zum Hauptinhalt
Kommt noch ein Zug? Mit ihren Notfallplänen bemüht sich die Bahn vor allem um einen halbwegs funktionierenden Fernverkehr.

© dpa/Bodo Marks

Mehrere Tarifkonflikte spitzen sich zu: Weitere Bahnstreiks sind wahrscheinlich

Bahn, Handel und Kitas – in den kommenden Wochen streiken die Gewerkschaften gleich in mehreren Branchen für mehr Geld und kürzere Arbeitszeit.

Am Donnerstag werden Kitas bestreikt und die Lokführer der GDL treten in den Ausstand, und in der kommenden Woche gibt es vermutlich erneut Streikaktionen im Handel. Verschiedene Tarifkonflikte überlagern sich in diesen Tagen und spitzen sich zu. So unterschiedlich die Branchen auch sind: Alle beteiligten Arbeitgeber und Gewerkschaften möchten unbedingt noch 2023 neue Tarifverträge abschließen. Das wird für den öffentlichen Dienst der Länder inklusive Kitas vermutlich am 9. Dezember passieren und bei der Bahn am 15. Dezember. Man haben noch nie den Weihnachtsverkehr bestreikt, hat Claus Weselsky, Vorsitzender der Lokführergewerkschaft GDL, am Mittwoch gesagt. Doch bis dahin kann viel passieren – weitere Streiks vor Weihnachten sind durchaus wahrscheinlich.

Streiken oder verhandeln – beides geht nicht.

Martin Seiler, Personalvorstand der Bahn

Die Bahn hat am Mittwoch die für diese Woche vorgesehenen Verhandlungstermine mit der GDL abgesagt. „Streiken oder verhandeln – beides geht nicht“, begründete Personalvorstand Martin Seiler das Vorgehen. Die Lokführergewerkschaft hatte ihre Mitglieder, nach eigenen Angaben sind das bundesweit – also auch in den Konkurrenzunternehmen der bundeseigenen Bahn – rund 40.000, zum Warnstreik von Mittwoch 22 Uhr bis Donnerstag 18 Uhr aufgerufen.

Seiler ist empört über den Streik, weil man sich erst am 9. November zu einer ersten Verhandlung getroffen hatte und weil das dabei vorgelegte Angebot als Grundlage für weitere drei Verhandlungsrunde gilt, die bis zum 15. Dezember terminiert sind. Seiler hatte eine Lohnerhöhung von rund elf Prozent sowie 2850 Euro Inflationsausgleichsprämie in Aussicht gestellt. Die Forderung der GDL nach einer Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich lehnt der Manager indes strikt ab.

09.11.2023, Hannover: Claus Weselsky und Martin Seiler kommen zum Auftakt der Tarifverhandlungen zwischen der Deutschen Bahn und der GDL.
Claus Weselsky (links) und Bahn-Personalchef Martin Seiler am 9. November bei der ersten Verhandlungsrunde.

© dpa/Fabian Sommer

Da Seiler um die Streikbereitschaft der GDL weiß, brachte er ferner die Zahlung einer steuer- und abgabenfreien Inflationsprämie von 1500 Euro bereits mit dem Dezembergehalt ins Spiel – unter der Bedingung, dass die GDL bis Weihnachten nicht streikt. Das lehnte die Gewerkschaft ab.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

GDL fordert 555 Euro mehr

Die GDL hat einen umfangreichen Forderungskatalog mit mehr als 30 Punkten aufgestellt, dazu gehört eine Erhöhung der Monatsentgelte um 555 Euro sowie der Zulagen um 25 Prozent sowie die Arbeitszeitverkürzung von 38 auf 35-Stunden. Nach Angaben der Bahn würde die Umsetzung aller Forderungen die Personalkosten um 50 Prozent erhöhen.

„Der Unmut der Beschäftigten ist groß, ihre Anliegen sind legitim“, sagt GDL-Chef Weselsky. Er will eine kürzere Arbeitszeit und die Vier-Tage-Woche, um die Arbeitsplätze attraktiver zu machen und um sich von der Konkurrenzgewerkschaft EVG abzusetzen. Die fast fünfmal so große EVG habe in den letzten 15 Jahren nicht einmal kürzere Arbeitszeiten gefordert, argumentiert Weselsky. Seiler lehnt kürzere Arbeitszeiten ab, weil dadurch der Arbeitskräftemangel noch größer würde.

Ohne Schlichter geht es nicht

Ende August hatte der Personalchef der Bahn mithilfe der Schlichter Heide Pfarr (SPD) und Thomas de Maizière (CDU) einen Tarifabschluss mit der EVG erreicht: 410 Euro mehr im Monat und eine Inflationsprämie von 2850 Euro. Nach Angaben der Bahn kommt der EVG-Tarifvertrag für rund 180.000 Beschäftigte in 500 Berufen zur Anwendung. Mit der GDL werden Tarife verhandelt, die für rund 10.000 Beschäftigte in 18 von 300 Betrieben im Bahn-Konzern gelten. Nur in diesen 18 Betrieben hat die GDL nach Angaben der Bahn mehr Mitglieder als die EVG.

Seit 2021 wendet die bundeseigene Bahn die Regelungen nach dem Mehrheitsprinzip des Tarifeinheitsgesetzes an. GDL und der Beamtenbund, zu dem die Lokführergewerkschaft gehört, hatten vergeblich vor dem Bundesverfassungsgericht gegen das Gesetz geklagt, das die große Koalition 2015 eingeführt hatte.

Der letzte Tarifkonflikt mit der GDL konnte auch nur mithilfe von Schlichtern beendet werden. Die Ministerpräsidenten Stephan Weil (SPD) und Daniel Günther (CDU) vermittelten 2021 einen Kompromiss, nachdem die GDL mit mehreren Streiks den Bahnverkehr beeinträchtigt hatte.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false