zum Hauptinhalt
Tunesiens Präsident Kais Saied sichert sich immer mehr Macht.

© Reuters/John Thys

„Horden illegaler Einwanderer“: Afrikanische Union verurteilt Äußerungen von Tunesiens Präsident

Saied macht Migranten für Gewalt und Verbrechen verantwortlich. Die AU nennt dies „rassistische Hassrede“. Auch Menschenrechtler kritisieren den Staatschef.

Die Afrikanische Union (AU) hat Äußerungen des tunesischen Präsidenten Kais Saied über Migranten aus südafrikanischen Ländern als „schockierend“ zurückgewiesen. AU-Kommissionspräsident Moussa Faki Mahamat forderte die Mitgliedstaaten der AU am Freitag in einer Erklärung, auf „rassistische Hassrede“ zu verzichten, „die Menschen schaden könnte“.

Saied hatte am Dienstag in einer Rede gefordert, gegen die illegale Einwanderung von Menschen aus afrikanischen Ländern südlich der Sahara vorzugehen. Er machte die Migranten für „Gewalt, Verbrechen und inakzeptable Handlungen“ in Tunesien verantwortlich.

Er sprach wörtlich von „Horden illegaler Einwanderer“ und forderte, der illegalen Einwanderung „schnell ein Ende zu bereiten“. Menschenrechtsorganisationen hatten seine Äußerungen scharf kritisiert.

Tunesien steckt seit Jahren in einer Wirtschaftskrise

Auch AU-Kommissionspräsident Faki Mahamat verurteilte die „schockierenden Äußerungen“ am Freitag auf das Schärfste. Sie verstießen gegen „Wort und Geist unserer Organisation und unsere Gründungsprinzipien“.

Er erinnerte alle Länder, insbesondere die Mitgliedstaaten der Afrikanischen Union, daran, ihren völkerrechtlichen Verpflichtungen nachzukommen und „alle Migranten mit Würde zu behandeln“ und auf „rassistische Hassrede“ zu verzichten.

Tunesien steckt seit Jahren in einer Wirtschaftskrise, die sich durch die Corona-Pandemie und den Ukraine-Krieg noch verschärft hat. Zuletzt kam es zunehmend zu Versorgungsengpässen.

Nach Angaben des Tunesischen Forums für wirtschaftliche und soziale Rechte (FTDES) leben in dem nordafrikanischen Land mit seinen etwa zwölf Millionen Einwohnern mehr als 21.000 Staatsangehörige aus südafrikanischen Ländern, die meisten von ihnen illegal.

Ebenfalls am Freitag hatte die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) die Festnahme mehrerer Oppositioneller in Tunesien scharf kritisiert. „Präsident Saied geht nun mit äußerster Hingabe gegen seine Kritiker vor“, sagte Salsabil Chellali, zuständig für das nordafrikanische Land bei der Organisation.

Präsident Saied geht nun mit äußerster Hingabe gegen seine Kritiker vor.

Salsabil Chellali, Tunesien-Experte bei der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch.

Der Präsident liefere aber keine stichhaltigen Beweise für die Anschuldigungen, die gegen die Betroffenen erhoben werden.

HRW zufolge wurden in den vergangenen zwei Wochen elf Regierungskritiker, darunter Politiker, Richter und ein Journalist, festgenommen. Ihnen werden etwa Korruption und „Verschwörung gegen die Staatssicherheit“ vorgeworfen.

Am Freitag sei ein weiterer Oppositionspolitiker festgenommen worden, meldeten lokale Medien.

„Die Botschaft dieser Festnahmen ist, dass, wenn du dich traust, deine Meinung zu sagen, der Präsident dich festnehmen und öffentlich verurteilen lassen kann“, sagte Chellali weiter. Saied sichert sich immer mehr Macht im Land zu.

Er löste dafür auch das Parlament auf und ließ eine neue, deutlich geschwächte Volksvertretung wählen. Der Staatschef führte außerdem eine umstrittene neue Verfassung ein. (AFP, dpa)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false