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Russlands Präsident Wladimir Putin bei einer Rede nach seinem Sieg bei der Präsidentschaftswahl.

© REUTERS/MAXIM SHEMETOV

Update

Pläne zum Gefangenenaustausch bestätigt: Putin bezeichnet Nawalnys Tod als „trauriges Ereignis“

Erstmals seit Jahren nennt der Kremlchef seinen einstigen Widersacher öffentlich beim Namen – und gibt Betroffenheit vor. Nawalnys Vertrauter Wolkow kritisiert die Äußerungen als „zynisch“.

| Update:

Der russische Präsident Wladimir Putin hat nach seinem Sieg bei der Präsidentschaftswahl erstmals offiziell bestätigt, dass der inzwischen verstorbene Kremlkritiker Alexej Nawalny ausgetauscht werden sollte und den Tod des Oppositionsführers „traurig“ genannt.

Er habe bereits sein Einverständnis zum Austausch gegen im Westen inhaftierte Russen gegeben, erklärte Putin am Sonntag in seiner Wahlkampfzentrale in Moskau.

„Was Herrn Nawalny betrifft, ist er nicht mehr am Leben“, sagte er. „Das ist ein trauriges Ereignis.“ Dabei nannte Putin seinen Widersacher erstmals seit Jahren öffentlich beim Namen.

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„Leider ist nun einmal passiert, was passiert ist“, sagte Putin weiter zum Tod Nawalnys. „Aber es passiert, dagegen kann man nichts tun, so ist das Leben.“

Die Protestaktionen während der umstrittenen Wahl, zu denen die Opposition aufgerufen habe, hätten „keine Auswirkung“ auf die Wahl gehabt, sagte der Kremlchef weiter. Die Behörden würden sich jedoch mit denjenigen „befassen, die ihre Stimmzettel zerstört haben“.

Auch Kreml-Sprecher Dmitri Peskow äußerte sich am Montag zu Nawalnaja. Auf die Nachfrage eines Journalisten sagte Peskow: „Diese Julia Nawalnaja, die Sie erwähnt haben, gehört immer mehr zu jenen Menschen, die ihre Wurzeln verlieren, ihre Verbindung zum Vaterland verlieren, ihr Verständnis für ihr Vaterland verlieren, den Puls ihres Landes nicht mehr spüren.“

Nawalnys Witwe Julia Nawalnaja stellte sich am Nachmittag überraschend in eine Warteschlange vor der russischen Botschaft in Berlin.
Nawalnys Witwe Julia Nawalnaja stellte sich am Nachmittag überraschend in eine Warteschlange vor der russischen Botschaft in Berlin.

© REUTERS/ANNEGRET HILSE

Nawalnys langjähriger Vertrauter Leonid Wolkow nannte Putins Stellungnahme einen Monat nach dem Tod des Kremlgegners „zynisch“. Putin habe seinen Gegner in Wahrheit getötet, um ihn nicht austauschen zu müssen. Er bezeichnete Putin als eine „Blut saugende Wanze“, die bald platzen werde.

Putin bestätigt Idee eines Gefangenenaustauschs

In seiner Rede erklärte Putin zudem, er sei kurz vor dem Tod Nawalnys zu einem Gefangenenaustausch bereit gewesen. Einige Tage vor Nawalnys Tod hätten ihm einige Kollegen gesagt, dass es die Idee gebe, Nawalny gegen einige Leute auszutauschen, die in westlichen Ländern im Gefängnis sitzen. „Ich habe gesagt: ‚Ich bin einverstanden‘“, sagte Putin.

Kurz nach Nawalnys Tod verlautete aus dem Kreis seiner Vertrauten, dass er eigentlich gegen den in Deutschland inhaftierten sogenannten Tiergartenmörder hätte frei getauscht werden sollen.

Demnach hätte der im Dezember 2021 in Deutschland verurteilte Wadim K. an Russland ausgeliefert werden sollen - im Gegenzug für Nawalny und zwei nicht näher genannte US-Amerikaner. Ein entsprechendes Angebot sei Kremlchef Wladimir Putin Anfang Februar unterbreitet worden, hieß es.

