zum Hauptinhalt
Bilder aus Damaskus.

© REUTERS/FIRAS MAKDESI

Update

Steht eine Eskalation bevor?: Iran droht mit Vergeltung – USA machen Israel für Angriff in Damaskus verantwortlich

Der Iran macht Israel für den Tod von sieben Revolutionsgardisten in Syrien verantwortlich. Auch die USA verweisen mit deutlichen Worten auf Israel. Das iranische Staatsoberhaupt droht Vergeltung an.

Nach dem mutmaßlich israelischen Angriff auf das iranische Botschaftsgelände in Syriens Hauptstadt Damaskus drohte Irans Staatsoberhaupt mit Vergeltung. „Das boshafte Regime wird durch unsere tapferen Männer bestraft werden“, sagte Ajatollah Ali Chamenei am Dienstag laut einer Mitteilung. „Wir werden sie dieses und andere Verbrechen bereuen lassen.“

Religionsführer Chamenei ist der mächtigste Mann in der Islamischen Republik und hat in allen strategischen Belangen das letzte Wort. Er ist zugleich Oberbefehlshaber der Streitkräfte.

In Washington machte die US-Regierung derweil deutlich, selbst nicht an dem Angriff beteiligt gewesen zu sein. Die Verantwortung liege bei Israel, sagte die stellvertretende Pentagon-Sprecherin Sabrina Singh bei einer Pressekonferenz am Dienstag in der US-Hauptstadt.

Singh war danach gefragt worden, ob die USA an dem Luftangriff am Montag beteiligt gewesen seien. Darauf antwortete sie: „Die USA haben keinen Angriff in Damaskus durchgeführt. Ich möchte Sie auf die Israelis verweisen, um mit ihnen über ihren Angriff zu sprechen.“ Die Nachfrage, ob es die offizielle Einschätzung der US-Regierung sei, dass Israel für den Schlag verantwortlich sei, bejahte die Sprecherin: „Das ist unsere Einschätzung.“

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Arabische Staaten verurteilten Angriff

Auch mehrere arabische Staaten verurteilten den mutmaßlich israelischen Angriff scharf. In einer Mitteilung des saudischen Außenministeriums vom Dienstag hieß es, das Königreich lehne Angriffe auf diplomatische Einrichtungen kategorisch ab. Sie stellten einen Verstoß gegen das internationale Recht und gegen diplomatische Immunität dar.

Ägypten äußerte sich ähnlich. In einem Post des Sprechers des Außenministeriums, Ahmed Abu Seid, hieß es, Ägypten lehne solche Angriffe – egal aus welchem Grund – ab. Man stehe in Solidarität mit Syrien und respektiere dessen Souveränität. Das Golfemirat Katar betrachtet den Angriff nach eigenen Angaben als einen „eklatanten Verstoß“ gegen internationale Abkommen und Konventionen. Das Außenministerium teilte auf X (ehemals Twitter) mit, dass Botschaftsmitarbeiter gemäß den Regeln des internationalen Völkerrechts geschützt werden müssten. Die Außenministerien in Jordanien und dem Libanon veröffentlichten Erklärungen mit ähnlichen Aussagen. 

China übte ebenfalls scharfe Kritik. „China verurteilt die Attacke auf die iranische Botschaft in Syrien“, sagte der Sprecher des chinesischen Außenamtes, Wang Wenbin, am Dienstag in Peking. Die Sicherheit diplomatischer Einrichtungen dürfe nicht verletzt und die Souveränität und Unabhängigkeit Syriens müsse respektiert werden. China lehne jede Handlung ab, die die Spannungen erhöhe, sagte Wang. 

China gilt als Verbündeter Syriens. Im September vergangenen Jahres lud die Volksrepublik den lange international isolierten Machthaber Baschar al-Assad anlässlich der Asienspiele in die ostchinesische Stadt Hangzhou ein. Peking ist außerdem wegen seines Öl-Bedarfs vom Handel mit vielen Staaten im Nahen Osten abhängig, darunter der Iran, mit dem enge Beziehungen gepflegt werden.

Das russische Außenministerium machte „die israelische Luftwaffe“ für den Angriff verantwortlich. „Wir verurteilen diesen inakzeptablen Angriff scharf“, erklärte das Ministerium in Moskau. Der UN-Sicherheitsrat hat auf Antrag Russlands am Dienstag eine öffentliche Sitzung über den Angriff abgehalten, wie der russische Gesandte bei den Vereinten Nationen, Dmitri Poljanski, auf X ankündigte. 

Moskau sei „der Ansicht, dass solche aggressiven Handlungen Israels den Konflikt weiter anheizen sollen“, sagte der russische UN-Botschafter Wassili Nebensja in der Sitzung. Solche Handlungen seien „vollkommen inakzeptabel“ und stellten eine „eklatante Verletzung“ der territorialen Souveränität Syriens dar, sagte Nebensja weiter.

