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Der britische König Karl III. unterschreibt einen Eid, die Sicherheit der Kirche in Schottland zu wahren.

© Foto: AFP/Victoria Jones

Nachfolger von Elizabeth II.: Was für ein König Charles III. sein will

70 Jahre lang hat Queen Elizabeth II. in Großbritannien geherrscht. Jetzt ruft das Land offiziell Charles III. zum neuen Monarchen aus.

Mit „einstimmiger Zustimmung von Zunge und Herzen“ hat das Vereinigte Königreich am Samstag seinen neuen König Charles III. bestätigt. Im Gegenzug verpflichtete sich der 73-Jährige „den mir verbleibenden Rest meines Lebens“ der Aufrechterhaltung einer verfassungskonformen Herrschaft zu widmen.

Die feierliche Zeremonie des Akklamationsrates im Londoner Palast von St. James wurde als Zugeständnis an das 21. Jahrhundert live im Fernsehen übertragen. Öffentlichen Proklamationen vor dem Palast sowie in der City of London schauten vor Ort Tausende von Schaulustigen zu, ehe sie gemeinsam den noch ungewohnten neuen Text der Nationalhymne „God Save the King“ anstimmten.

Im Festsaal des ältesten Londoner Königspalastes – ausländische Diplomaten sind offiziell „am Hofe von St James“ akkreditiert – drängten sich unter den heißen Scheinwerfern rund 200 frühere und amtierende Politiker, geistliche Würdenträger und hohe Ex-Militärs. Allesamt gehören sie dem insgesamt 700 Mitglieder starken Kronrat an, einem Überbleibsel aus vordemokratischer Zeit.

Charles legt Amtseid auf die schottische Kirche ab

Stehend absolvierten die vielen Männer und wenigen Frauen die nur wenige Minuten dauernde Zeremonie, die von Ministerin Penelope Mordaunt in ihrer Funktion als Präsidentin des Kronrats geleitet wurde. In der ersten Zuschauerreihe standen Schulter an Schulter die fünf lebenden Männer und eine Frau, die seit 1990 (John Major) bis zum vergangenen Dienstag (Boris Johnson) das Amt des Premierministers ausgeübt hatten. Die frischgebackene Amtsinhaberin Liz Truss gehörte qua Amt zur Unterzeichnergruppe der Akklamationsurkunde.

Kurz darauf trafen die Würdenträger den Mann, der an diesem Tag auch offiziell vom Prinzen Charles Philip Arthur George zum König Charles III. mutierte. Dabei war viel davon die Rede, der 73-Jährige sei „König von Gottes Gnaden“ – eine hübsche Fiktion im Zeitalter der konstitutionellen Monarchie.

Blumen zur Erinnerung an Elizabeth II. liegen vor der britischen Botschaft in Washington DC.
Blumen zur Erinnerung an Elizabeth II. liegen vor der britischen Botschaft in Washington DC.

© Foto: AFP/Getty Images/Drew Angerer

Dem Gelöbnis seiner treuen Pflichtausübung ließ Charles einen Amtseid auf die Unabhängigkeit der presbyterianischen Church of Scotland folgen – Hinweis auf die Autonomie der unterschiedlichen Teile des Vereinigten Königreiches. Beim Zusammenschluss der Königreiche von England und Schottland im Jahr 1707 musste London dem kleineren Partner ausdrücklich die Fortführung der bestehenden Religion, Justiz und des Schulwesens garantieren.

Der Monarch will „Verteidiger aller Glaubensrichtungen“ sein

Einen Sonderstatus genießt innerhalb der Hauptstadt auch die City of London, weshalb der öffentlichen Akklamation vor dem Palast eine Stunde später eine zweite öffentliche Kundgebung vor der Royal Exchange im Finanzzentrum folgte. Wie immer bei den präzise durchgeplanten royalen Feierlichkeiten bot sich vielen dicklichen Herren die willkommene Gelegenheit, in historische Gewänder verkleidet durch die Stadt zu paradieren – eine der Lieblingsbeschäftigungen des britischen Establishments.

Am Nachmittag nahm Charles III. weitere konstitutionelle Pflichten wahr. Zum Auftakt eines Reigens von Besuchern machte der höchste Geistliche der anglikanischen Staatskirche, Erzbischof Justin Welby, dem König die Aufwartung. „Verteidiger des Glaubens“ ist das neue weltliche Oberhaupt der Church of England nun doch geworden; noch vor Jahren hatte der zutiefst spirituelle, mit Texten der orthodoxen Kirche ebenso wie des Islam vertraute Thronfolger den Wunsch geäußert, er wolle sein Amt als „Verteidiger aller Glaubensrichtungen“ ausüben.

Freilich besteht die von Heinrich VIII. (1509-47) gegründete anglikanische Kirche seit Jahrhunderten aus einem Kompromiss der unterschiedlichsten christlichen Strömungen. In ihren Kirchen gibt es längst auch Gedenkgottesdienste für Atheisten.

Der König trifft Premierministerin Truss und ihr Kabinett

Dem Erzbischof folgten Premierministerin Truss und ihr Kabinett sowie wenig später die Vorsitzenden der Oppositionsparteien im Unterhaus, angeführt von Labour-Chef Keir Starmer. Schließlich stand eine längere Unterredung mit dem Domdekan von Westminster Abbey auf dem Programm. Dabei dürfte es um die Details des Trauergottesdienstes gegangen sein, mit dem voraussichtlich am kommenden Montag, den 19. September, die offizielle Trauerzeit zu Ende gehen wird.

Der Tag von Totenmesse und anschließender Bestattung in der George-VI.-Kapelle von Schloss Windsor wird allgemeiner Feiertag sein, um den Briten den ungestörten Abschied von ihrer toten Monarchin zu garantieren.

Wie der Samstag im Zeichen des neuen Monarchen und damit der Kontinuität der Institution stand, so wird sich am Sonntag der Blick wieder auf deren bisherige Garantin richten. Die sterblichen Überreste der Queen sollen im Leichenwagen in die schottische Hauptstadt Edinburgh gebracht werden. Dort wird der Sarg im Königsschloss Holyroodhouse aufgebahrt, ehe die verstorbene Königin am Dienstag in die britische Hauptstadt London zurückkehrt.

Für diese letzte Reise seiner tiefreligiösen „Darling Mama“, die mit der Bestattung auf Schloss Windsor endet, wünschte ihr der ebenso gläubige Nachfolger himmlischen Beistand: „Mögen Dich Engelscharen zur Ruhe singen“ – diese erste Textzeile der berühmten Komposition „Song for Athene“, ihrerseits ein Zitat aus Shakespeares „Hamlet“, rührte am Freitagabend viele Zuhörer von Charles’ Ansprache zu Tränen. Der 2013 verstorbene „Athene“-Komponist John Tavener war ein enger Freund des damaligen Thronfolgers gewesen.

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