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Ein T-Shirt mit einem Herz, umrahmt von den ukrainischen Farben hängt im Klassenraum einer Willkommensklasse am Willy-Graf-Gymnasium in Berlin-Lichterfelde.

© Foto: dpa/Annette Riedl

Zu wenig Räume, zu wenig Lehrer: Wartelisten für geflüchtete Minderjährige an Berlins Schulen

Der Personal- und Raummangel an den Schulen erschwert die Betreuung und Förderung von geflohenen Minderjährigen. Wer keinen Platz bekommt, droht abzudriften.

Seit dem Schuljahresbeginn sind 1500 zusätzliche Kinder und Jugendliche aus der Ukraine in Berlins Schulen angekommen. Ihre Gesamtzahl stieg damit nach Angaben der Senatsverwaltung für Bildung auf 6500. Mehr als 4000 von ihnen werden in 235 Willkommensklassen unterrichtet, knapp 2500 in Regelklassen, 550 besuchen eine berufsbildende Schule.

Es gelingt allerdings nicht mehr, alle Schutzsuchenden ad hoc aufzunehmen. Es gebe „selbstverständlich Wartelisten“, teilte Bildungssenatorin Astrid-Sabine Busse (SPD) in der jüngsten Sitzung des Bildungsausschusses auf Anfrage von Marianne Burkert-Eulitz (Grüne) mit.

Die Frage, wie viele Betroffene aktuell auf diesen Wartelisten stehen, wurde von der Bildungsverwaltung nicht beantwortet. Ein Sprecher erläuterte, dass die Schulplatzvergabe in der Regel über die Bezirke „in Abstimmung mit den Koordinierungsstellen“ erfolge.

Wer keinen Schulplatz findet, soll allerdings übergangsweise im Rahmen des neuen schulvorbereitenden Programms „Fit für die Schule“ ein Angebot erhalten. In diesem Rahmen habe es zuletzt „mindestens 24 Lerngruppen“ gegeben. Dies deutet auf mehrere Hundert Schulpflichtige ohne Schulplatz hin.

Platz- und Personalmangel erschweren die Aufnahme zusätzlich

Erschwert wird die Aufnahme der ukrainischen Kinder durch den akuten Schulplatz- und Personalmangel, der in Berlin herrscht. Wie berichtet, fehlen rein rechnerisch 20.000 Schulplätze. Kompensiert wird dieser Mangel teilweise durch vollere Klassen, durch die Umwidmung von Fach- und Horträumen in Unterrichtsräume sowie durch Modulbauten, die auf Schulhöfe oder in deren Umgebung gestellt werden.

Selbst Schulhöfe, die nachgewiesenermaßen zu klein sind, werden mit den Containern zugestellt, wie diese Woche erst wieder Eltern aus der Lichtenberger Obersee-Grundschule beklagten. Etliche von den Bezirken geplante Erweiterungsbauten wurden wie berichtet aus finanziellen Gründen von der Investitionsliste des Landes gestrichen.

Neben dem Platzmangel ist der Personalmangel ein Hemmnis bei der Förderung der Schutzsuchenden. Es fehlen nicht nur rund 1000 reguläre Lehrkräfte, sondern auch pädagogische Kräfte für die Willkommensklassen.

Wachsende Zahl minderjähriger Geflüchteter kommt an

Der Mangel wird noch durch den starken Zuzug von Geflüchteten über die Balkanroute sowie durch Zuzüge aus anderen europäischen Ländern verstärkt, darunter viele unbegleitete Minderjährige. Seit Anfang des Jahres sei ihre Gruppe auf mehr als 2000 angewachsen, berichtete Senatorin Busse dem Bildungsausschuss und schickte nach: „Wir haben große Mühe, dem hinterherzukommen“.

Für Jugendliche über 16 Jahren – insbesondere für nicht alphabetisierte – gibt es das Förderangebot „Flucht nach vorn“, mit dessen Hilfe sie Deutsch lernen sollen. Aber auch diese Plätze sind angesichts des starken Zuzugs knapp. Dies wiederum führt dazu, dass Jugendliche „herumhängen“, wie Sozialarbeiter beklagen. Mit jeder Woche, die sie sich selbst überlassen würden, steige das Risiko des „Abdriftens“.

Die Abgeordnete Burkert-Eulitz wollte auch vom der Bildungsverwaltung wissen, was getan werde, damit die Betroffenen zumindest durch Angebote freier Träger eine „Tagesstruktur“ geboten bekämen. Darüber gibt es nach Angaben von Jugendstaatssekretär Aziz Bozkurt (SPD) „Gespräche mit den Bezirken“.

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