Iran kündigte schon zuvor Reaktion an

Bereits vor den oben genannten Staaten und vor Chameneis Äußerung kündigte Irans Präsident Ebrahim Raisi eine Reaktion auf den Israel zugeschriebenen Angriff an. Das „feige Verbrechen“ werde „nicht unbeantwortet bleiben“, erklärte Raisi in einer von der Präsidentschaft veröffentlichten Stellungnahme.

Darin verurteilte der Präsident den Angriff, bei dem sieben Mitglieder der iranischen Revolutionsgarden getötet wurden, als „unmenschlichen, aggressiven und verachtenswerten Akt der Invasion“ und als „eklatante Verletzung internationaler Regeln“.

Raisi warf Israel vor, „blinde Ermordungen auf seine Agenda gesetzt“ zu haben. „Tag für Tag erleben wir die Stärkung der Widerstandsfront und den Abscheu und Hass der freien Nationen gegen die illegitime Natur“ Israels, erklärte er.

Insgesamt angeblich 13 Todesopfer

Bei dem Angriff waren am Montag zwei Brigadegeneräle und fünf weitere Mitglieder der mächtigen Revolutionsgarden (IRGC) getötet worden. Nach Angaben des syrischen Staatsfernsehens starben insgesamt 13 Menschen. Neben den sieben Iranern seien sechs Syrer getötet worden.

Auch Irans Außenministerium verurteilte die Attacke scharf und machte den Erzfeind Israel für den Angriff verantwortlich. „Die Islamische Republik Iran behält sich das Recht vor, Gegenmaßnahmen zu ergreifen, und entscheidet über die Art der Reaktion“, sagte Außenamtssprecher Nasser Kanaani laut einer Mitteilung seines Ministeriums. Experten äußerten bereits die Sorge, dass einige im Iran den Angriff als Kriegserklärung werten könnten. Wie und ob Irans Staatsmacht reagiert, ist jedoch völlig offen.

Die Hisbollah betonte ebenfalls, dass der Angriff nicht ohne Folgen bleiben werde. Die proiranische Terrormiliz im Libanon erklärte in der Nacht zu Dienstag: „Sicherlich wird dieses Verbrechen nicht vergehen, ohne dass der Feind Strafe und Rache erfährt.“ Der israelische Feind glaube noch immer, dass die Eliminierung von Anführern den entschlossenen Widerstand des Volkes stoppen könne, hieß es weiter.

Irans Vertretung im UN-Sicherheitsrat: „Eklatanter Verstoß“

UN-Generalsekretär António Guterres verurteilte den mutmaßlich israelischen Angriff auf das iranische Botschaftsgelände in Syrien. Der UN-Chef betonte das „Prinzip der Unantastbarkeit“ von diplomatischen und konsularischen Einrichtungen und deren Personal, das in Übereinstimmung mit internationalem Recht stets eingehalten werden müsse, wie die Vereinten Nationen am Dienstag in New York mitteilten. Zudem rief Guterres alle Beteiligten zu größtmöglicher Zurückhaltung auf. In dieser ohnehin schon volatilen Region könne jegliche Fehlkalkulation zu einem größeren Konflikt mit verheerenden Folgen vor allem für Zivilisten führen, warnte der UN-Chef.

Die ständige Vertretung des Irans bei den Vereinten Nationen sprach nach dem Vorfall von einem „eklatanten Verstoß gegen die UN-Charta, das Völkerrecht und das Grundprinzip der Unverletzlichkeit diplomatischer und konsularischer Einrichtungen.“

In einer bei X (ehemals Twitter) veröffentlichten Stellungnahme rief die Vertretung den UN-Sicherheitsrat dazu auf, den israelischen „Terroranschlag“ aufs Schärfste zu verurteilen und alle notwendigen Maßnahmen einzuleiten, um weitere Angriffe zu verhindern. Unter anderem fordere der Iran eine Dringlichkeitssitzung des Sicherheitsrates zu dem Vorfall.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Bereits Ende Dezember wurde bei einem mutmaßlich israelischen Luftangriff der iranische General Sejed-Rasi Mussawi, ein ranghohes IRGC-Mitglied, in einem Vorort der syrischen Hauptstadt Damaskus getötet.

Irans Revolutionswächter reagierten damals Mitte Januar mit massiven Raketenangriffen als Vergeltung auf Ziele in Syrien und im Irak. Die Raketen flogen rund 1200 Kilometern weit. Dies wurde von Beobachtern auch als klares Signal an Israel gedeutet. Es wäre in etwa die gleiche Entfernung, die Raketen vom Westen des Landes aus benötigen, um Tel Aviv oder Jerusalem zu erreichen.

