toiletten und es soll transparente Meldewege von Mängeln geben. Durch diese Partizipation erhofft man sich einen besseren Umgang mit den Sanitäranlagen durch gesteigerte Wertschätzung dieser Räume. „Das Ziel ist es, eine Kultur des Kümmerns von allen Beteiligten zu erreichen“, so Svenja Ksoll, die Studienleitung der German Toilet Organization.

Eine weitere Empfehlung ist, einen zweiten Reinigungszyklus während der Unterrichtszeit einzuführen. Dafür steht laut Staatssekretär Torsten Kühne auch Geld aus dem Landeshaushalt zur Verfügung. Nicht nur die Sauberkeit der Anlagen würde laut Studie so verbessert, sondern auch die Sichtbarkeit von Ansprechpersonen bei Mängeln wäre gewährleistet.

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