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Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis.

© REUTERS/LOUIZA VRADI

Update

Griechenland-Wahl 2023: Konservative um Regierungschef Mitsotakis vorne – Neuwahlen womöglich schon Ende Juni

Die konservative Partei des Ministerpräsidenten gewinnt, wie erwartet, die Wahl in Griechenland. Doch die Regierungsbildung könnte schwierig werden.

Mit 40,8 Prozent ist die konservative Partei Nea Dimokratia (ND) des bisherigen Ministerpräsidenten Kyriakos Mitsotakis klarer Sieger der griechischen Parlamentswahlen.

Das gab das Innenministerium am frühen Montagmorgen nach Auszählung fast aller Stimmen bekannt. Am Montagmittag bekam er von Staatspräsidentin Ekaterini Sakellaropoulou formell ein dreitägiges Sondierungsmandat zur Regierungsbildung, wie das Staatsfernsehen berichtete.

„Es besteht keine Möglichkeit für eine Koalition. Ich werde das Mandat heute schon zurückgeben“, sagte er bei dem Treffen. Stattdessen wird er die Chefs der zweit- und drittstärksten Partei kontaktieren und ihnen vorschlagen, ihre Sondierungsmandate ebenfalls zurückzugeben, damit Neuwahlen so schnell wie möglich stattfinden können.

Chefs der zweit- und drittstärksten Partei sollen Sondierungsmandate zurückgegeben

Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur sind sowohl Alexis Tsipras von der Linkspartei Syriza (20 Prozent) als auch Nikos Androulakis von der sozialdemokratischen Pasok (11,5 Prozent) dazu bereit. Dann könnten die Neuwahlen am 25. Juni stattfinden, schätzten Experten im Staatsfernsehen.

Alexis Tsipras, Vorsitzender der Oppositionspartei Syriza, steckt seinen Stimmzettel in die Wahlurne.
Alexis Tsipras, Vorsitzender der Oppositionspartei Syriza, steckt seinen Stimmzettel in die Wahlurne.

© dpa/TATIANA BOLARI

Griechische Medien schrieben schon kurz nach der ersten amtlichen Hochrechnung am Sonntag von einer „historischen Wahl“, von „Erdbeben“ und „Erdrutschsieg“. Die Linkspartei Syriza von Alexis Tsipras, die als aussichtsreichster Gegner galt, stürzte ab – sie erzielte nur 20,1 Prozent und damit rund 11 Prozentpunkte weniger als bei der Wahl 2019. Von 59 Wahlbezirken konnten die Linken nur einen einzigen für sich gewinnen, der Rest ging an die Nea Dimokratia.

Insgesamt schafften es fünf Parteien ins Parlament – neben den beiden großen Kontrahenten noch die sozialdemokratische Pasok mit 11,5 Prozent, die Kommunistische Partei Griechenlands (KKE) mit 7,2 Prozent und die rechtspopulistische Elliniki Lisi (Griechische Lösung) mit 4,5 Prozent. Die Linkspartei Mera25 von Ex-Finanzminister Giannis Varoufakis und die ultrakonservative Niki scheiterten an der Drei-Prozent-Hürde.

Dass ein erneuter Wahlgang der Nea Demokratia aller Wahrscheinlichkeit nach die Macht sichert, liegt an einer Besonderheit im griechischen Wahlrecht. Bei der aktuellen Wahl galt das einfache Verhältniswahlrecht: Rechnerisch müssen eine oder mehrere Parteien 48 Prozent der Stimmen auf sich vereinen, um regieren zu können. Bei den nächsten Wahlen hingegen erhält die stärkste Partei automatisch mindestens 20 Sitze im Parlament zusätzlich – damit käme die ND voraussichtlich wieder allein an die Regierung.

Große Koaltion kommt aus ideologischen Gründen nicht infrage

Für die Linkspartei, aber auch für die Nea Dimokratia kommt eine große Koalition aus ideologischen Gründen nicht infrage. Das wäre eine Art „undenkbare und unheilige Allianz“, sagen Analysten. Die Sozialdemokraten wiederum haben nach mehr als zehn Jahren wieder Aufwind (2019- nur 8,10 Prozent- jetzt 11,5 Prozent) und wollen nicht als eine Art Stütze für die Konservativen erscheinen.

Doch selbst wenn eine andere Partei zu einer Koalition mit der Nea Dimokratia bereit wäre, dann würde Mitsotakis nicht mitmachen. Sollte er nämlich auch die Neuwahlen gewinnen – was alle Demoskopen voraussagen – wird er eine zweite vierjährige Amtszeit in Alleinregie antreten können. Das Wahlgesetz dieser Neuwahlen sieht nämlich vor, dass die erste Partei einen Bonus von mindestens 20 Sitzen bekommt.

Kämpfen werden die Parteien bis zum nächsten Wahltermin trotzdem, wie die Vorsitzenden in Interviews versicherten. Wahlverlierer Alexis Tsipras sagte, man werde schnell Änderungen vornehmen, um den bestmöglichen Wahlkampf zu liefern.

Lebenserhaltungskosten und Arbeitslosigkeit beschäftigen die Wähler und Wählerinnen

Die Lebenshaltungskosten und die Arbeitsplätze beschäftigten am Sonntag viele der Wähler: „Das Leben, besonders für junge Leute, ist sehr schwierig. Die Arbeitslosigkeit ist hoch, es gibt keine Jobaussichten und die Gehälter reichen gerade für einen Monat“, sagte die 41-jährige Dora Vasilopoulo in Athen. „Wir arbeiten, nur um zu überleben“, klagte auch der 39-jährige Verkäufer Giorgos Antonopoulos in Thessaloniki.

Dagegen bescheinigte Nadia Aggelopoulou Amtsinhaber Mitsotakis eine „exzellente Arbeit“. Er tue alles für den Kampf gegen die Inflation und schon bald dürften Löhne und Gehälter steigen, sagte die 47-jährige Beamtin.

Kaum eine Rolle bei den Wählern spielte am Sonntag hingegen der verheerende Frontalzusammenstoß zweier Züge im Februar, bei dem 57 Menschen ums Leben kamen. Er hatte Mitsotakis und seine Partei in Umfragen zunächst viele Stimmen gekostet. Überschattet wurde die Wahl von einer Meldung der Polizei, wonach sie am Vorabend im Norden des Landes fünf Verdächtige wegen versuchten Wahlbetrugs und Stimmenkaufs festgenommen hatte. (AFP, dpa, Reuters)

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