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Die Dorfbewohnerin Zawadi Msafiri steht am 23. März 2022 auf einem verdorrten Maisfeld. Das Land am Horn von Afrika kämpft nun mit der dritten Dürre innerhalb eines Jahrzehnts.

© picture alliance/dpa/XinHua/Dong Jianghui

Moskau stoppt Getreideabkommen mit Kiew: „Ein schwerer Rückschlag im Kampf gegen die weltweite Ernährungskrise“

Russland hat das Getreideabkommen vorerst gestoppt, das wirkt sich auch auf die Arbeit des Welternährungsprogramms aus. Die Menschen in Ostafrika wird das besonders hart treffen.

Herr Rentsch, Russland wird das Getreideabkommen nicht fortsetzen. Was bedeutet das für die weltweite Ernährungssicherheit?
Es ist ein schwerer Rückschlag im Kampf gegen die immer noch akute weltweite Ernährungskrise. Die Ukraine ist als großer landwirtschaftlicher Produzent auf einmal ihres wichtigsten Exportwegs beraubt, über den seit Juli 2022 knapp 33 Millionen Tonnen Nahrungsmittel verschifft wurden. Den Effekt sieht man sofort. Die weltweiten Getreidepreise gehen nach oben, nachdem sie durch das Abkommen aus dem vergangenen Sommer stabilisiert werden konnten.

Wie verändert sich dadurch Ihre Arbeit beim Welternährungsprogramm?
Wir kaufen immer zum günstigsten Marktpreis ein, um unsere Nothilfe weltweit sicherzustellen. Dieses Jahr haben wir 80 Prozent unseres Bedarfs in der Ukraine gedeckt. Jetzt müssen wir sehen, wie sich die Preise entwickeln. Um unseren Operationen am Laufen zu halten, haben wir aber immer die Möglichkeit, auch anderswo einzukaufen. Die Kosten wären aber höher und wir könnten weniger Menschen mit denselben knappen Mitteln erreichen. Das größere Problem ist jedoch, dass arme Menschen nicht einfach woanders mehr zahlen können. Sie hungern. 

China ist größter Abnehmer für durch das Abkommen ermöglichte Exporte. Wieso sind dann auch Menschen in anderen, ärmeren Regionen betroffen?
Über den Preis. Die Ukraine hat schon immer große Mengen produziert und exportiert.

Dazu braucht es den Seeweg, weil nur Schiffe viele Tausend Tonnen auf einmal transportieren können. Dieser Weg ist nun wieder versperrt. Die Exportmenge der Ukraine ist aber systemrelevant und deswegen sind die Märkte verunsichert. Das treibt die Preise weltweit nach oben.

345
Millionen Menschen leiden nach WFP-Angaben akut an Hunger.

Entscheiden die Getreideexporte über Leben und Tod?
Absolut, denn die globale Ernährungskrise ist nicht vorbei. Konflikt, Klimakrise und hohe Kosten sind die Treiber des Hungers. Keiner davon hat sich abgeschwächt, eher im Gegenteil. Schon vor dem Ausbruch des Kriegs waren Nahrungsmittelpreise weltweit auf einem Zehn-Jahres-Hoch.

Es ist zu befürchten, dass sie nun wieder steigen. Wer sich vielleicht sein täglich Brot gerade so leisten kann, das sind 345 Millionen Menschen, kann es mit gestiegenen Preisen vielleicht nicht mehr. Hunger ist immer die Folge

Am Horn von Afrika ist die Lage besonders dramatisch, knapp 50 Millionen Menschen brauchen dringend Hilfe. Können Sie dort jetzt noch helfen?
Ja, weil wir andere Wege finden, um Nahrungsmittel in die Region zu bringen – auch wenn das teurer ist. Aber auch als größte humanitäre Organisation in dem Bereich, können wir nicht alle Hungerleidenden in dieser Region versorgen. Menschen müssen auch auf Märkten kaufen und da wären wir wieder beim Preisproblem.

Wie geht es jetzt weiter?
Die diplomatische Initiative wird weitergehen, dafür ist der Schwarzmeer-Korridor zu wichtig für die globale Nahrungsmittelversorgung.

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