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Bei der re:publica stellte sich Kanzler Olaf Scholz den Fragen der Fernsehmoderatorin Linda Zervakis.

© Reuters/Annegret Hilse

Update

Strafanzeige gegen Kanzler wegen Interview: Zervakis durfte Scholz interviewen

Der Marketingexperte Thorsten Schlesselmann hatte bei der Generalstaatsanwalt Berlin Strafanzeige gegen Olaf Scholz erstattet. Jetzt wurde das Verfahren eingestellt.

Das Interview, das die Journalistin Linda Zervakis bei der letztjährigen re:publica mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) geführt hat, hat eine aktuelle Nachwirkung. Bei der Generalstaatsanwaltschaft Berlin war dazu am 27. Februar dieses Jahres eine Strafanzeige von Thorsten Schlesselmann eingegangen. Am Mittwoch teilte die Behörde nun mit, dass „das Verfahren aber ohne Aufnahme von irgendwelchen Ermittlungen mangels Anfangsverdachts eingestellt, weil schon dem Anzeigevorbringen keine tatsächlichen Anhaltspunkte für die Begehung von Straftaten zu entnehmen waren.“

Der Marketingexperte Schlesselmann hatte geschrieben: „Hiermit erstatte ich eine Strafanzeige gegen Olaf Scholz, Bundeskanzler, wegen des Verdachts der Bestechlichkeit im Amt aufgrund einer Geldzahlzahlung an die Journalistin Zervakis für ein mit ihm geführtes Interview sowie alle weiteren in diesem Zusammenhang infrage kommenden Straftatbestände.“

Pressefreiheit beeinflusst?

Schlesselmann bat um sehr umfangreiche Ermittlungen in alle Richtungen, da hier der konkrete Verdacht einer erheblichen Straftat eines äußerst ranghohen Politikers bestehe, „der damit offenbar die Pressefreiheit, ein sehr hohes Gut in Deutschland, zu seinem politischen Vorteil beeinflussen wollte“. Hier seien also sehr hochrangige Interessen Deutschlands betroffen, die bereits jetzt schon sehr großen Schaden genommen hätten.

Dann hatte die Generalstaatsanwalt Berlin geantwortet. In ihrem Schreiben heißt es: „Ihre vorbezeichneten Eingaben habe ich zuständigkeitshalber der Staatsanwaltschaft Berlin mit der Bitte um weitere Veranlassung übersandt. Von dort erhalten Sie zu gegebener Zeit weitere Nachricht.“

Mit seiner Strafanzeige würde Thorsten Schlesselmann den Vorwurf der rechtswidrigen Geldzahlung an die Journalistin Zervakis erheben, „was strafrechtlich als Untreue relevant sein könnte, sodass die Abgabe an die Staatsanwaltschaft Berlin erfolgt ist“.

Fernsehmoderatorin Linda Zervakis hatte Anfang März Kritik an ihren öffentlichen Auftritten für die Bundesregierung zurückgewiesen und ihre journalistische Unabhängigkeit betont. „Als selbstständige Moderatorin war und bin ich nicht nur für deutsche TV-Sender tätig“, sagte die frühere „Tagesschau“-Sprecherin und jetzige ProSieben-Moderatorin. „Regelmäßig übernehme ich auch Moderationen für Veranstaltungen.“

Verschiedenste Firmen, Privatpersonen, Institutionen fragten bei ihr Veranstaltungsmoderationen an. „Hierzu zählten in der Vergangenheit auch Bundesbehörden und -ministerien“, so Zervakis. „Ich habe mich zu keiner Zeit von irgendeiner Seite vereinnahmen lassen und werde diesen Weg auch fortsetzen.“

Ich habe mich zu keiner Zeit von irgendeiner Seite vereinnahmen lassen.

Fernsehmoderatorin Linda Zervakis


Linda Zervakis hatte für die Bundesregierung die Veranstaltungen „Deutschland. Einwanderungsland - der Dialog für Teilhabe und Respekt“, „Deutscher Integrationspreis 2018“, „Deutscher Integrationspreis 2019“ und „Deutscher Integrationspreis 2020“ moderiert. Für die Moderation der Veranstaltungen hat sie nach Angaben ihres Managements jeweils ein Honorar erhalten. Bei der re:publica hatte sie Bundeskanzler Olaf Scholz interviewt. „Für das Gespräch mit dem Bundeskanzler am 09.06.2022 auf der re:publica hat Frau Zervakis kein Honorar erhalten“, betonte das Management. „Stattdessen wurde eine Kostenpauschale gezahlt.“

Nach Angaben des Bundespresseamtes wurde für den Auftritt auf der re:publica eine Kostenpauschale von 1130,50 Euro vereinbart. „Mit dieser Kostenpauschale sollten pauschal alle anfallenden Kosten der Moderatorin und ihres Teams abgedeckt werden“, so eine Sprecherin.

Thorsten Schlesselmann, 53, arbeitet als Marketingexperte. Der frühere CDU-Wähler beschreibt sich im Telefongespräch als „enttäuschter Nichtwähler“. Er sei aber kein Querulant, kein Reichsbürger und kein Verschwörungstheoretiker, diese würde er aufs Schärfste ablehnen verurteilen. „Ich bin ein besorgter, kritischer Bürger, der sich um Land und Leute Sorgen macht.“ Seine Strafanzeige gegen den Bundeskanzler habe er gestellt, „weil Dinge passiert sind, die moralisch und strafrechtlich nicht in Ordnung sind“. Weitere Anzeigen gegen Außenministerin Annalena Baerbock, Wirtschaftsminister Robert Habeck und Justizminister Frank Buschmann seien gestellt.

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