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Empfänge! Wir erleben gegenwärtig im Übermaß, was uns in den Jahrzehnten der West-Berliner Normalität gefehlt hat: Leute, die auf sich aufmerksam machen wollen und daher andere Leute dafür bezahlen, dass diese wieder andere Leute in großen Mengen auf die Veranstaltungen des Auftraggebers (neudeutsch: events) schaufeln.

Von Lars von Törne

Es klingt zu schön, als dass man es heute noch glauben möchte: Kaum hat sich das lebendig eingemauerte Liebespaar Antigone und Haimon entschlossen, gemeinsam in den Tod zu gehen, hat der Thebanerkönig Kreon ein Einsehen und ebnet den Weg zu einem glücklichen Opernfinale. Kaum hat der junge Pylades die Opferung seines Freundes Orest und den Tod von dessen Schwester Iphigenie verhindert, steigt die Göttin Diana selbst vom Himmel herab und gebietet der barbarischen Menschenopferung für immer Einhalt.

Die Schilder gekreuzter Messer und Gabel auf deutschen Autobahnen kennt jedes Kind. Doch sie verheißen meist nichts Gutes: Überteuerte Preise, Toiletten, die alles andere als einen Vertrauen erweckenden Eindruck machen, weshalb viele lieber gleich in den Wald gehen, lange Schlangen an der Kasse, ein unfreundliches Personal und ein Picknick-Areal, auf dem die vermeintlich Entspannung Suchenden von den Abgasen der ankommenden und abfahrenden Autos eingenebelt werden.

Sterben ist eine schöne Sache, besonders, wenn damit eine Karriere als Serienheld zu Ende geht. Nie mehr den Anblick des grau gewordenen Autors ertragen müssen, der sich die Finger wundsaugt, um Folge 723 wenigstens ein bisschen über Niveau Ojeoje zu heben.

Eilig erklimmen sie den Grünen Hügel, ihre Füße stecken in Turnschuhen, um den Hals ein Frotteehandtuch. In Bayreuth treffen festivalmüde Dirigenten auf ferienreife Musiker und versuchen, der allgemeinen sommerlichen Trägheit große Wagnermusik abzutrotzen.

Von Ulrich Amling

Helmut Kohl zieht sich in seiner Trauer zurück. Am Tag nach dem Selbstmord seiner Ehefrau Hannelore hält sich der Alt-Bundeskanzler in seinem Haus in Ludwigshafen-Oggersheim rund zwei Dutzend wartende Journalisten und kondolierende Bürger gleichermaßen vom Leibe.

Auf halbdunklen Opernbühnen geht Sir John Falstaff nichts über schmerbäuige Behäbigkeit. Doch John Eliot Gardiner hat den alten Ritter der Lust ans Tageslicht gezerrt - und heizt ihm bei seinem Debut als Verdi-Dirigent so kräftig ein, dass die Schnapsnase fast aus den Filzpantinen kippt.

Die Welt der Prostituierten, der Kleinkriminellen, der Verlierer ist es, in die uns "The Brothel To The Cemetery" von den Tiger Lillies entführt. Mal mit kreischender, mal mit rauchiger Stimme besingt Martyn Jacques deren Schicksal.

Alles begann einmal auf den Hochschulseiten des Tagesspiegels, die damals noch Campus-Seiten hießen - dort jedenfalls, wo das Sommerloch am tiefsten ist, weil an den Uniersitäten im Sommer einfach nichts passiert. Um das Loch zu füllen, schrieb Tagesspiegel-Redakteurin Dorothee Nolte einen Fortsetzungsroman: Eine Gruppe von Studenten am kulturwissenschaftlichen Institut der Berliner Humboldt-Universität, darunter die pummelige Britta und der verkopfte Literaturwissenschaftler Sigmund, wird bei Recherchen für ihre Examensarbeiten in eine Intrige um die exzentrische Schriftstellerin Lydia Ottone verstrickt - und entdeckt die verblüffende Nähe der Wissenschaft zum wahren Leben.

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