Laut der staatlichen syrischen Nachrichtenagentur Sana wurde bei dem Angriff am Montag das Gebäude der Konsularabteilung unmittelbar neben dem Gebäude der iranischen Botschaft völlig zerstört. Der iranische Botschafter in Syrien, Hossein Akbari, sagte im iranischen Staatsfernsehen, der Angriff sei von Kampfjets vom Typ F-35 ausgeführt worden. Dem syrischen Verteidigungsministerium zufolge ging der Beschuss von den von Israel besetzten Golanhöhen aus.

Irans Botschafter blieb unverletzt

Irans Botschafter und seine Familie blieben Berichten zufolge unverletzt. Bei den getöteten Generälen handelte es sich um Mohammed-Resa Sahedi und seinen Stellvertreter Mohammed Hadi Hadschi Rahimi, wie die Revolutionswächter erklärten. Sahedi war laut Syrischer Beobachtungsstelle für Menschenrechte als Kommandeur der Auslandseinheit für Operationen in Syrien, im Libanon und den Palästinensergebieten verantwortlich.

Die islamistische Hamas, die sich nach ihrem Terrorangriff vom 7. Oktober in Israel mit dem Staat im Krieg befindet, nannte den mutmaßlich israelischen Luftschlag in Damaskus ihrerseits einen „terroristisch-zionistischen Angriff“ und bekundete ihre „uneingeschränkte Solidarität mit dem Iran und Syrien angesichts dieser brutalen Nazi-Aggression.“

Die Hamas fordere den UN-Sicherheitsrat auf, „aktiv gegen die Besatzung und ihre verbrecherischen Anführer vorzugehen, um ihre Aggression gegen den Gazastreifen und die Region zu stoppen, die Öl ins Feuer gießt und die internationale Stabilität und Sicherheit untergräbt“, hieß es in einer Stellungnahme der Gruppe in der Nacht zum Dienstag.

In der iranischen Hauptstadt Teheran versammelten sich im Stadtzentrum am späten Montagabend einige Hunderte Regierungsanhänger zu spontanen Protesten, wie Augenzeugen berichteten. Die Menschenmenge forderte Rache für die Tötung der Generäle. Sie riefen unter anderem „Tod für Israel“ und „Tod für Amerika“.

Iraner brennen in Teheran Flaggen nieder.

© IMAGO/ZUMA Wire/IMAGO/Rouzbeh Fouladi

Der iranische Außenminister Hossein Amir-Abdollahian berief eigenen Angaben zufolge den Schweizer Gesandten ein. Da Washington keine diplomatische Vertretung im Iran unterhält, ist der Schweizer Missionschef als Vertreter der USA in Teheran tätig. Amir-Abdollahian erklärte im Onlinedienst X, Teheran habe den USA eine „wichtige Botschaft“ zukommen lassen. 

Der Iran habe dabei „die terroristische Dimension des Angriffs und das Verbrechen des israelischen Regimes erläutert und die Verantwortung der US-Regierung hervorgehoben“. 

Der israelische Armeesprecher Daniel Hagari sagte bei einer Pressekonferenz auf eine Frage zu dem Angriff, er kommentiere „keine Informationen der ausländischen Presse“. Ein Sprecher der EU-Kommission in Brüssel sprach von einem „mutmaßlichen israelischen Angriff“ und warnte vor einer „weiteren Eskalation in der Region“, die „in niemandes Interesse“ sei. 

Israels Luftwaffe bombardiert immer wieder Ziele im benachbarten Syrien und will damit verhindern, dass der Iran und mit ihm verbündete Milizen wie die libanesische Hisbollah ihren militärischen Einfluss in dem Land ausweiten. Seit Beginn des Gaza-Kriegs vor knapp sechs Monaten haben die Angriffe zugenommen. Iranische Militärangehörige sind offiziell nur beratend in Syrien aktiv. Teheran gilt jedoch neben Russland als wichtigster Verbündeter der syrischen Regierung. Seit 2011 tobt ein Bürgerkrieg im Land.

Die Revolutionsgarden sind Irans Elitestreitmacht und gelten als deutlich schlagkräftiger als die reguläre Armee. Gegründet nach der Islamischen Revolution 1979 soll sie die Staatsideologie schützen. Sie ist seitdem im Inland zentral an der gewaltsamen Unterdrückung der Opposition beteiligt. Im Ausland ist die IRGC mit den sogenannten Al-Kuds-Brigaden tätig, um die „islamische Revolution“ in andere Länder zu tragen. Sie hat dafür Terrorgruppen im Libanon, im Irak, in Syrien, in den palästinensischen Gebieten und im Jemen aufgebaut. Die iranische Führung hat die Vernichtung Israels zum Staatsziel erhoben. (dpa, AFP)

Korrektur: In der Überschrift und im Text war zunächst von einem Angriff auf eine Botschaft die Rede. Tatsächlich wurde das Botschaftsgelände getroffen. Der Artikel wurde entsprechend angepasst.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false