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Julia Krittian ist medienübergreifende Chefredakteurin des MDR.

© MDR/Kirsten Nijhof

MDR-Moderationsjob nur bei ostdeutscher Herkunft?: „Eine solche Einseitigkeit ist nicht meine Haltung“

Der MDR übernimmt vom RBB das „ARD-Mittagsmagazin“. Im Interview spricht Chefredakteurin Julia Krittian über das Konzept – und den Vorwurf, der Sender setze nur auf Moderatoren mit ostdeutschem Hintergrund.

Frau Krittian, der MDR übernimmt vom RBB das „ARD-Mittagsmagazin“. In Leipzig werden im wöchentlichen Wechsel mit dem ZDF zwei Stunden werktäglich produziert. Was drängt den MDR, diese Aufgabe zu schultern, woher nimmt die Dreiländeranstalt das Geld?
Zur Erinnerung: Der RBB hat seine Federführung für das „Mima“ zum Ende des Jahres gekündigt, und der MDR hat ein Angebot gemacht, das die Intendantinnen und Intendanten der ARD ausdrücklich begrüßen. Der MDR sieht darin eine große publizistische Chance, das Informationsangebot der ARD mitzugestalten und weiter zu stärken. Darauf freuen wir uns, denn wir glauben, dass wir hier unsere Kompetenzen und Fähigkeiten gut einbringen werden.

Insbesondere durch die Erweiterung auf zwei Stunden sehen wir viele Chancen und Gestaltungsspielraum, gemeinsam mit den anderen ARD-Medienhäusern. So eröffnet die erweiterte Fläche die Möglichkeit, weiterhin verlässlich Informationen des Tages aus Deutschland und der Welt zu bieten, sowie darüber hinaus die relevanten Themen des Tages noch stärker mit den Lebenswirklichkeiten der Menschen überall in Deutschland zu verschränken – das ist die DNA der ARD.

Viel Zeit bleibt dem MDR nicht, der Start ist für Anfang 2024 geplant.
Natürlich ist das Vorhaben auch eine Herausforderung, zumal in dieser kurzen Vorbereitungszeit. Wir etablieren eine neue Zusammenarbeit mit der ARD Mediathek, um auch spannenden Streaming-Inhalten ein Zuhause zu geben – etwa künftig mit einer längeren „Mima-Reportage“. Dass die ARD Mediathek gerade regionale Streaming-Inhalte deutlich ausbaut, passt wunderbar zusammen – insofern entwickeln wir hier gemeinsam ganz neue Wege.

Wir werden dafür außerdem redaktionelle Synergien nutzen, unter anderem mit unserem erfolgreichen tagesaktuellen ARD-Magazin „Brisant“, das wir seit 30 Jahren erfolgreich vom MDR für Das Erste produzieren. Zugleich werden wir im MDR verzichten: Wir stellen das Format „MDR um 11“ aus Magdeburg ein, dafür produziert das Landesfunkhaus Sachsen-Anhalt künftig die Sendung „MDR um 2“, die bisher aus Leipzig kommt.

Bislang kommt das Magazin aus Berlin, künftig aus Leipzig. Was bedeutet das für die Inhalte?
Die auf zwei Stunden verlängerte Sendezeit gibt uns die Möglichkeit für ergänzende Schwerpunkte und schlichtweg mehr Raum für Vielfalt und Tiefgang. In Zeiten von Nachrichtenmüdigkeit setzen wir auch auf dialogische Formate – etwa mit unserem wirklich spannenden Meinungsbarometer „MDRfragt“, bei dem derzeit mehr als 65.000 Menschen angemeldet sind.

Wir wollen generell mehr Dialog, Zeit zum Zuhören, um verschiedenste Perspektiven und Gäste abzubilden. Und wir wollen täglich auf Zukunftsfragen schauen – auf der Suche nach weltweiten Innovationen, auf neuste Forschungen in der Region, auf Klimafragen und Lösungen. Zuschauerinnen und Zuschauer können sich auch auf Sport freuen – ergänzend Breitensport, Vereine, Ehrenamt. Und natürlich wird mit ARD Kultur und der Kulturkoordination in der Federführung des MDR auch der kulturelle Reichtum aller Regionen genauso eine Rolle spielen, wie spannende Kunst und Performance weltweit.

MDR-Intendantin Karola Wille spricht allerdings von verstärkter Darstellung ostdeutscher Lebens- und Sichtweisen. Das klingt so, als würde sich das gesamtdeutsche Mittagsmagazin Richtung Heimatjournal Ost entwickeln.
Dazu zitiere ich gern nochmal unsere Intendantin Karola Wille: Ein vom MDR produziertes „Mittagsmagazin“ ist ein starkes gesellschaftliches Zeichen für das weitere gemeinsame Engagement der ARD im Osten Deutschlands. Wir stärken die bundesweite Sichtbarkeit ostdeutscher Lebenswirklichkeiten.

Klingt weiter nach Heimatjournal Ost.
Wir zeigen mit der Unterstützung aus der ganzen ARD die Vielfalt unseres Landes von Görlitz bis Aachen, von der Zugspitze bis Rügen. Die tagesaktuellen Nachrichtenformate im Ersten sitzen bisher in Berlin (mit dem Hauptstadtstudio und dem „MiMa“), in Hamburg (Tagesschau/Tagesthemen) und in Köln mit dem „ARD Morgenmagazin“. Dazu kommt jetzt Leipzig mit zwei Stunden Mittagsmagazin.

Ich persönlich finde das eine wunderbare Bereicherung. Und ich kann Ihnen die Sorge nehmen: Wir entwickeln ein erweitertes bundesweites Informationsmagazin – so wie das Morgenmagazin aus Köln tagesaktuelle Themen auch mal selbstverständlich über den Heizungsmonteur aus Duisburg oder die Kita in Essen abbildet, werden wir natürlich auch Beispiele aus dem Vogtland oder der Börde haben. Wir werden gelebte gesamtdeutsche Wirklichkeit abbilden – auch jenseits der großen Ballungszentren.

Sie, Frau Krittian, werden in der „SZ“ mit der Einlassung zitiert, die künftige Moderation solle einen ostdeutschen Hintergrund haben. Warum diese diskriminierende Fixierung?
Eine solche Aussage habe ich nicht getroffen – und eine solche Einseitigkeit wäre auch nicht meine Haltung. Sämtliche abgeleitete Interpretationen sind falsch. Richtig ist: Wir sind für die Moderation im Gespräch mit unterschiedlichen Persönlichkeiten mit ganz unterschiedlichen Hintergründen. Klar ist: Ein Mittagsmagazin unter Federführung des MDR wird künftig nicht mehr vier Hauptmoderatorinnen und -moderatoren haben, wie bislang beim RBB.

Haben die bisherigen Moderatorinnen und Moderatoren, Redakteurinnen und Redakteure, Reporterinnen und Reporter des vom RBB produzierten Mittagsmagazins Chancen, in Leipzig weiterbeschäftigt zu werden?
Ich habe großen Respekt vor der journalistischen Leistung des RBB-Teams. Wir sind in einem guten kollegialen Austausch. Allerdings starten wir im MDR mit dem publizistischen Konzept gemeinsam mit dem ZDF neu, das gilt auch für die Redaktion. Und natürlich gibt es auch im MDR viele Kolleginnen und Kollegen, die große Lust auf diese spannende Aufgabe haben.

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