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Playing Kafka

© Charles Games/Goethe-Institut

Gespielte Ohnmacht: Kafkas „Prozess“ als Immersion

Das Goethe-Institut bringt im Kafka-Jahr ein Videospiel zu drei Werken des Schriftstellers heraus. Klein, aber fein – und beklemmend.

Vor 100 Jahren starb der Schriftsteller Franz Kafka im österreichischen Kierling an Herzversagen nach langer Lungenkrankheit. Der Angestellte einer Versicherungsfirma wurde nur 40 Jahre alt. Doch die bürokratische Tätigkeit war lediglich „Brotdienst“, wie er es selbst nannte, denn der junge Mann schrieb begeistert mehrere Kurzgeschichten, Briefe und drei Romanfragmente, unter denen auch „Der Prozess“ zu finden ist.

Kafkas zu Lebzeiten veröffentlichte Prosa bleibt überschaulich, erst durch die posthume Veröffentlichung seines Œuvres, durch seinen damaligen Vertrauten Max Brod entgegen Kafkas letzten Willen, erschloss sich die Gedankenwelt des Prager Genies der Öffentlichkeit. Auch „Der Prozess“ wurde im Berliner Verlag „Die Schmiede“ im Jahr 1925 veröffentlicht. Das Romanfragment legt ein Labyrinth aus bürokratischen Verzweigungen dar, welches der Protagonist Josef K. in Angesicht seiner plötzlichen, unbegründeten Verhaftung zu entwirren versucht.

Jemand musste Josef K. verleumdet haben, denn ohne, dass er etwas Böses getan hatte, wurde er eines Morgens verhaftet.

Der erste Satz aus Franz Kafkas Romanfragment „Der Prozess“ (1925)

Das Goethe-Institut veröffentlicht nun zum Kafka-Jahr das Videospiel „Playing Kafka“, welches die Romanfragmente „Der Prozess“ und „Das Schloss“ spielerisch erfahrbar macht. Das Videospiel ist in seiner Gänze für Mai 2024 geplant, „Der Prozess“ kann bereits jetzt schon kostenlos auf dem PC gespielt werden. Dabei gelingt dem Team des Prager Entwicklerstudios Charles Games eine intensiv-immersive Vermittlung des Romaninhalts, weicht aber dramaturgisch und im Sinne der Spielmechanik von diesem ab.

Doch die recht einfach gestaltete Grafik des Abenteuerspiels gepaart mit dubios-mystischer Klangkulisse vermag dabei im Kern das erfahrbar zu machen, was man „kafkaesk“ nennt. Der Spieler findet sich in einer Welt wieder, die den Gesetzen der Anonymität folgt. Menschen haben keine Gesichter, sie sind auf ihre bloße Funktion heruntergebrochen: Anwälte, Polizisten, Dienstmädchen. Man selbst ist als Josef K. mit seinen Entscheidungen im Begriff, die Spieloberfläche zu begreifen, wie man auch die Welt zu fassen versucht. Kafkaesk natürlich zum Scheitern verdammt, was aber Lust macht auf noch eine Runde.

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