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Für den Süden Babelsberg, hier die Kreuzung zwischen Fulton- und Siemensstraße, soll bald eine Milieuschutzsatzung gelten.

© Andreas Klaer

Milieuschutz in Potsdam: Stadt will Vorkaufsrecht nicht nutzen

Der Mieterverein unterstützt die Soziale Erhaltungssatzung, übt aber auch Kritik. Eine Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen sei weiter möglich.

Teile von Babelsberg Süd und der Teltower Vorstadt könnten Ende 2023 unter Milieuschutz stehen: Wie das funktioniert und welche Grenzen die „Soziale Erhaltungssatzung“ hat, darüber haben am Donnerstagabend Oberbürgermeister Mike Schubert, Sozialbeigeordnete Brigitte Meier (beide SPD) und Vertreter der Landesweiten Planungsgesellschaft (LPG) im Freiland informiert. Rund 50 Menschen sind zu der Veranstaltung erschienen, ein Großteil davon aus der Teltower Vorstadt.

Eine soziale Erhaltungssatzung oder Milieuschutzsatzung ist ein baurechtliches Instrument. Beschließt die Stadtverordnetenversammlung diese Satzung, müssen Vermieter bestimmte Umbaumaßnahmen genehmigen lassen, zum Beispiel das Verändern der Wohnungsgrundrisse und teure Anbauten wie Balkone oder Aufzüge. Luxussanierungen, und damit Mietsteigerungen sollen so verhindert werden. Streng genommen zielt die Satzung aber nicht auf Mieterschutz ab, sondern soll die Quartiersstruktur erhalten. „Der Mieterschutz ist der Mehrwert, der entsteht. Aber er ist nicht das Ziel“, erklärte LPG-Geschäftsführer Roland Schröder.

Im Umfeld des geplanten RAW-Digitalzentrums fürchten Bewohner und Stadtverwaltung Gentrifizierung. Eine Milieuschutz-Satzung soll ein Baustein sein, um dies zu verhindern.

© Ottmar Winter PNN/Ottmar Winter PNN

Da die Satzung das Quartier schützen soll, muss feststehen werden, wie genau sich dieses zusammensetzt. Daher die umfangreiche Umfrage, die zur Vorbereitung der Satzung erhoben wurde: Fast 5000 Haushalte sind 2022 befragt worden. „Das, was erhoben worden ist, ist das, was in Zukunft schützenswert ist“, erklärte Sozialbeigeordnete Meier.

Das, was erhoben worden ist, ist das, was in Zukunft schützenswert ist.

Sozialbeigeordnete Brigitte Meier (SPD)

Neben der Befragung hat man Statistiken der Landeshauptstadt genutzt und die Gebäudesubstanz vor Ort in Augenschein genommen. Nur ein Teil des Gebietes wurde als schützenswert eingeordnet. Bereiche, die durch Einfamilienhäuser oder Gewerbe geprägt seien, kämen zum Beispiel nicht infrage, erklärte LPG-Mitarbeiter Sören Drescher. In den künftigen Milieuschutz-Gebieten leben viele ältere Menschen und Alleinstehende. „Das sind Haushaltstypen, die besonders verdrängungsgefährdet sind“, so Drescher.

Mieterverein: Gutes Instrument, aber mit Grenzen

Holger Catenhusen vom Mieterverein Potsdam begrüßt die Erhaltungssatzung, gibt aber auch zu Bedenken, dass man aus Mietersicht keine allzu hohen Erwartungen haben sollte: „Sie ist zwar wirksam gegen Luxusmodernisierungen, aber kein individueller Schutz für Mieter“, sagte er den PNN. Auch schütze sie nicht vor dem allgemeinen Mietenanstieg. Zudem sei eine Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen weiter möglich, kritisiert er. Dies wurde auch im Freiland diskutiert. Um die Umwandlung zu unterbinden, müsste das Bauministerium eine entsprechende Verordnung beschließen. Schubert sagte, damit sei nicht zu rechnen, obwohl dies aus seiner Sicht notwendig sei.

Auch andere Möglichkeiten bleiben wohl ungenutzt: Reiko Käske von der Initiative Teltower Vorstadt fragte, ob die Landeshauptstadt das Vorkaufsrecht nutzen würde, dass die Milieuschutz-Satzung ermöglicht. Laut Meier, die schon an einer Milieuschutz-Satzung in München mitgearbeitet hat, sei dies unwahrscheinlich: „Das ist ein teurer Spaß und führt immer zu der Debatte, ob Neubau nicht doch sinniger sei“, sagte sie.

Das Sozialraumscreening, mit dem weitere Stadtteile identifiziert werden sollen, die für den Milieuschutz infrage kommen, soll bis Ende 2023 durchgeführt sein, so Schubert im Freiland. Mit der Erfahrung aus dem laufenden Prozess würden künftige Satzungen sicher „einen Tick schneller“ erarbeitet, sagte er.

Am 7. Juni soll die Stadtverordnetenversammlung über die Satzung abstimmen. Bis dann muss Schubert entscheiden, ob die Sozial- oder die Baubehörde für die Umsetzung zuständig sein soll. Im Freiland wies er darauf hin, dass es sicher noch Diskussionen in den Fachausschüssen geben werde. Er erwarte, dass im August oder September abschließend über die Satzung abgestimmt wird.

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