zum Hauptinhalt
Auch über Ostern fuhren Mitglieder der Initiative mit einem LKW in der Ukraine von Dorf zu Dorf, um Hilfsgüter zu verteilen.

© Felix Förster

Ukraine-Helfer sind „Studierende des Jahres 2023“: Wenn das Studium zur Nebensache wird

Der Beginn Ukraine-Kriegs vor gut einem Jahr löste nicht nur viel Bestürzung aus. Viele Menschen wollten umgehend helfen. Eine Studierenden-Initiative aus Hannover zeigt, wie das funktionieren kann.

Was können wir für die Menschen in der Ukraine tun? Das fragten sich Studierende der Leibniz-Universität Hannover unmittelbar nach dem russischen Angriff auf die Ukraine. Zunächst noch unter dem Namen „Hanover4Ukraine“ organisierten sie Hilfsgüter, die sie per LKW-Konvois an die polnisch-ukrainische Grenzen fuhren. 

Als die ersten Geflüchteten aus der Ukraine in Hannover ankamen, weiteten sie ihr Engagement aus. Sie besichtigten Unterkünfte und stellten fest: Kinder kommen hier zu kurz. Mit Sach- und Geldspenden richteten sie binnen kurzer Zeit fünf Spielelandschaften ein, später verteilten sie 420 Schulranzen an ukrainische Kinder.

Für ihren Einsatz wurden die Studierenden jetzt ausgezeichnet. Sie wurden vom Studierendenwerk und vom Deutschen Hochschulverband zu den „Studierenden des Jahres“ gekürt. Der mit 5000 Euro dotierte Preis wird verliehen für herausragendes zivilgesellschaftliches Engagement.

Mittlerweile bringt sich die Initiative auch in die Städtpartnerschaft Hannovers mit dem südukrainischen Mykolajiw ein. Erst im Februar lieferte Hanover Helps fünf Generatoren in die Partnerstadt nahe der Front. Auch das Preisgeld fließt zu 100 Prozent in das Projekt, sagt Jannik Bruns, Vorstandsmitglied von Hanover Helps. Die Partnerstadt brauche dringend Rettungsfahrzeuge.

Es ist dieses unbürokratische und bedürfnisorientierte Engagement, für das die Initiative ausgezeichnet wird, wie die Jury begründet: „Durch ihren zeit- und arbeitsintensiven Einsatz praktizieren sie gelebte Solidarität und Menschlichkeit und erleichtern den aus der Ukraine geflüchteten Menschen in Hannover, insbesondere den Kindern, die Ankunft in Deutschland.“

Sie erleichtern den aus der Ukraine geflüchteten Menschen in Hannover, insbesondere den Kindern, die Ankunft in Deutschland.

Bernhard Kempen und Beate A. Schücking, Jury-Mitglieder

Mit den Projekten wuchs auch die Zahl der ehrenamtlichen Helfer. Waren es zu Beginn noch 10 befreundete Studierende, besteht das Helfer-Netzwerk mittlerweile aus rund 200 Personen.

Neue Ambitionen, neuer Name

Bei den Studierenden begann zudem ein Umdenken, erzählt Bruns. Mit dem Fokus auf die Folgen des Ukraine-Kriegs gerieten andere Krisen zu kurz, stellten sie fest: „Andere Krisen abseits des Ukraine-Krieg werden medial kaum wahrgenommen. Betroffene bekommen schnell das Gefühl, gegeneinander ausgespielt zu werden. Den einen wird bereitwilliger geholfen als den anderen. Wir stehen aber für gleiche Hilfe für alle.“ 

Betroffene bekommen schnell das Gefühl, gegeneinander ausgespielt zu werden. Wir stehen aber für gleiche Hilfe für alle.

Jannik Bruns, Vorstandsmitglied von Hanover Helps

Kurzerhand benannten sie die Initiative um, von Hanover4Ukraine in Hanover Helps. In der Unterstützung der Erdbebenopfer in der Türkei und Syrien fanden sie ein neues Projekt. Dabei konzentriert sich die Initiative vor allem auf Nordsyrien. Dort komme aufgrund der politischen Lage weniger Hilfe an als in der Türkei, erklärt Bruns. Wie lange das Projekt läuft, kann Bruns nicht sagen. „Es ist wie mit der Ukraine-Hilfe. Solange die Krise dauert, versuchen wir zu unterstützen.“

Eine Frage des Zeitmanagements

Für die Studenten, von denen die ersten mittlerweile ihr Studium abgeschlossen haben, ist ihr Einsatz eine Selbstverständlichkeit. Viele engagieren sich auch in anderen Ehrenämtern - das verbindet. So kennen sich Jannik Bruns und Felix Förster, zwei der Mitgründer, aus ihrer Zeit bei der Seenotrettungsinitiative „Jugend rettet“, die Flüchtende im Mittelmeer aufspürt. 

Die Herausforderung besteht für sie darin, Studium, Arbeit und Ehrenamt miteinander zu vereinbaren. „Ohne entgegenkommende Chefs und flexible Arbeitszeiten würden wir das nicht schaffen“, ist sich Bruns sicher.

Das gilt insbesondere für diejenigen von ihnen, die nicht mehr in Hannover wohnen. Felix Förster, der IT-Spezialist in der Gruppe, wohnt in Berlin, Mitstreiterin Kirsten Kock in Hamburg. Ihre Koordinationstreffen finden online statt, damit Förster und Kock nicht ständig im Zug nach Hannover sitzen müssen. Und abends, damit alle ihren Verpflichtungen nachgehen können.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false