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Der zu einer langjährigen Haftstrafe verurteilte Kremlkritiker Nawalny war Mitte Februar in einem Straflager in Sibirien gestorben. Die Umstände seines Todes sind bis heute nicht geklärt.

Behördenangaben zufolge soll der schärfste Kritiker von Putin bei einem Rundgang auf dem eisigen Gefängnishof zusammengebrochen sein. Wiederbelebungsversuche seien erfolglos geblieben. Seine Witwe Julia Nawalnaja geht davon aus, dass ihr Mann im Lager ermordet wurde.

Tausende folgten Nawalnajas Protestaufruf

Nawalnaja hatte daher Putin-Gegner aufgerufen, als Zeichen des Protests am Sonntagmittag in Massen in die Wahllokale zu strömen und für Putins Gegenkandidaten zu stimmen oder Stimmzettel mit der Aufschrift „Nawalny“ ungültig zu machen.

In mehreren europäischen Hauptstädten waren Tausende dem Aufruf gefolgt, vor russischen Botschaften bildeten sich lange Schlangen.

Nawalnaja selbst gab ihre Stimme in der russischen Botschaft in Berlin ab, wo Anhänger sie mit Blumen und Applaus begrüßten. Auch sie schrieb nach eigenen Angaben den Namen ihres Mannes auf den Stimmzettel. 

Auch in mehreren russischen Städten waren um die Mittagszeit lange Schlangen vor Wahllokalen zu beobachten. Auf Nawalnys Grab auf einem Moskauer Friedhof lagen Stimmzettel mit seinem Namen darauf auf einem Berg von Blumen.

Trotz Drohungen der Behörden mit harten Strafen gab es am Rande der Wahl einzelne Protestaktionen, laut der Bürgerrechtsorganisation OWD-Info wurden dabei mindestens 80 Menschen festgenommen. Die Behörden meldeten Festnahmen wegen „Vandalismus“.

Bundesregierung kritisiert russische „Pseudwahlen“

Russlands zentrale Wahlkommission erkannte Putin mit 87,3 Prozent der Stimmen den Sieg zu. „Das ist ein Rekordergebnis“, sagte Wahlleiterin Ella Pamfilowa am Montag bei der Vorstellung der vorläufigen Resultate – das offizielle Wahlergebnis soll am Donnerstag präsentiert werden. Auch die Beteiligung liege mit 77,44 Prozent auf dem höchsten Stand überhaupt.

Laut Pamfilowa, die seit 2016 Wahlleiterin ist, ist die hohe Wahlbeteiligung eine Antwort der russischen Bürger auf den angeblichen Druck, der von außen auf das Land ausgeübt worden sei. Berichten unabhängiger Beobachter zufolge haben aber vor allem staatliche Institutionen und Konzerne massiven Druck auf Angestellte ausgeübt, zur Abstimmung zu gehen.

Wahlleiterin bezeichnet Vorwürfe als „primitives Höhlendenken“

Pamfilowa bezeichnete die Vorwürfe einer unfreien und unfairen Wahl als „primitives Höhlendenken“. Diese Vorurteile würden allein vom Westen geschürt, der den Sieg Putins vorausgesehen habe, aber mit dem Ergebnis nicht einverstanden sei. „Wir sind überzeugt davon, dass unser Land frei ist, mit einem freien Willen und einem hochgebildeten Volk, dass weder Druck von innen noch von außen duldet“, sagte sie.

Putins Sieg bei der dreitägigen Wahl galt von vornherein als ausgemacht. Alle bekannteren Kritiker des Kreml-Chefs sind entweder tot, inhaftiert oder im Exil.

Die Bundesregierung hatte die Abstimmung über Russlands künftigen Präsidenten bereits vor Verkündung des Ergebnisses kritisiert. „Die Pseudowahlen in Russland sind weder frei noch fair, das Ergebnis überrascht niemanden“, erklärte das Auswärtige Amt in Berlin am Sonntag im Onlinedienst X. Demnach herrsche Putin „autoritär“ und „setzt auf Zensur, Repression und Gewalt“.

Eine weitere Amtszeit ermöglicht es Putin, bis 2030 zu regieren und damit insgesamt länger als jeder russische Staatenlenker seit Katharina der Großen im 18. Jahrhundert. (dpa, AFP)

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